Philips EASE ist ein bemerkenswertes Stück Computer-Geschichte, das tief in die Ära der späten 1980er Jahre zurückreicht, als GUI-basierte Büroanwendungen an Bedeutung gewannen. Ursprünglich für die MSX2-Computerlinie von Philips entwickelt, stellte EASE (Enhanced Application Software Environment) eine ambitionierte Bemühung dar, einen graphischen Desktop und eine integrierte Bürosoftware zu schaffen, die mehreren Anwendungen eine enge Zusammenarbeit ermöglichte. Inspiriert durch Digital Researchs GEM war EASE ein wichtiger Schritt zur Popularisierung von Benutzeroberflächen, die Mausbedienung und Fenster-Funktionalität boten, und das alles auf den relativ bescheidenen technischen Voraussetzungen eines MSX2-Systems. Trotz einiger technischer Einschränkungen und Herausforderungen findet EASE heutzutage in der Retro-Computing-Szene Anerkennung für seine Innovationskraft und das verlockende Konzept, das es bot. Der Ursprung von Philips EASE geht zurück auf das Jahr 1988, als die Software von Opera S.
A., einem spanischen Software-Hersteller, speziell für Philips' NMS (New Media Systems) MSX2 Computerlinie entwickelt wurde. Diese Plattform war zu jener Zeit besonders in Europa verbreitet, gerade in Ländern wie den Niederlanden, aber auch darüber hinaus. EASE enthielt eine Reihe von Büroanwendungen, die aus einer textverarbeitenden Software (Word-Pro), einer Tabellenkalkulation (Calcform), einer Datenbank (Database), einem Diagrammprogramm (Charts) und einem Kalender bestanden. Ziel war es, eine All-in-One Lösung zu schaffen, die es Nutzern erlaubte, produktiv und effizient zu arbeiten – eine Herausforderung, die auf der MSX2-Hardware keineswegs trivial war.
Im Kern war EASE eine WYSIWYG-Umgebung (What You See Is What You Get), die es ermöglichte, dass der Nutzer bereits während der Bearbeitung sieht, wie das endgültige Dokument aussehen würde. Für eine MSX2-Umgebung, die mit begrenzten Speicher- und Prozessorressourcen operierte, war dies ein ambitioniertes Vorhaben. Die Benutzeroberfläche war das Herzstück von EASE, mit einem Mouse-gesteuerten Desktop, der draggable Icons, Fenster und Pulldown-Menüs bot. Das Design war stark inspiriert von Digital Researchs GEM, einem der Vorreiter von grafischen Benutzeroberflächen vor dem Siegeszug von Windows. Die Benutzererfahrung mit EASE war zwiespältig.
Einerseits punktete das System mit einer relativen Benutzerfreundlichkeit gegenüber den damals üblichen textbasierten Schnittstellen. Andererseits fehlten wichtige Funktionen wie Undo/Redo oder Copy/Paste, was damals bei anderen Betriebssystemen und Office-Suiten bereits etabliert war. Die Speicherverwaltung stellte eine Herausforderung dar, was zu Instabilitäten und unkomfortablem horizontalem Scrollen führte, besonders bei der Textverarbeitung. Diese technischen Limitierungen reduzierten die Alltagstauglichkeit der Suite und machten das Lernen und den produktiven Einsatz aufwändig. Trotz dieser Schwächen war EASE gerade für viele MSX-Anwender die erste Begegnung mit einem grafischen Desktop und Office-Anwendungen, die ähnlich wie spätere Windows-Programme funktionierten.
Die Tatsache, dass der gesamte Desktop beispielsweise Einstellungen für Mausgeschwindigkeit, Doppelklickgeschwindigkeit und Farbschemata über ein Control Panel erlaubte, zeigte, wie fortschrittlich das Konzept war. In einer Zeit, in der viele Computer sich noch rein mit Tastatur bedienten, war die Integration der Maus ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal. Die verschiedenen Anwendungen von EASE arbeiteten eng zusammen und unterstützten so produktive Workflows. Die Tabellenkalkulation Calcform konnte Daten erfassen und berechnen, wenngleich die Formelerstellung Einschränkungen hatte, etwa das Fehlen automatischer Anpassungen bei kopierten Formeln. Die Diagramm-Anwendung Charts erlaubte die Visualisierung dieser Daten mittels verschiedener graphischer Darstellungen, darunter Balken- und Liniencharts.
Leider war Charts nicht perfekt stabil, wie Wiederholte Versuche, Graphen zu speichern, zu Systemabstürzen führten. Dennoch offenbarte die Suite ihre Ambitionen in Richtung Desktop Publishing, da Word-Pro mit Daten aus Calcform und Diagrammen aus Charts arbeiten konnte, um komplexere Dokumente zu erstellen. Die Datenbank-Anwendung von EASE erlaubte es, Datensätze mit einer einzigen Textfeld-Datenart anzulegen. Dies war für einfache Katalogisierungsideen, etwa von Musiksammlungen oder Büchern, durchaus hilfreich. Die Formulare konnten per Drag & Drop gestaltet werden, und die Navigation durch Datensätze funktionierte intuitiv.
Eine Einschränkung war allerdings die fehlende Möglichkeit, die Gestaltung des Formulars nach der Dateneingabe zu ändern. Auch wenn die Datenbank Exportfunktionen für Dateien mit der Endung .MER anbot, blieb unklar, wie eine vermeintliche Mail-Merge-Funktion genutzt werden sollte, da die Textverarbeitungssoftware Word-Pro keine derartige Funktion vorgesehen hatte. Dies war ein deutliches Manko, das möglicherweise auf eine unvollständige Integration der Anwendungen hindeutete. EASE verfügt darüber hinaus über einen Druckerspooler, der Druckaufträge aus mehreren Anwendungen in einer Warteschlange verwaltete.
Dies war damals eine nützliche Funktion, zumal die meisten Nutzer noch Matrixdrucker verwendeten, die sequentiell und nicht multitasking-fähig waren. Die Beschränkung auf MSX-DOS Version 1 und das Fehlen von Multitasking begrenzten das System allerdings stark. Im Vergleich zur Atari ST-Plattform mit ihrer GEM-Oberfläche, die in ROM gespeichert war und durch stabile Anwendungen wie 1st Word Plus gestützt wurde, wirkte EASE mit seinen diskbasierten Ladezeiten und Instabilitäten eher wie ein Konzept in ständiger Beta-Phase. Die Dokumentation von EASE war durchwachsen. Der beiliegende Benutzerhandbuch versuchte, sowohl die Bedienung des grafischen Desktops als auch die einzelnen Anwendungen zu erklären.
Vor allem wurde jedoch viel Raum darauf verwendet, die grundlegenden GUI-Elemente wie Menüs, Fenster und Icons zu erläutern, was darauf schließen lässt, dass viele Anwender zu dieser Zeit mit solchen Bedienkonzepten zum ersten Mal in Berührung kamen. Die eigentlichen Funktionen der Anwendungen wurden oft nur mittels Auflistungen von Menübefehlen beschrieben, was weniger hilfreich für neue Nutzer war. Verbesserungen hätten hier sicherlich dazu beigetragen, die Lernkurve zu verringern und die Software zugänglicher zu machen. Trotz aller Schwierigkeiten und Einschränkungen hatte EASE für die Nutzer, die sich darauf einließen, einen besonderen Reiz. Für damalige Verhältnisse war es eine der wenigen Möglichkeiten, einen grafischen Desktop und integrierte Büroanwendungen auf einem Homecomputer wie dem MSX2 zu erleben.
Gerade für junge Anwender, die mit dem MSX als Spiele- und Lernplattform aufwuchsen, bot EASE das Versprechen, den Computer auch für produktivere Tätigkeiten zu nutzen. Das Fehlen stabiler Wordverarbeitungsprogramme und integrierter Office-Suiten auf dem MSX wurde mit EASE zumindest teilweise kompensiert. In der heutigen Retro-Computing-Szene erlebt EASE ein interessantes Revival. Enthusiasten und Sammler erforschen die Fähigkeiten und Grenzen der Suite, tauschen sich über Workarounds für instabile Funktionen aus und versuchen, EASE auf moderner Hardware via Emulatoren zum Laufen zu bringen. Die Verbindung von Anwendungen und das GUI-Konzept stellen aufregende Fragmente der Computergeschichte dar, die zeigen, wie frühzeitig GUI-Paradigmen auch auf kleineren Systemen Einzug hielten.
Für Historiker und Retro-Computing-Fans ist Philips EASE eine lohnende Entdeckung. Die Suite dokumentiert anschaulich die technische Entwicklung der 1980er Jahre, in denen die Konzepte moderner Benutzeroberflächen und integrierter Softwarelösungen gestalteten und wo kleinere Hersteller neben den großen Playern innovative Ansätze wagten. EASE zeigt sowohl die Möglichkeiten als auch die Grenzen damaliger Hardware und Software auf und erzählt eine Geschichte von Durchbrüchen, Experimenten und der Sehnsucht nach besserer Produktivität am Heimcomputer. Abschließend bleibt festzuhalten, dass Philips EASE trotz seiner Einschränkungen und gelegentlichen Instabilitäten ein faszinierendes Beispiel für einen grafischen Desktop und eine Büroanwendungssuite auf einem Heimcomputersystem ist. Seine enge Verknüpfung der Anwendungen, das GUI-Design und der ambitionierte Funktionsumfang machten es zu einer bemerkenswerten Innovation für seine Zeit.
Während der praktische Einsatz seinerzeit durch technische Begrenzungen erschwert wurde, bleibt EASE heute ein wertvolles Relikt der Computergeschichte, das einen Blick in die Anfänge grafischer Softwarewelten bietet und zeigt, wie weitreichend die Ideen für Benutzerfreundlichkeit und Integration bereits vor 40 Jahren waren.