Madrid Río stellt eine der bedeutendsten städtebaulichen Entwicklungen in der spanischen Hauptstadt dar. Entstanden aus der anspruchsvollen Aufgabe, den Verkehr zu entlasten und zugleich urbanen Freiraum zurückzugewinnen, erweckt das Projekt den Flusslauf des Manzanares zu neuem Leben. Mit der Verlagerung der stark befahrenen M-30 Autobahn in den Untergrund wurde Platz geschaffen für eine weitläufige Parkanlage, die sich durch vielfältige Grünflächen, Freizeitangebote sowie Naturschutzmaßnahmen auszeichnet. Dieses ambitionierte Vorhaben wurde von dem renommierten Architekten Ginés Garrido initiiert, der 2005 den internationalen Wettbewerb zur Neugestaltung dieser urbanen Peripherie gewann. Sein Konzept zielte von Anfang an darauf ab, den Fluss und seine Umgebung aus der Isolation zu befreien und die natürlichen Ressourcen wieder zugänglich zu machen.
Madrid Río verbindet heute auf eindrucksvolle Weise mehrere Stadtviertel, die durch die ursprüngliche Trennung mittels der Autobahn in der Vergangenheit kaum miteinander verknüpft waren. Die linke Flussseite wird vom Viertel Arganzuela geprägt, während die rechte Seite die Stadtteile Latina, Carabanchel und Usera umfasst. Die Umgestaltung dieses Bereichs hat nicht nur die physische Barriere beseitigt, sondern auch zu einer emotionalen und kulturellen Öffnung geführt, die sowohl von Einheimischen als auch von Besuchern geschätzt wird. Der ehemalige Autobahnabschnitt, der durch das Projekt unterirdisch geführt wurde, machte die Verbindung von Madrid mit dem mit Abstand größten Stadtpark Casa de Campo wieder ermöglicht. Diese Verbindung bedeutet eine enorme Erweiterung des Erholungsgebietes für die Bewohner und trägt zur insgesamt verbesserten Lebensqualität bei.
Neben landschaftsgestalterischen Maßnahmen umfasst Madrid Río auch die Sanierung von insgesamt sieben Flussdämmen, die den Wasserlauf regulieren. Diese Dämme wurden sorgfältig restauriert und mit modernen, ökologischen Elementen versehen. Holzbretter als begehbare Stege und Fischtreppen fördern die Durchlässigkeit des Flusses für die aquatische Tierwelt und unterstützen die natürliche Wanderung von Fischen, ein Schritt, der die Biodiversität im urbanen Bereich maßgeblich gestärkt hat. Die Renaturierung des Flusslaufs bewirkte, dass der Wasserstand gesenkt und die natürliche Strömung wiederhergestellt wurde. Dadurch konnten sich natürliche Lebensräume für zahlreiche Tierarten, insbesondere Vögel wie den heimischen Graureiher und Eisvogel, neu etablieren.
Die Sichtbarkeit und das Wachstum der Tierwelt sind heute ein besonderes Merkmal von Madrid Río und ziehen Naturfreunde und Ornithologen gleichermaßen an. Neben ökologischen Aspekten bildet Madrid Río auch einen sozialen Treffpunkt, der dank seiner vielfältigen Infrastruktur für Bewegung, Kultur und Freizeitgestaltung sorgt. Joggingstrecken, Radwege, Spielplätze und Skateparks stehen zur Verfügung, um unterschiedlichste Nutzergruppen anzusprechen und ein abwechslungsreiches Freizeitangebot zu gewährleisten. Die Attraktivität des Parks wird nicht zuletzt durch zahlreiche Cafés, Veranstaltungsflächen und Kunstwerke unterstrichen. Somit ist Madrid Río nicht nur ein grüner Erholungsraum, sondern auch ein pulsierender Ort des sozialen Lebens.
Die innovativen Planungsansätze von Madrid Río wurden international mit hochrangigen Preisen bedacht, unter anderem mit dem Veronica Rudge Green Prize in Urban Design der Harvard Graduate School of Design im Jahr 2015. Die Auszeichnung würdigt das Projekt als exemplarisches Beispiel für erstklassiges urbanes Design und nachhaltige Stadtentwicklung, das auf mehreren Ebenen ökologische, soziale und ästhetische Anforderungen vereint. Dieses internationale Interesse unterstreicht die Vorbildfunktion, die Madrid Río für andere Großstädte einnimmt, die mit denselben Herausforderungen wie Verkehrsbelastung, Naturverlust und sozialer Fragmentierung zu kämpfen haben. Madrid Río zeigt, wie sich technische Infrastruktur in grüne, multifunktionale Stadtlandschaften verwandeln lässt, die sowohl Mensch als auch Umwelt zugutekommen. Besondere Aufmerksamkeit verdient die Rolle der lokalen Bevölkerung bei der Umsetzung des Projekts.
Ursprünglich sollten nicht alle Dämme geöffnet werden, um beispielsweise Schulaktivitäten wie Rudern zu ermöglichen. Doch aufgrund des Engagements und der Bedenken der Anwohner wurde die Entscheidung getroffen, den letzten Damm ebenfalls zu öffnen, um einen durchgängigen Flusslauf zu garantieren. Dieses Beispiel für bürgernahe Planung verdeutlicht, wie wichtig die Integration von Nutzern und Stakeholdern in Großprojekten ist. Madrid Río bietet nicht nur Erholung, sondern fördert auch das Bewusstsein für Umweltschutz und nachhaltiges Zusammenleben in der Stadt. Die Verbindung von urbanem Leben und Naturerlebnis wirkt inspirierend und bietet zahlreiche Möglichkeiten zur Umweltbildung.
Für Touristen und Citybesucher stellt der Park eine willkommene Abwechslung zum sonst urban geprägten Madrid dar. Auch aus wirtschaftlicher Sicht trägt die Aufwertung der Flussufer zur Verbesserung des Immobilienwerts und zur Attraktivität des Stadtteils bei. Die strategisch günstige Lage kombiniert mit der grünen Infrastruktur macht die Region für zukünftige Investitionen besonders interessant. Madrid Río ist damit ein herausragendes Beispiel dafür, wie die Renaissance eines Flusses im urbanen Raum positive Auswirkungen auf Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft haben kann. Die Vision, die Gegend entlang des Manzanares als lebendiges Aushängeschild für nachhaltige Stadtentwicklung zu etablieren, ist gelungen.