Die globale Energiewende und die Notwendigkeit nachhaltiger Landwirtschaft führen zu einem immer intensiveren Diskurs um innovative Lösungen, die multiple Krisen wie Klimawandel, Wasserknappheit und Ernährungssicherheit gleichzeitig adressieren. Eine dieser innovativen Ansätze ist das Konzept des Agrisolar, bei dem Solaranlagen auf landwirtschaftlichen Flächen installiert werden, um sowohl Energie zu erzeugen als auch die landwirtschaftliche Nutzung zu integrieren oder ergänzen. Diese Strategie zielt darauf ab, positive Synergien innerhalb des Lebensmittel-Energie-Wasser-Nexus (FEW-Nexus) zu schaffen. Dieser Nexus beschreibt die untrennbaren Wechselwirkungen zwischen der Produktion von Nahrung, der Energieversorgung und der Nutzung von Wasserressourcen. Im Kontext von Agrisolar sind die Auswirkungen auf diese Bereiche entscheidend für die Bewertung der Nachhaltigkeit sowie der ökonomischen Sicherheit der Landwirtschaft.
Solarenergie spielt bereits heute eine Schlüsselrolle bei der Transformation des Energiesektors hin zu netto-null CO₂-Emissionen. In den Vereinigten Staaten wird erwartet, dass die Kapazität von Solar-Photovoltaikanlagen bis 2050 um ein Vielfaches wächst, was auch zu einem verstärkten Landnutzungswettbewerb führt. Da viele dieser Anlagen auf fruchtbaren Ackerflächen, wie dem kalifornischen Central Valley, errichtet werden, erfüllt die Frage, wie sich diese Nutzung auf die Nahrungsmittelproduktion und Wasserressourcen auswirkt, eine besondere Relevanz. Der Begriff Agrisolar umfasst dabei verschiedene Formen der Integration von Solartechnologie in die Landwirtschaft. Zum einen gibt es die sogenannte Agrivoltaik, bei der Solarzellen direkt über oder zwischen den Nutzpflanzen installiert werden und Pflanzenwachstum sowie Energieerzeugung parallel auf derselben Fläche ermöglicht werden.
Zum anderen steht das Konzept der angrenzenden Agrisolarflächen, bei denen landwirtschaftliche Nutzflächen in Solargelände umgewandelt werden und somit Nutzpflanzenanbau dort entfällt, jedoch weitere Effekte beispielsweise auf Wasserverbrauch und ökonomische Einnahmen auftreten können. Untersuchungen am Beispiel des kalifornischen Central Valley mit hunderten von Solar-Installationen zeigen, dass die totale Fläche, die landwirtschaftlich durch Solarflächen ersetzt wurde, zwar verhältnismäßig gering ist, aber dennoch erhebliche Auswirkungen auf den lokalen Nahrungsmittelsektor hat. Konkret wird eine beträchtliche Menge an Kalorienproduktion, insbesondere aus Getreide, Obst und Gemüse, durch die Umwandlung verloren. Dieser Verlust entspricht der Ernährungsgrundlage für mehrere Zehntausend Menschen über die 25-jährige Lebensdauer der Anlagen gesehen. Dennoch ist die Kaloriendichte nicht die einzige wichtige Größe, denn manche der verdrängten Kulturen sind besonders wertvoll und wasserintensiv.
Beispielsweise hat Kalifornien eine dominierende Rolle bei der Produktion von Nuss- und Obstarten, die durch ihre Produktionsweise schwer auf andere Regionen übertragbar sind und daher sensitive Auswirkungen auf den Markt und die Preisbildung haben. Trotz des Verlusts an Nahrungserzeugung zeigen Studien, dass Agrisolar entscheidende Vorteile für die Wasserressourcen bietet. Ein Großteil der mit Solar belegten Flächen war zuvor bewässert, was durch die Installation von Solarpanelen einen signifikanten Rückgang des Bewässerungswasserbedarfs hervorruft. Die dabei eingesparte Wassermenge entspricht in der Summe Millionen Kubikmeter, die theoretisch für alternative landwirtschaftliche Flächen oder die Trinkwasserversorgung von Millionen Menschen genutzt werden könnten. Insbesondere in wasserarmen Regionen wie dem Central Valley ist diese Wassereinsparung von außerordentlicher Bedeutung und kann zur langfristigen Wasserresilienz beitragen.
Zudem führt die eingesparte Bewässerung indirekt zu einer Reduzierung von Energiebedarf, da die oft elektrisch betriebene Wasserförderung deutlich sinkt. Die ökonomische Perspektive für Landwirte zeigt sich durch Agrisolar ebenfalls vielversprechend, allerdings mit unterschiedlichem Profil je nach Anlagenart. Bei kleineren, sogenannten kommerziellen Anlagen, die meist unter einer Megawatt-Kapazität liegen und vom Betreiber selbst mitgenutzt werden, übersteigen die Erlöse aus der Stromerzeugung und Einspeisung ins Stromnetz die Verluste durch entfalle Ernteerträge deutlich. Die Rentabilität rechnet sich bei diesen Fällen oft binnen weniger Jahre und sorgt langfristig für eine erhebliche Steigerung der Einnahmen, ohne große Vorabinvestitionen der Landwirte. Bei größeren, nutzungsfremden Solarparks auf Gemeinde- oder Versorgungsniveau, erhalten die Landbesitzer meist eine Pachtzahlung, die Verluste aus der fehlenden landwirtschaftlichen Produktion nur teilweise kompensiert, wobei hier Wasserersparnisse und verringere Betriebskosten noch ergänzend wirken.
Diese Entwicklung löst bei einigen Stakeholdern Besorgnis aus, da das Vertrauen in eine vollständige Erhaltung der Lebensmittelproduktion bei starkem Ausbau von Solaranlagen auf Ackerflächen nicht uneingeschränkt gegeben ist. Die Herausforderung besteht darin, die Balance zwischen dem vordringlichen Ausbau erneuerbarer Energien und der Sicherstellung der Ernährungssicherheit zu finden. Landwirtschaftsorganisationen und Energiepolitiker sind daher gefordert, Kriterien für die Auswahl von Flächen zur Solarinstallation zu entwickeln, die möglichst wenig produktive Anbauflächen verdrängen und zugleich Wasser- und Energiegewinne optimieren. Ein vielversprechender Weg ist die verstärkte Nutzung von Agrivoltaiksystemen, bei denen Solarpanels aufgeständert eingebaut sind und nutzbare landwirtschaftliche Flächen darunter oder dazwischen verbleiben. Diese Technik kann nicht nur Ertragsverluste mindern, sondern möglicherweise sogar zur Verbesserung von Mikroklima-Bedingungen, Bodenfeuchte und Pflanzenresilienz beitragen.
Erste Anwendungsbeispiele und Pilotstudien liefern Hinweise auf positive Effekte, etwa geringere Pflanzenabwärme, verbesserte Wasserspeicherung im Boden und gesteigerte Profitabilität für Landwirte. Dennoch handelt es sich um ein noch relativ unverbrauchtes Forschungsfeld. Die gegenwärtige Praxis der angrenzenden Agrisolarflächen, bei denen Flächen vollständig in Solarkraftwerke umgewandelt werden, bietet schon heute durch Wasserersparnis, Energieversorgung und wirtschaftliche Stabilität Vorteile in wasserarmen Regionen. Gerade in Zeiten zunehmender Dürreperioden und eingeschränkter Bewässerführung erzeugt die Möglichkeit, auf landwirtschaftlich wertvollen Flächen mit Stromerzeugung alternative Einnahmequellen zu schaffen, neue Anreize für Landwirte und politische Entscheidungsträger. Nicht zuletzt ist auch der Faktor der öffentlichen Akzeptanz relevant.
Die Kombination aus nachhaltiger Landnutzung, Energieerzeugung und Erhalt von Ökosystemleistungen, wie sie insbesondere durch agrivoltaische und ecovoltaische Systeme ermöglicht wird, steigert die gesellschaftliche Zustimmung zu Solarinfrastrukturen auf Kulturland. Durch die Co-Berücksichtigung von Biodiversitätsschutz, Erholungsfunktion und landschaftsverträglichen Konzepten erhöhen sich Chancen, dass neue Projekte ohne großen Widerstand realisiert werden können. Für die Zukunft empfiehlt sich daher eine differenzierte und standortspezifische Herangehensweise, die den Lebensmittel-Energie-Wasser-Nexus ganzheitlich berücksichtigt. Politische Förderprogramme, technologische Innovationen und wissenschaftliche Begleitforschung müssen parallel gehen, um negative Effekte auf die Nahrungssicherung zu minimieren und gleichzeitig die nachhaltige Energie- und Wasserbewirtschaftung zu stärken. Eine bewusste Integration von Solartechnologien in die Agrarlandschaft bietet hier spätestens bis zur Mitte des Jahrhunderts eine erfolgversprechende Strategie, um den wachsenden globalen Bedürfnissen gerecht zu werden und die wirtschaftliche Sicherheit von Landwirten in einem sich wandelnden Klimakontext zu gewährleisten.
Zusammenfassend zeigt die aktuelle Forschung, dass Agrisolar eine komplexe, aber vielversprechende Lösung für die Herausforderungen des Lebensmittel-Energie-Wasser-Nexus sein kann. Während landwirtschaftliche Flächen teilweise verloren gehen, ergeben sich Gegengewinne vor allem in Bezug auf Wasserersparnis und ökonomische Stabilität. Agrisolare Systeme stärken die Resilienz von Landwirtschaft und Energieerzeugung in wasserarmen Regionen und können durch innovative Ko-Management-Ansätze weiter optimiert werden. Die Entwicklung zukunftsfähiger, nachhaltiger Landwirtschaft- und Energiesysteme wird maßgeblich von der klugen Integration solcher multifunktionaler Lösungen abhängen.