In der Welt der Retro-Computer-Emulation gibt es immer wieder Projekte, die technische Grenzen neu ausloten und klassische Systeme auf moderne Hardware bringen. Eines der spannendsten Projekte ist zweifelsohne der Pico-Mac-Nano, der einen voll funktionsfähigen Macintosh-Emulator auf dem Raspberry Pi Pico Zero realisiert. Dieses Projekt vereint Miniaturisierung, technische Innovation und Nostalgie und bietet passionierten Technik-Enthusiasten die Möglichkeit, den ikonischen Macintosh 128K in einem winzigen, eigenständigen Gerät neu zu erleben. Der Kern des Projekts basiert auf dem bekannten umac Macintosh-Emulator, der ursprünglich darauf ausgelegt war, die frühen Macintosh-Systeme auf Embedded-Systemen lauffähig zu machen. Der Entwickler Nick Gillard hat diese Basis genommen und sowohl die Hardware als auch die Software speziell an die Möglichkeiten und Limits des Pi Pico Zero angepasst – einem besonders kleinen und kostengünstigen Mikrocontroller mit RP2040-Chip.
So entstand ein funktionsfähiger Macintosh, der auf nur 62 Millimetern Höhe alle wesentlichen Komponenten des Originals nachbildet. Eine zentrale Herausforderung bestand darin, ein geeignetes Display für den Pico-Mac-Nano zu finden. Da der Pico Zero nur begrenzte Anschlussmöglichkeiten und Rechenleistung bietet, musste das Display klein aber mit ausreichend hoher Auflösung sein, damit die Macintosh-typische Benutzeroberfläche lesbar und authentisch dargestellt werden kann. Die Wahl fiel auf ein 2,0 Zoll großes TFT-LCD mit einer Auflösung von 480x640 Pixeln, das über den SPI-Bus angesteuert wird. Aufgrund der physischen Ausrichtung und der Eigenschaften des verwendeten Displaycontrollers musste die Bildausgabe individuell angepasst werden, sodass das klassische Macintosh-Bild mit 480x342 Pixeln im oberen Bereich des Displays perfekt ausgegeben wird.
Das Design des Gehäuses stammt ebenfalls aus der Feder des Projekterfinders und ist als zweiteiliges 3D-Modell ausgeführt. Es umfasst eine Front- und Rückplatte sowie interne Halterungen für die Platine, den Pico Zero, das Display und den micro-SD-Kartenleser. Trotz der winzigen Maße beherbergt das Gehäuse alle nötigen Komponenten und vermittelt durch seine Gestaltung die Anmutung des originalen Macintosh 128K. Optional kann ein Batteriesystem integriert werden – bestehend aus einer Lithium-Knopfzelle, einem Boost-Regler und einem Mikro-Schalter –, das den Betrieb unabhängig vom USB-Anschluss ermöglicht. Die Hardware-Platine (PCB) wurde maßgeschneidert entwickelt, um alle Komponenten optimal zu verbinden und gleichzeitig die Signalwege so kurz wie möglich zu halten.
Die Verbindung zum Pico Zero erfolgt direkt über drei kompakte Steckverbinder, während das Display mittels eines 40-poligen Flachbandkabels angeschlossen wird. Die Platine enthält außerdem passende Widerstände und Kondensatoren, um stabile Spannungen für das Display und das micro-SD-Modul zu gewährleisten. Ein Highlight ist die einfache Integration eines Lautsprechers, der über zwei GPIO-Pins des Pico Zero einen originalgetreuen Startton des Macintosh in Form eines 600-Hertz-Rechtecksignals ausgibt. Dieser Ton erzeugt einen Differenzsignal-Pegel, der selbst ohne Verstärkung eine überraschend gute Lautstärke erzielt. Im Software-Bereich wurde die ursprüngliche umac-Version signifikant modifiziert und optimiert, um auf den limitierten Ressourcen des RP2040-Chips flüssig zu laufen.
Der Emulationsprozess verteilt sich auf beide Rechenkerne des Pico Zero: Der erste Kern übernimmt die Steuerung von USB-Eingabegeräten wie Tastatur und Maus, während der zweite Kern den Emulator selbst und die Bildausgabe verantwortet. Dabei wird die Emulation des Motorolas 68000 Prozessors durch die Verwendung von Musashi, einem emulationsoptimierten Software-Kern, realisiert, der für eingebettete Systeme adaptiert wurde. Die Videoausgabe ist eine technische Meisterleistung: Mittels einer PIO-State-Maschine in Kombination mit mehreren DMA-Kanälen generiert das System ein stabiles, monochromes 480x342 Pixel großes Videosignal mit 60 Hertz Bildwiederholrate. Dieses Signal wird über den SPI-Ausgang des Pico Zero an das LCD weitergegeben. Für Entwickler ist die Lösung besonders interessant, da sie mit einer minimalen CPU-Belastung auskommt und gleichzeitig eine relativ hohe Bildqualität ermöglicht.
Die Software unterstützt zudem die einfache Anpassung von Auflösungen und Timingparametern, was für weiterführende Experimente und Emulatorprojekten eine solide Grundlage bietet. Ein wichtiger Aspekt des Projektes ist die Integration von Speicherlösungen für das Macintosh-Betriebssystem und Anwendungssoftware. Standardmäßig kann ein festes, nicht beschreibbares Diskettenabbild des Macintosh-Systems im internen Flash-Speicher des Pico Zero abgelegt werden, was den sofortigen Start und Betrieb ermöglicht. Alternativ ist die Verwendung einer micro-SD-Karte möglich, die als austauschbarer Speicher fungiert und sogar Schreibzugriffe erlaubt. So lässt sich der Pico-Mac-Nano in einen vollwertigen Macintosh mit Speichermöglichkeit und damit erweiterter Funktionalität verwandeln.
Der SD-Karten-Support wurde speziell auf den verwendeten SPI-Bus abgestimmt und optimiert, um reibungslos und effizient zu laufen. Der Aufbau des Pico-Mac-Nano erfordert ein gewisses technisches Verständnis, insbesondere für die Bereiche Elektronik, 3D-Druck und Embedded-Softwareentwicklung. Das gesamte Projekt ist Open Source auf GitHub verfügbar und bietet neben ausführlichen Bauanleitungen auch sämtliche Dateien für PCB-Design, Firmware, 3D-Modelle und Schaltpläne. Zudem besteht die Möglichkeit, fertige Bausätze oder sogar komplett montierte Exemplare zu erwerben, wodurch der Zugang für weniger erfahrene Nutzer deutlich erleichtert wird. Die Entstehung des Projekts zeigt, wie weit sich Retro-Computing dank moderner Mikrocontroller-Technologie entwickeln kann.
Der geringe Energieverbrauch, die kompakte Bauweise und die Kombination von moderner Peripherie mit nostalgischer Benutzeroberfläche bieten einen faszinierenden Einblick in die Zukunft von Emulationen in kleinen Formfaktoren. Für Mac-Enthusiasten, Technikbastler und Sammler bietet der Pico-Mac-Nano eine einzigartige Gelegenheit, einen Teil Computergeschichte in der Hosentasche mitzuführen. Darüber hinaus hat das Projekt auch didaktischen Wert. Die detaillierte Dokumentation und der offene Quellcode ermöglichen es Entwicklern, tief in die Funktionsweise von Computern und Emulatoren einzutauchen. Der Aufbau erläutert praxisnah, wie moderne Mikrocontroller für anspruchsvolle Anwendungen optimiert werden können, und bietet zahlreiche Anknüpfungspunkte für weiterführende Entwicklungen etwa in den Bereichen Videoausgabe, Speicherverwaltung oder USB-HID-Integration.
Die Nutzung eines Displays mit hoher Auflösung in einem so kleinen Gehäuse verlangt zudem nach kreativen Lösungen für die Bildausgabe und Energieversorgung. Der Pico-Mac-Nano zeigt, dass sich historische Rechnerarchitekturen mit heutigen Errungenschaften kombinieren lassen, ohne die Ästhetik des Originals zu verlieren. Die Farbgebung der Anzeige ist zwar monochrom, entspricht jedoch der originalen Darstellung des Macintosh 128K und bewahrt damit das vertraute Nutzererlebnis. Abschließend lässt sich festhalten, dass der Pico-Mac-Nano nicht nur ein technisches Wunderwerk in Miniaturform ist, sondern auch eine liebevolle Hommage an eine der einflussreichsten Computerplattformen der Geschichte darstellt. Das Projekt zeigt beispielhaft, wie sich vielseitige, moderne Hardware mit klassischer Software verbindet und dabei handfeste Anwendungen findet – von der Freizeitbeschäftigung über die Ausbildung bis hin zur öffentlichen Ausstellung in Museen oder bei Events.