Bitcoin hat seit seinem Start im Jahr 2009 eine bemerkenswerte Entwicklung durchlaufen und ist heute mehr denn je ein zentraler Bestandteil der globalen Finanzlandschaft. Ein besonderer Meilenstein wurde bereits erreicht: Etwa 93,3 % der begrenzten Gesamtmenge von 21 Millionen Bitcoin sind bereits geschürft. Doch was bedeutet das tatsächlich für Investoren, Miner und den Markt insgesamt? Und wie sieht die Zukunft von Bitcoin aus, wenn die letzten Coins immer langsamer in Umlauf kommen? Die Gesamtmenge an Bitcoins ist fest auf 21 Millionen begrenzt, ein Alleinstellungsmerkmal, das Bitcoin als deflationäre digitale Währung positioniert. Diese Begrenzung ist im Protokoll verankert und kann nicht ohne einschneidende Änderungen am System verändert werden. Durch dieses klare Limit wird Bitcoin oft mit physischen Rohstoffen wie Gold verglichen.
Im Gegensatz zu Gold, dessen Fördermenge jährlich wächst, nimmt die Bitcoin-Ausgabe durch ein vordefiniertes Schema stetig ab. Der Prozess des Minens von Bitcoin erfolgt durch die Erzeugung von neuen Blöcken in der Blockchain. Für jeden geschürften Block erhalten Miner eine Belohnung, die anfänglich bei 50 BTC lag, sich aber ungefähr alle vier Jahre im sogenannten "Halving" halbiert. Dank dieses Mechanismus wurden bereits über 87 % aller Bitcoins bis Ende 2020 erzeugt. Seither hat sich die Belohnung von 6,25 BTC auf inzwischen 3,125 BTC (Stand 2025) pro Block reduziert, was die Geschwindigkeit der Neuausgabe für zukünftige Bitcoins stark verlangsamt.
Der Effekt dieser exponentiellen Abnahme ist deutlich: Die verbleibenden rund 1,4 Millionen Bitcoins werden in den kommenden Jahrzehnten nur sehr langsam freigesetzt. Schätzungen zufolge werden rund 99 % aller Bitcoins bis 2035 geschürft sein, doch das Mining der letzten Satoshis wird sich bis etwa ins Jahr 2140 hinziehen. Dieses asymptotische Fortschreiten – ähnlich dem Zenoschen Paradoxon – bedeutet, dass die Belohnungen zwar immer kleiner werden, aber nie ganz auf null fallen, zumindest nicht innerhalb der wirtschaftlichen Relevanz. Ein weiterer entscheidender Faktor, der die verfügbare Menge an Bitcoin auf dem Markt beeinflusst, sind verlorene Coins. Viele Bitcoins gelten als für immer verloren, weil die Besitzer entweder ihre privaten Schlüssel verlegt haben, Passwörter vergessen oder ihre Wallets nicht mehr zugänglich sind.
Experten schätzen, dass zwischen 3 und 3,8 Millionen Bitcoin dauerhaft verloren sind, was etwa 14 % bis 18 % des Gesamtbestandes entspricht. Selbst der legendäre Besitz von Satoshi Nakamoto umfasst etwa 1,1 Millionen BTC, die seit Jahren nicht bewegt wurden. Diese verlorenen Bitcoins verringern die effektiv verfügbare Menge auf dem Markt erheblich und verstärken damit den Mangel an liquiden Vermögenswerten. Während bei Gold der Großteil des geförderten Materials weiterhin im Umlauf bleibt, sei es in Schmuck, Barren oder anderen Formen, sind Bitcoins unwiederbringlich weg, wenn der Zugang verloren geht. Dieses Phänomen verleiht Bitcoin eine zusätzliche „verhärtende Scarcity“ (Knappheit), die das Angebot langfristig sogar schrumpfen lässt.
Durch die Kombination aus festem Gesamtangebot und der Verfügbarkeit, die durch verlorene Coins geschmälert ist, entsteht eine wachsende Preisempfindlichkeit gegenüber Angebot und Nachfrage. Es ist vorstellbar, dass sich in Zukunft ein „zweiter Markt“ zwischen zirkulierenden und unerreichbaren Bitcoins herausbildet. Dies könnte Einfluss auf die Liquidität haben, vor allem in Phasen, in denen es zu wirtschaftlicher Unsicherheit oder regulatorischen Eingriffen kommt. Ein weit verbreitetes Argument gegen Bitcoin ist, dass die Sicherheit des Netzwerks mit schwindenden Blockbelohnungen leiden könnte, da Miner weniger Anreiz zum Schürfen hätten. Doch Bitcoin verfügt über einen integrierten Mechanismus zur Anpassung der Mining-Schwierigkeit, der sich alle 2016 Blöcke – etwa alle zwei Wochen – automatisch justiert.
Sinkt die Zahl der aktiven Miner, senkt das Netzwerk die Schwierigkeit, um ein stabiles Blockintervall von rund zehn Minuten zu gewährleisten. Dadurch bleibt das Mining wirtschaftlich attraktiv für diejenigen, die effizient arbeiten. Dieser Mechanismus hat sich bereits als robust erwiesen. Zum Beispiel hat das weltweite Bitcoin-Mining nach dem Verbot in China 2021 dramatisch an Leistung eingebüßt, doch die Netzwerkfunktionalität blieb unbeeinträchtigt. Innerhalb weniger Monate verlagerte sich das Mining in Regionen mit günstigeren Stromkosten und besseren regulatorischen Rahmenbedingungen.
Dies beweist die hohe Anpassungsfähigkeit des Netzwerks und seine Fähigkeit, sich weitreichenden Veränderungen anzupassen. Mit dem stetigen Schrumpfen der Blockbelohnungen wird es mittelfristig wahrscheinlich sein, dass die Miner stärker von den Transaktionsgebühren profitieren. Bereits im April 2024 erzielten Miner dank der Einführung des Runes-Protokolls an einem Tag über 80 Millionen US-Dollar allein durch Gebühren, und damit mehr als die Belohnungen aus den Blocksubventionen. Diese Entwicklung könnte zukünftig eine wichtige Rolle bei der Sicherung des Netzwerks spielen, wenn die Belohnungen weiter sinken. Ein weiterer Aspekt, der sowohl die Ökologie als auch die Nachhaltigkeit beeinflusst, ist der Energieverbrauch.
Der oft kolportierte Mythos, dass steigende Bitcoin-Preise automatisch zu mehr Energieverbrauch führen, trifft nicht ganz zu. Das Mining wird vor allem durch Profitabilität getrieben, nicht durch Preis allein. Sinkt die Rentabilität, reduzieren ineffiziente Miner ihre Aktivitäten, was wiederum zu einer Anpassung der Schwierigkeit führt. Gleichzeitig fördert diese Dynamik den Einsatz von sauberer, verfügbaren Energie, da Miner nach den kostengünstigsten und effizientesten Quellen suchen. Seit dem Rückzug Chinas aus dem Mining-Geschäft haben sich viele Mining-Betriebe in Regionen mit hohen Anteilen an erneuerbaren Energien niedergelassen, wie Nordamerika oder Nordeuropa.
Studien zeigen, dass mittlerweile über die Hälfte des weltweiten Bitcoin-Minings mit erneuerbaren oder emissionsarmen Energieformen betrieben wird. Regulierungen in verschiedenen Ländern treiben diese Entwicklung zusätzlich voran, indem sie Umweltauflagen verschärfen oder Anreize für saubereren Strom schaffen. Die Kombination aus technisch bedingtem Angebotslimit, zunehmender Verfügbarkeit sauberer Energie und sich anpassender Mining-Ökonomie macht Bitcoin zu einem einzigartigen Phänomen in der digitalen und finanziellen Welt. Die Limitierung auf 21 Millionen Coins, die dauerhafte Knappheit durch verlorene Bestände und ein sich selbst regulierendes System zur Sicherung des Netzwerks schaffen eine seltene Form von Wertaufbewahrung. Für Anleger bedeutet das, dass Bitcoin künftig nicht nur als digitales Gold, sondern sogar als noch präziser kalkulierbare Knappheitsware betrachtet werden kann.