Die britische Starling Bank, eine der führenden Neobanken Großbritanniens mit bedeutender Beteiligung von Goldman Sachs, steht aktuell im Fokus der Finanzwelt. Die innovative Online-Bank veröffentlicht ihre Jahresbilanz für das Geschäftsjahr bis zum 31. März 2025 und dabei fällt besonders der Gewinnrückgang ins Auge. Das Unternehmen meldet einen Vorsteuergewinn von 223,4 Millionen Pfund, was einem Rückgang von nahezu 26 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Die Starling Bank hat damit eine der stärksten Einbußen ihrer jüngsten Geschichte zu verkraften – ein Ergebnis, das nicht zuletzt auf die Auswirkungen von Covid-19-bedingten Kreditbetrugsproblemen und eine von der Aufsichtsbehörde verhängte Geldstrafe zurückzuführen ist.
Die von der Regulierungsbehörde Financial Conduct Authority (FCA) verhängte Strafzahlung in Höhe von 29 Millionen Pfund belastet die Finanzen der Bank erheblich. Hintergrund der Strafe sind Mängel im Bereich der Finanzkriminalitätsprävention der Bank. In Kombination mit einem weiteren finanziellen Rückschlag durch ein bereits früher in der Pandemie initiertes Förderprogramm, dem sogenannten Bounce Back Loan Scheme (BBLS), wies die Bank eine Rückstellung in Höhe von 28,2 Millionen Pfund aus. Das BBLS wurde 2020 eingeführt, um Unternehmen während des durch das Coronavirus verursachten wirtschaftlichen Abschwungs finanzielle Liquidität zu sichern. Die staatlich garantierten Kredite erlaubten den Banken, Unternehmen bei einem zahlungsunfähigen Kreditnehmer keine Verluste zu tragen, da die Regierung das Risiko trug.
Die Starling Bank, die zu den ausgewählten Kreditgebern zählte, hat nun jedoch Schwachstellen in ihren Betrugsprüfungen des BBLS identifiziert. Nachdem diese Problematik gegenüber der staatlichen British Business Bank offen kommuniziert wurde, entschied sich Starling freiwillig, die Garantie der Regierung für die betroffenen Kredite zurückzuziehen. Diese Entscheidung und die damit verbundenen Kosten gelten als wesentlicher Faktor für den Gewinnrückgang. Trotz des herausfordernden Umfelds weist die Bank für das abgelaufene Geschäftsjahr einen Umsatzanstieg von circa fünf Prozent auf 714 Millionen Pfund aus. Dieser Zuwachs ist zwar positiv zu bewerten, stellt jedoch eine deutliche Wachstumsverlangsamung im Vergleich zum Vorjahr dar, als der Umsatz um mehr als 50 Prozent wuchs.
Starling Bank ist vor allem durch das Angebot gebührenfreier Girokonten und kreditbasierter Dienstleistungen via mobiler App bekannt, was sie bei einer besonders jungen, digital-affinen Kundschaft populär macht. Die Konkurrenzsituation im britischen Neobanking-Markt ist jedoch äußerst intensiv, mit namhaften Wettbewerbern wie Monzo und Revolut, die ebenfalls um Marktanteile kämpfen. Ein weiteres Augenmerk gilt dem regulatorischen Umfeld: Die deutliche Strafe durch die FCA verdeutlicht die besondere Aufmerksamkeit, die Finanzaufsichtsbehörden auf die Einhaltung von Standards im Bereich der Finanzkriminalität legen. Die im Zuge der Krise verstärkten Prüfungen und die daraus resultierende Strafe für Starling unterstreichen den wachsenden Druck auf digitale Finanzdienstleister, ihre Sicherheits- und Compliance-Systeme zu optimieren. Das Problem der Covid-Darlehensbetrugsfälle stellt keine Einzelfallerscheinung dar.
Während der Pandemie haben viele Finanzinstitute in Großbritannien und weltweit mit ähnlichen Herausforderungen zu kämpfen gehabt, da die Maßnahmen zur schnellen Kreditvergabe und Wirtschaftshilfe oft Kompromisse bei der Risikoprüfung eingingen. Die Starling Bank zeigt in diesem Kontext jedoch eine offene und transparente Umgangsweise, wie der erst kürzlich abgehaltene Medienanruf des Finanzvorstands Declan Ferguson verdeutlicht: Er bezeichnete die Covid-Darlehensproblematik als „Legacy Issue“, also ein Altrisiko, das transparent und in vollständiger Kooperation mit den staatlichen Stellen bearbeitet werde. Betrachtet man die Eigentümerstruktur des Unternehmens, so zeigt sich, dass neben Goldman Sachs auch andere bedeutende Investoren wie Fidelity Investments und die Katarische Investitionsbehörde Anteilseigner sind. Diese starken Partner und deren finanzielle Unterstützung könnten ein wichtiger Faktor für die weitere Entwicklung und Stabilisierung der Bank sein. Seit ihrem Start als lizenziertes Kreditinstitut im Jahr 2018 ist Starling Bank rasant gewachsen und wurde im Jahr 2022 zuletzt mit rund 2,5 Milliarden Pfund bewertet.
Trotz der aktuellen Herausforderungen scheint die langfristige Vision und Innovationskraft des Unternehmens weiterhin intakt zu sein. Der Wettbewerb im Fintech-Sektor fordert jedoch ständige Anpassungen sowohl technischer als auch organisatorischer Natur. Die jüngsten Geschehnisse verdeutlichen, wie essenziell robuste Kontrollmechanismen und regulatorische Compliance für das nachhaltige Wachstum von Neobanken sind. Zudem zeigt die Starling Bank beispielhaft, wie systemische Ereignisse wie die Covid-19-Pandemie langfristige Auswirkungen auf die Finanzbranche haben können, die sich nicht sofort in den Jahreszahlen niederschlagen, sondern in der Folgezeit für Restrukturierungsmaßnahmen und Rückstellungen sorgen. Für Kunden und Investoren bleibt es spannend zu beobachten, wie Starling mit den Herausforderungen umgeht und welche Strategien das Unternehmen zukünftig verfolgen wird, um sowohl die Marktposition zu stärken als auch regulatorische Auflagen zu erfüllen.
Innovation, Transparenz und Kooperation mit Behörden sind dabei die Schlüsselwörter, die der Bankenmarkt künftig noch stärker fordern wird. Generell ist die Entwicklung bei Starling Bank auch ein Spiegelbild des gesamten digitalen Bankensektors, der einerseits mit großem Wachstumspotential aufwartet, andererseits aber auch mit wachsenden Risiken konfrontiert ist. Die Risiken reichen von Cyberangriffen über Betrug bis hin zu rechtlichen und regulatorischen Komplexitäten. Ein starker Fokus auf Sicherheit und Compliance ist somit für die Zukunft unverzichtbar. In der Summe steht die Starling Bank mit einem beeindruckenden Wachstumserfolg, trotz des jüngsten Gewinnrückgangs, weiterhin gut da und liefert eine wichtige Lehre für die Branche.
Der Umgang mit der Covid-19-Pandemie und ihren finanziellen Herausforderungen wird die Digitalisierung des Bankensektors nachhaltig prägen und die strategische Ausrichtung von Neobanken weltweit beeinflussen. Das Beispiel Starling Bank bietet somit interessante Einblicke in die verzahnten Zusammenhänge von Fintech-Innovation, staatlicher Wirtschaftshilfe, Betrugsprävention und regulatorischen Anforderungen, die für Investoren, Kunden und Branchenbeobachter gleichermaßen von Bedeutung sind.