NANO Nuclear Energy Inc. (NNE) ist ein junges Unternehmen, das im Jahr 2022 gegründet wurde und mit hochgesteckten Zielen in den Bereich der Kernenergie eingestiegen ist. Das Startup will den weltweit ersten tragbaren Kernreaktor entwickeln und strebt an, im gesamten Wertschöpfungsprozess der Kernenergiebranche aktiv zu sein – von der Reaktorkonstruktion über die Brennstoffanreicherung bis hin zu Transport und Beratung. Trotz dieser ambitionierten Visionen und einer rasanten Kursentwicklung seit dem Börsengang im Mai 2024 sehen viele Marktbeobachter und Branchenkenner erhebliche Risiken in der aktuellen Bewertung und der operativen Situation des Unternehmens. Diese Analyse will die Kernaspekte der sogenannten Bären-These zu NNE kritisch hinterfragen und ein realistisches Bild der möglichen Herausforderungen zeichnen.
Die Aktie von NNE verzeichnete seit dem IPO eine spektakuläre Kurssteigerung. Die Notierung startete bei ungefähr 4 US-Dollar und erlebte einen rasanten Anstieg von über 1000 Prozent. Dies führte zu einer Marktkapitalisierung von rund 1,1 Milliarden US-Dollar. Solch ein schneller Aufstieg ist insbesondere für ein Unternehmen bemerkenswert, das sich noch in einem sehr frühen Entwicklungsstadium befindet. Dabei liegen fundamentale Faktoren vor, die aus Sicht kritischer Anleger Anlass zur Vorsicht geben.
Zum Zeitpunkt des Börsengangs verfügte NNE weder über eigenständige Patente noch über funktionierende Prototypen. Die regulatorischen Fortschritte waren unklar, und das technische Team war noch in einer lockeren Aufbauphase. Zudem weist der Gründer des Unternehmens keinerlei Erfahrungen im Bereich der Kernenergie auf, sondern war zuvor hauptsächlich in kleinen Bergbauprojekten involviert. Positiv hervorzuheben ist der CEO, der mit seinem Hintergrund im britischen Verteidigungsministerium und Erfahrungen bei Rolls-Royce im Bereich der Kerntechnologie Glaubwürdigkeit mitbringt. Doch insgesamt riecht das Szenario mehr nach einem Startup, das auf Verpackung und Marketing setzt, als nach einem Unternehmen mit solider technischer Basis.
Diese Situation führte im Jahr 2023 zu missbilligender Aufmerksamkeit durch die Short-Selling-Firma Hunterbrook Media. Diese veröffentlichte Berichte, die auf verschiedene Schwächen und fragwürdige Versprechen von NNE aufmerksam machten. Obwohl die Aktie infolge dieser Berichte zunächst an Wert verlor, konnte sie sich dank einer aggressiven Rechtsverteidigung und der Verpflichtung eines renommierten Anwalts erholen. Im Anschluss versuchte NNE, seine Glaubwürdigkeit durch die Übernahme externer Patente, die Einstellung von Fachpersonal mit Doktortitel und die Anbahnung nicht bindender Kooperationen zu verbessern. Das Unternehmen strebte außerdem die Förderung durch Forschungszuschüsse an, um seine Position im Nuklearsektor zu stärken.
Allerdings werfen Kritiker diesem Vorgehen vor, dass der Zeitplan und die Reihenfolge der Maßnahmen eher darauf ausgerichtet waren, möglichst schnell an die Börse zu gehen, anstatt eine belastbare Geschäftsbasis zu schaffen. Im direkten Vergleich mit etablierten Wettbewerbern wie OKLO wird deutlich, wie jung und unerprobt NNE tatsächlich ist. OKLO beispielsweise hat mehr als ein Jahrzehnt in die technische und regulatorische Entwicklung investiert und wird trotz dieser Reife mit nur etwa 3,5-facher Bewertung von NNE gehandelt. Dieser Umstand lässt viele Fachleute skeptisch gegenüber der Bewertung von NANO Nuclear Energy werden. Darüber hinaus herrscht in technischen Fachforen und Communities, wie im Subreddit r/nuclear, großer Zweifel an den Versprechen und Zeitplänen des Unternehmens.
Experten äußern Bedenken wegen unrealistischer Erwartungen, mangelnder Transparenz bei Fortschritten und dem bisher fehlenden Nachweis funktionierender Prototypen. Die Entwicklung eines tragbaren Kernreaktors stellt eine immense technologische Herausforderung dar, die mit erheblichen regulatorischen Hürden verbunden ist. Dass NNE diese Schwierigkeiten in kurzer Zeit überwinden könne, halten viele für überoptimistisch. Trotz all dieser kritischen Stimmen profitiert die NNE-Aktie von ihrer Aufnahme in verschiedene saubere Energie-ETFs. Dies sorgt dafür, dass rund 30 Prozent der Unternehmensanteile institutionell gehalten werden.
Der Rest des Aktionärskreises wird wahrscheinlich von Privatanlegern dominiert, die oft in der Hoffnung auf schnelle Gewinne investieren und sich der tatsächlichen Entwicklungsstände weniger bewusst sind. Nicht selten werden hierbei die Unterschiede zu anderen, technisch reiferen Unternehmen wie OKLO oder SMR nicht hinreichend berücksichtigt. Zusammenfassend ergibt sich das Bild eines Unternehmens, das in der öffentlichen Wahrnehmung durch mediale Aufmerksamkeit und investorenfreundliche Maßnahmen einen erheblichen Hype erzeugt hat. Die fundamentale Basis der Geschäftstätigkeit liegt jedoch noch sehr im Aufbau, mit vielen offenen Fragestellungen und bislang eher vagen Zukunftsperspektiven. Diese Kombination führt dazu, dass NNE nach Ansicht vieler Bären-Analysten als spekulative Wette mit hohem Risiko eingestuft wird, deren Bewertung eher durch Optik als durch Substanz gestützt wird.
Die Entwicklung von tragbaren Kernreaktoren ist zweifellos ein zukunftsträchtiges und gesellschaftlich relevantes Anliegen, das das Potenzial hat, die Energieversorgung grundlegend zu verändern. Der technische Anspruch erfordert dabei jedoch Erfahrung, fundierte Forschungsarbeit und einen engen Dialog mit Aufsichtsbehörden, um Umwelt- und Sicherheitsstandards einzuhalten. Ein Unternehmenskonzept, das diese Aspekte außer Acht lässt und stattdessen mit schnellen Kapitalmarktbewegungen operiert, setzt nicht nur Investoren einem Risiko aus, sondern auch dem gesamten Innovationsprozess innerhalb der Kernenergiebranche. Für interessierte Anleger und Branchenbeobachter bedeutet dies vor allem, sehr differenziert und kritisch zu prüfen, welche Entwicklungsschritte NNE tatsächlich vorweisen kann und ob die ambitionierten Ziele auf einem soliden Fundament stehen. Die Frage, ob NANO Nuclear Energy ein langfristiger Player oder eher ein überhitzter Trend ist, dessen Bewertung einer Korrektur entgegensehen könnte, bleibt offen.