Die drängende Herausforderung der Klimakrise zwingt Unternehmen weltweit dazu, ihre Emissionen präzise zu erfassen und zu reduzieren. Besonders Finanzunternehmen geraten zunehmend in den Fokus, wenn es darum geht, ihren Beitrag zur Senkung von CO₂-Emissionen zu leisten. Im Mittelpunkt steht dabei insbesondere Scope 3, der komplexeste Teil der Treibhausgasbilanz, der indirekte Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette umfasst. Finanzdienstleister stehen heute am Beginn einer neuen Ära der CO₂-Verantwortung, in der Datenqualität, Transparenz und innovative Ansätze unverzichtbar werden. Scope 3 Emissionen, die durch die Aktivitäten der Kunden beziehungsweise der finanzierten Vermögenswerte entstehen, bieten für Finanzunternehmen eine enorme Herausforderung – aber auch eine Chance, nachhaltige Innovationen voranzutreiben und den regulatorischen Erwartungen zu entsprechen.
Die steigende Bedeutung von Scope 3 wird insbesondere durch den Druck von Regulierungsbehörden, Investoren und Kunden getragen. Während finanzielle Institutionen vor einigen Jahren noch vor allem Scope 1 und Scope 2 Emissionen, also direkte und indirekte Emissionen aus eigener Geschäftstätigkeit, im Blick hatten, gilt heute der Fokus zunehmend den umfassenderen Scope 3 Werten. Für Finanzunternehmen sind diese Emissionen maßgeblich, da sie durch Kreditvergabe, Leasing, Investitionen und andere Finanzprodukte einen erheblichen Einfluss auf Emissionen aus der realwirtschaftlichen Nutzung haben. Die Herausforderung dabei ist die mangelnde Transparenz und Datenqualität. Viele Finanzinstitutionen verfügen über unzureichende oder fragmentarische Daten über die Emissionen ihrer Kreditnehmer oder Investmentportfolios.
Dies erschwert eine genaue Messung sowie eine konsistente und vergleichbare Berichterstattung. Die Komplexität steigt durch die Vielfalt der finanzierten Vermögenswerte – von Fahrzeugflotten über Maschinen bis hin zu Energieanlagen. Bis dato haben fehlende Daten häufig dazu geführt, dass Scope 3 Emissionen kaum oder nur rudimentär berichtet wurden. Diese Datenlücke steht nun im Mittelpunkt von Initiativen und Kooperationen, die Transparenz und Datenqualität durch spezialisierte Lösungen verbessern wollen. So arbeiten Beratungsunternehmen und datenorientierte Dienstleister zunehmend zusammen, um Finanzunternehmen einen Weg zur präzisen Coffinbilanzierung zu ermöglichen.
Ein herausragendes Beispiel hierfür ist die Zusammenarbeit von Finativ und STH Consulting, die eine Lösung entwickelt haben, mit der emissionsintensive Portfolios auf Assetebene erfasst, analysiert und berichtet werden können. Dabei werden spezifische Emissionsdaten von finanzierten Fahrzeugen und Ausrüstungen zugrunde gelegt, die anschließend in umfassenden Berichten genutzt werden können. Diese datengetriebene Herangehensweise ermöglicht nicht nur eine genauere Einordnung der Umweltwirkungen, sondern auch die Entwicklung passgenauer Net-Zero-Strategien und die Erfüllung regulatorischer Berichtspflichten. Besonders in Europa steht die Leasingbranche vor tiefgreifenden Veränderungen bezüglich Nachhaltigkeitsberichterstattung. Die zukünftig erwarteten CO₂-Emissionsberichte nach Empfehlungen von Leaseurope, dem Branchenverband der Leasing- und Automobilmietmärkte, setzen klare Standards für Scope 3.
Auch wenn diese Empfehlungen aktuell noch keine formale regulatorische Vorgabe darstellen, signalisieren sie eine klare Entwicklung hin zu verpflichtenden Berichten. Für Finanzunternehmen ist dies ein Weckruf, die eigenen Prozesse anzupassen und umfangreiche Datenmanagementsysteme zu implementieren. Die steigende Komplexität der Nachhaltigkeitsanforderungen wird durch die zunehmende Sensibilisierung von Investoren und Kunden noch verstärkt. Eine Umfrage von Novuna zeigt deutlich, dass der Wunsch nach klimafreundlichen Produkten und nachhaltigen Investitionsmöglichkeiten insbesondere bei kleinen und mittelständischen Unternehmen wächst. Nachhaltigkeit wird so zu einem wichtigen Wettbewerbsvorteil und Differenzierungsmerkmal für Finanzdienstleister.
Vor diesem Hintergrund stellen qualitativ hochwertige Daten die Grundlage für eine glaubwürdige Nachhaltigkeitsstrategie dar. Nur durch verlässliche und transparente Daten können Finanzunternehmen sowohl ihre eigene nachhaltige Entwicklung steuern als auch am Markt ihre Verantwortung und Glaubwürdigkeit unter Beweis stellen. Gleichzeitig können konkrete Maßnahmen zur Emissionsreduktion entwickelt und verfolgt werden. Die Herausforderung, Scope 3 Emissionen umfassend zu erfassen, zeigt auch die Bedeutung moderner Technologien und digitaler Tools. Mittels Datenanalyse, maschinellem Lernen und maßgeschneiderten Softwarelösungen lassen sich Emissionsprofile erstellen, Risiken besser bewerten und Reduktionspotenziale identifizieren.
Die Integration dieser Technologien wird unverzichtbar, um den wachsenden Anforderungen an Nachhaltigkeitsberichterstattung und klimafreundliche Finanzprodukte gerecht zu werden. Zudem spielt die Einhaltung internationaler Rahmenwerke wie des ISO 32210 Standards für nachhaltiges Finanzmanagement eine wichtige Rolle. Finanzunternehmen erhalten dadurch Orientierung, wie sie ihre Prozesse systematisch an Nachhaltigkeitszielen ausrichten, Risiken managen und Transparenz schaffen können. Ein weiterer Aspekt, der in der Praxis häufig unterschätzt wird, ist die Kommunikation der Ergebnisse an unterschiedliche Stakeholdergruppen. Finanzinstitutionen müssen ihre Scope 3 Berichte so gestalten, dass sie für Aufsichtsbehörden, Investoren, Geschäftspartner und Kunden verständlich und nachvollziehbar sind.
Die Herausforderungen reichen dabei von der Harmonisierung der eingesetzten Methodiken bis zur verständlichen Darstellung komplexer Zusammenhänge. Insgesamt zeichnet sich ab, dass Finanzunternehmen, die frühzeitig auf diese neue Ära der CO₂-Verantwortung setzen, langfristig Wettbewerbsvorteile gewinnen können. Die erfolgreiche Integration von Scope 3 Emissionsdaten in die Unternehmenssteuerung ermöglicht nicht nur das Einhalten gesetzlicher Anforderungen, sondern auch die Entwicklung innovativer Klimastrategien und nachhaltiger Finanzprodukte. Die Transformation im Finanzsektor hin zu mehr Klimatransparenz ist kein einfacher Weg, aber eine notwendige Entwicklung für den langfristigen Erfolg und die Resilienz gegenüber zukünftigen Herausforderungen. Die Zusammenarbeit von Experten aus Datenanalyse, Nachhaltigkeit und Finanzberatung ist dabei ein Schlüssel zum Erfolg.
Finanzunternehmen, die auf fundierte Daten und transparente Berichterstattung setzen, leisten einen wichtigen Beitrag zum globalen Klimaschutz und erfüllen zugleich die wachsenden Erwartungen von Regulatoren, Kunden und Investoren. So bedeutet die Auseinandersetzung mit Scope 3 Emissionen nicht nur mehr Verantwortung, sondern auch eine Chance zur Innovation, Transformation und Positionierung als nachhaltiger Marktführer.