In einer Ära, in der Smartphones, schnelle Internetverbindungen und digitale Assistenten den Alltag dominieren, wirkt die Geschichte einer traditionellen Telefonleitung beinahe nostalgisch. Doch genau diese Telefonleitung am James E. Foy Information Desk der Auburn University in Alabama ist ein lebendiges Beispiel dafür, wie klassische Kommunikationswege auch heute noch Menschen verbinden und informieren können. Seit über siebzig Jahren, genauer gesagt seit 1953, klingelt hier das Telefon unermüdlich und bietet einen einzigartigen Service für die Öffentlichkeit. Ursprünglich als Hilfestellung für Studierende der Universität geplant, hat sich der Foy Desk längst zu einer globalen Anlaufstelle entwickelt, deren Ruf weit über die Grenzen Alabamas hinausreicht.
Der Foy Information Desk ist heute in einen modernen Gebäudekomplex im Melton Student Center integriert. Damals, in den 50er Jahren, sah die Arbeitsumgebung noch ganz anders aus: niedrige Decken, eine Fülle an dicken Nachschlagewerken wie Enzyklopädien, das Farmers’ Almanac, Telefonbücher und sogar Emily Posts Etikette-Ratgeber lagen griffbereit. Heute dienen Hochleistungsrechner auf den Schreibtischen, deren Rückseite stolz die Blau-Orange-Farben der Universität zeigt, als primäre Rechercheinstrumente, um jede erdenkliche Frage zu beantworten. Doch die Telefonnummer ist gleich geblieben. Das Symbol für Kontinuität und Verlässlichkeit lautet (334) 844-4244 – eine Nummer, die von Generation zu Generation weitergereicht wird.
Die Bandbreite der Anfragen ist ebenso vielfältig wie überraschend. Es reicht von medizinischen Fragen wie "Wofür wird Cefuroxim verschrieben?" bis zu kuriosen Alltagsproblemen wie dem Umgang mit einer Schlange im Haus. Fragen zur Immobilienbewertung, zum Beispiel die durchschnittlichen Kosten eines Hektars Land in Texas oder der günstigsten Grundstückspreise in New Jersey, treffen auf popkulturelle Nachfragen wie „Wie bekommt man den Super Serum im Spiel Call of Duty?“ oder einfache Wissensfragen, etwa zu Wasserpest oder Gartentechnik. Dabei begegnen die Studierenden, die den Dienst betreiben, jedem Anrufer mit Respekt, Höflichkeit und Neugier, egal wie skurril die Anfrage auch sein mag. Ein bemerkenswerter Aspekt in der heutigen vernetzten Welt ist, dass immer noch circa 13 Millionen Menschen in den USA und weltweit sogar 2,6 Milliarden Personen keinen oder nur eingeschränkten Zugang zum Internet haben.
Für diese Menschen ist die Telefonleitung von Auburn oft die einzige Möglichkeit, verlässliche Informationen zu erhalten oder einfach nur eine Stimme am anderen Ende der Leitung zu hören. Das macht den Foy Desk zu einem wichtigen sozialen Ankerpunkt, der technische Unterstützung oder vielleicht hauptsächlich zwischenmenschlichen Kontakt bietet. Die Arbeit am Foy Desk erfordert keine umfangreiche Ausbildung. Das Handbuch für die Angestellten umfasst gerade einmal zehn Seiten mit grundlegenden Regeln. Freundlichkeit ist oberstes Gebot, das Beenden von respektlosem oder bedrohlichem Verhalten wird ebenso klar geregelt wie der Umgang mit Bedrohungen, die die Polizei einschalten lassen.
Hausaufgaben der Anrufer werden grundsätzlich nicht beantwortet, dies soll gewährleisten, dass die Arbeitszeit für allgemeine Informationen und Unterstützung genutzt wird. Tagsüber klingelt das Telefon im Durchschnitt 10 bis 15 Mal pro Stunde, wobei der Großteil der Anrufe von der allgemeinen Bevölkerung kommt. Studierende der Universität rufen eher selten an, oft um Auskünfte über Sportveranstaltungen oder den Verbleib verlorener Gegenstände zu erfragen. Was den Foy Desk und seine Mitarbeitenden jedoch besonders menschlich macht, sind die Geschichten hinter den Anrufern. Viele der Studierenden berichten von Stammkunden mit wiederkehrenden Anrufen.
Personen wie Beulah, die mit einer Vorliebe für exotische Haustiere und Wildtiere immer wieder für längere Gespräche sorgen, bleiben im Gedächtnis. Ihre Anrufe sind selten kurz, oft nutzen sie die Gelegenheit, ihre Sorgen und Beobachtungen zu teilen – von Füchsen im Garten bis zu Spinnen auf der Gardine. Obwohl die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kaum etwas über sie wissen, spüren sie die besondere Bindung und vermissen sie, wenn Anrufe länger ausbleiben. Die Atmosphäre am Telefon ist oft geduldig und respektvoll, selbst wenn die Anrufer von Partys oder alkoholisierte Studierende sind. Es gilt die Maxime, niemanden unmittelbar abzuwürgen, solange die Gespräche angemessen bleiben; ein Spiegel der südlichen Höflichkeit und Gelassenheit.
Angestellte knüpfen unweigerlich ein mentales Bild der Anrufer – anhand von Stimme, Akzent und Fragestellung. Manchmal ist es das Denkmal einer einsamen älteren Dame, die möglicherweise in einem Pflegeheim sitzt und das Telefon einfach zur Verbindung mit der Außenwelt verwendet. Andere Male sind es junge Menschen, die lediglich ein offenes Ohr suchen, um über Langeweile oder Einsamkeit zu sprechen. Eine dieser besonderen Geschichten brachte eine Studentin namens Cora ins Gespräch. Sie, die Softwareentwicklung studiert, erzählte von einem älteren Herrn, der einst nach Geburtstagen von Prominenten fragte.
Dabei entdeckte er laut eigener Aussage anhand der Daten ihre wahre Berufung: statt Programmiererin solle sie mit Menschen arbeiten, „mit den Gebrochenen“, wie sie sagt. Cora selbst träumt von einem Schutzort für junge Frauen, die vor schwierigen Umständen fliehen, doch ist sich bewusst, dass sie dies möglicherweise nicht umsetzen wird. Ihr Engagement am Telefon scheint zumindest einer Berufung gleichzukommen – Menschen zuzuhören, ohne zu urteilen, und ihnen zu helfen, sei es mit Informationen oder einfach mit einem offenen Ohr. Der Foy Information Desk ist mehr als ein Informationsservice. Er spiegelt das Herz und die Seele der Gemeinschaft wider, die Solidarität und Offenheit in einer Welt vermittelt, die sich zunehmend digitalisiert und anonymisiert.
Inmitten modernster Technik bleibt es ein geschätzter Ankerpunkt für Jahre, sogar Jahrzehnte, und trotz seiner Einfachheit eine Institution, die Menschen tröstet, ihnen praktisch hilft und Kontakt ermöglicht. Seine Existenz zeigt, dass manchmal gerade traditionelle Medien und Dienstleister für viele unverzichtbar bleiben. Die Geschichte des Foy Desk offenbart auch die Macht und Bedeutung der Kommunikation. Ob es um einfache Auskünfte, komplexe Fragen oder das Bedürfnis nach Gemeinschaft geht – die Telefonleitung von Auburn zeigt eindrucksvoll, wie aufmerksam und fürsorglich Service und Menschlichkeit zusammenwirken können. Gerade in Zeiten gesellschaftlicher Isolation oder Informationsflut, wo verlässliche Antworten und menschlicher Kontakt gebraucht werden, zeigt sich, welchen Stellenwert eine solche Einrichtung hat.