Die Vorsitzende der Australian Competition and Consumer Commission (ACCC), Gina Cass-Gottlieb, hat in einem kürzlich veröffentlichten Statement ihre tiefgehenden Sorgen über zwei zentrale Themen geäußert, die die australische Verbraucherlandschaft in Zukunft erheblich beeinflussen könnten: einerseits die „Horror-Szenarien“ rund um die Kryptowährungsbranche aufgrund einer möglichen Lockerung der Regulierungen in den USA, und andererseits den Mangel an Wettbewerb im australischen Luftfahrtsektor, der zu höheren Flugpreisen führt und somit die allgemeine Teuerung verstärkt. Die Besorgnis über die Entwicklung im Bereich Kryptowährungen resultiert insbesondere aus der Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, die Regulierung von Krypto-Assets zu lockern, um die USA zum „Crypto Capital of the Planet“ zu machen. Während dieser Ansatz für Befürworter digitalen Geldes wie Bitcoin euphorisch klingt und bereits zu starken Kurssprüngen geführt hat, warnt die ACCC vor den nachteiligen Folgen für Verbraucher. Die steigende Volatilität und die risikoreichen Investitionsmöglichkeiten provozieren eine Zunahme von Anlagebetrügereien, die in Australien bereits einen Schaden in Milliardenhöhe verursacht haben. Laut aktuellen Zahlen der ACCC verloren australische Verbraucher alleine im Jahr 2023 mehr als 1,3 Milliarden Dollar durch Investment-Scams – die Mehrheit dieser Betrügereien haben Kryptowährungen als Zahlungsmittel oder als Versprechen auf schnelle Gewinne genutzt.
Die ACCC-Behörde nimmt dieses Thema als eine ihrer Hauptprioritäten für die Finanzjahre 2025-2026 in den Fokus. Diese Entwicklung stellt eine große Herausforderung dar, da kriminelle Organisationen aufgrund der weltweiten digitalen Vernetzung immer professioneller agieren und durch eine mögliche „Regulierungsfreigabe“ noch gestärkt werden könnten. Die Sorge der ACCC-Chefin ist daher, dass eine zu lasche Gesetzeslage den Weg für mehr komplexe Betrugsmaschen ebnen wird, die es für europäische und australische Investoren zunehmend schwieriger machen, sichere Entscheidungen zu treffen. Gleichzeitig warnt Cass-Gottlieb aber auch vor den gravierenden Problemen der australischen Luftfahrtbranche, in der ein Mangel an Wettbewerb das Preisgefüge deutlich verschärft. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass der Wettbewerb im nationalen Flugmarkt fast vollständig reduziert wurde.
Nach dem Zusammenbruch von Rex Airlines und dem Rückzug von Bonza Airlines aus den städtischen Routen kehrte die Luftfahrtbranche faktisch zu einer Duopolstruktur zurück, in der Qantas und Virgin Australia den Markt mit über 90 Prozent Marktanteil dominieren. Dieser geringe Wettbewerb führt dazu, dass Fluggäste mit erheblich höheren Preisen konfrontiert werden, was sich besonders auf Menschen mit geringerem Einkommen und Vielflieger auswirkt. Die ACCC hat bereits konkrete Untersuchungen angestrengt, die belegen, wie der Einstieg von Rex Airlines einst zu sinkenden Flugpreisen führte, diese nach dem Ausstieg aber wieder rapide anstiegen. Ein Bericht des australischen Finanzministeriums untermauert diese Beobachtungen und zeigt, dass Routen mit mehreren Wettbewerbern deutlich günstigere Preise aufweisen als solche mit nur einem oder zwei Anbietern. Wenn mehrere Fluggesellschaften auf einer Strecke aktiv sind, können Preise um bis zu 50 Prozent sinken, was für Verbraucher eine erhebliche Entlastung bedeutet.
Leider hat das Verschwinden von Rex als Wettbewerber den gegenteiligen Effekt: weniger Konkurrenz und höherer Preisdruck auf Reisen innerhalb Australiens. Die finanzielle Schieflage von Rex Airlines mit seiner Abhängigkeit von staatlichen Krediten und der möglichen Übernahme durch die Regierung zeigt, wie fragil der Wettbewerb in der Branche ist. Trotz der Bemühungen, alternative Fluggesellschaften zu stärken, gestaltet sich der Zugang zum Markt für neue oder kleinere Anbieter äußerst schwierig. Die ACCC plant, diese monopolistischen Strukturen verstärkt zu analysieren und Maßnahmen zu ergreifen, die den Wettbewerb befördern können. Darüber hinaus geht es der Behörde um die Verbesserung von Transparenz und fairen Verhaltensregeln auch bei Flugbuchungen.
So wurde der Online-Vermittler Webjet wegen mangelnder Preistransparenz verklagt, da Kunden wiederholt mit versteckten Gebühren konfrontiert wurden, die im beworbenen Grundpreis nicht klar dargestellt wurden. Dieses Geschäftsgebaren führt zu Vertrauensverlust bei Reisenden und verschärft die ohnehin kritische Situation in der Branche. Neben Luftfahrt und Kryptowährungen stehen weitere Bereiche im Fokus der ACCC, darunter auch der Lebensmittelhandel. Die dominante Stellung großer Supermarktketten wie Woolworths, Coles, Aldi und Metcash führt zu einem Markt, der „hochkonzentriert“ ist. Coles und Woolworths kontrollieren zusammengerechnet mehr als zwei Drittel des Marktes, was den Wettbewerb stark einschränkt.
Das hat direkte Auswirkungen auf die Preise für Konsumenten und ihre Auswahlmöglichkeiten. Viele Verbraucher berichten von Anhörungen der ACCC, in denen sie angaben, aufgrund steigender Preise weniger Lebensmittel kaufen oder teilweise sogar Mahlzeiten auslassen zu müssen – was gravierende Folgen für ihre Gesundheit und Lebensqualität hat. Die ACCC arbeitet auch in diesem Bereich an Vorschlägen, um mehr Markttransparenz und fairere Wettbewerbskonditionen zu gewährleisten. Zusätzlich nimmt die Behörde Unternehmen ins Visier, die sich der sogenannten „Greenwashing“-Praktiken bedienen, also irreführende Umweltversprechen machen, um das umweltbewusste Kaufverhalten von Verbrauchern auszunutzen. Beispielhaft wird die Klage gegen Clorox genannt, die GLAD-Müll- und Küchenbeutel als „50 Prozent Ozeanplastik“ beworben hatten, was laut ACCC nicht den Tatsachen entspricht.
In einem weitreichenden Reformschritt wird das Wettbewerbsrecht ab 2026 angepasst, so dass Unternehmen größere Fusionen und Übernahmen vorab bei der ACCC anmelden und von ihr genehmigen lassen müssen. Dies soll verhindern, dass Wettbewerbsregeln erst nachträglich vor Gericht durchgesetzt werden, was häufig eine Reaktion auf bereits vollzogene Transaktionen bedeutet. Die neuen Gesetze werden es der ACCC ermöglichen, proaktiver gegen marktbeherrschende Strukturen vorzugehen und so den Wettbewerb lebendiger zu gestalten. Für Unternehmen, die in der Vergangenheit häufig Zukäufe getätigt haben, ohne diese zu melden, bedeutet dies eine erhebliche Umstellung und mehr Transparenzpflichten. Auch wenn die Herausforderungen aktuell groß sind, signalisiert die ACCC unter der Führung von Gina Cass-Gottlieb eine klare strategische Ausrichtung: Verbraucher besser schützen, Markttransparenz erhöhen und durch schärfere Wettbewerbsregeln faire Bedingungen für alle Marktteilnehmer schaffen.
Vor dem Hintergrund der mögliche Lockerung der Kryptoregelungen in den USA und der stagnierenden Konkurrenzsituation in der Luftfahrt ist die Arbeit der Regulierungsbehörde für Australiens wirtschaftliche Stabilität und für die Verbraucher von herausragender Bedeutung. Nur durch sorgfältige Kontrolle und konsequente Durchsetzung von Regeln kann verhindert werden, dass Verbraucher weiter hohen Risiken ausgesetzt sind oder unter monopolistischen Preisstrukturen leiden. Diese Entwicklungen sollten daher von Konsumenten, Investoren und Wirtschaftspolitikern mit großer Aufmerksamkeit verfolgt werden.