Für viele Gründer gehört die Suche nach der richtigen Führungskraft zu den herausforderndsten Aufgaben in der Aufbauphase eines Startups. Insbesondere die Einstellung eines Executive Officers, wie eines Chief Operating Officers (COO), wird häufig als kritischer Wendepunkt angesehen, der den langfristigen Erfolg maßgeblich beeinflusst. Zugleich erfordert dieser Prozess ein hohes Maß an Zeit, Ressourcen und oft auch eine gehörige Portion Weitsicht – Faktoren, die in der hektischen Anfangsphase eines jungen Unternehmens rar sind. Eine zunehmend populäre Lösung heißt daher: Fractional Executive, also ein Teilzeit- oder „gemieteter“ Führungskraft, der flexibel eingesetzt wird und dabei hilft, drängende Managementaufgaben zu bewältigen, ohne die Verpflichtungen eines Vollzeitjobs einzugehen. Der Begriff „Fractional COO“ bezeichnet eine erfahrene Führungspersönlichkeit, die auf Teilzeitbasis in Unternehmen eingebunden wird.
Sie agiert dabei weit mehr als ein reiner Berater, da sie aktiv im Tagesgeschäft mitwirkt und Verantwortung übernimmt. Im Unterschied zu klassischen Consultants oder externen Beratern ist ein Fractional Exec ein interner Ansprechpartner, der sich tief in das Unternehmen integriert, um strategische und operative Herausforderungen pragmatisch anzugehen. Damit bietet ein Fractional COO eine Mischung aus operativem Management und strategischer Beratung, die insbesondere Startups in Umbruchphasen große Vorteile bringt. Der Bedarf an fractional executives ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Dies liegt nicht nur an der Pandemie, die viele Führungskräfte zu mehr Flexibilität bewogen hat, sondern auch an dem Wunsch erfahrener Manager, ihre Kompetenz auf Projektbasis und unter freieren Arbeitsbedingungen einbringen zu können.
Gleichzeitig profitieren Startups von der Expertise, die sonst nur mit viel finanziellem Aufwand langfristig einkaufbar wäre. Durch die modulare Einbindung können gezielt Lücken im Führungsteam geschlossen werden, die sich im Entwicklungsprozess eines Startups auftun. Ein Fractional COO ist besonders hilfreich, wenn ein Unternehmen vor einem kritischen Wachstumsschub steht oder sich mit einem einschneidenden Wandel konfrontiert sieht. Sei es die Vorbereitung auf eine Finanzierungsrunde, der Aufbau neuer Funktionen wie HR oder Business Operations oder die Lösung von internen Engpässen – der Fractional Executive fungiert als erfahrener Lotse, der das Startup steuert und gleichzeitig das interne Team weiterentwickelt. Die Flexibilität der Teilzeitrolle ermöglicht eine schnelle Einbindung, die normalerweise bei der Suche nach einer Vollzeitkraft mehrere Monate in Anspruch nehmen würde.
Die Entscheidung, ob ein Fractional Executive oder eine Vollzeitkraft eingestellt werden soll, erfordert eine sorgfältige Analyse der individuellen Situation. Die Herausforderungen liegen häufig darin, dass Profile für Führungspositionen in jungen Startups sich schnell ändern und der Talentmarkt nicht immer die passende Kandidatin oder den passenden Kandidaten hergibt. Darüber hinaus ist die Fehlbesetzung einer Schlüsselrolle mit hohen Kosten verbunden, sowohl finanziell als auch in puncto Teamdynamik und Wachstum. Fractional Führungskräfte können zudem dabei helfen, die richtigen Kriterien für eine spätere Vollzeitbesetzung zu definieren. Während ihrer Tätigkeit erkennen sie, welche Kompetenzen, Persönlichkeitsmerkmale und Erfahrungen tatsächlich gefragt sind und können diese Erkenntnisse an das Unternehmen weitergeben.
Sie entlasten die Gründer zudem von operativen Aufgaben, damit sich diese auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können. Die Rolle des Fractional COO ist besonders breit gefächert. Neben dem klassischen Management von Prozessen und Teams unterstützt er die Einführung und Optimierung von wichtigen Unternehmensfunktionen. Zum Beispiel kann er bei der Entwicklung eines fundierten Finanzmodells mitsamt Kostenkontrolle und Burn-Rate-Management helfen oder interne Prozesse skalierbar gestalten, sodass ein Wachstum ohne typische Kinderkrankheiten gelingt. Außerdem nimmt er oft eine beratende Funktion beim Aufbau von Personalmanagement, Leistungsbeurteilungssystemen und Unternehmenskultur wahr.
Ein weiteres entscheidendes Einsatzfeld sind Branchen- und funktionale Expertisen, die das Gründerteam mangels Erfahrung nicht abdecken kann. So kann ein Fractional CTO Technologiedebatten moderieren und Produktentwicklungsprozesse begleiten, ein Fractional CMO agiert als Brücke zwischen Vertrieb und Marketing und sorgt für klarere Positionierung, während ein Fractional CFO finanzielle Weitsicht sicherstellt. In all diesen Rollen dient der Teilzeit-Exec als Multiplikator, der die Kompetenzen im Unternehmen signifikant hebt. Der Begriff „mieten“ trifft die Wirklichkeit gut, denn solche Führungskräfte kommen mit klaren Zielvorgaben und sind für eine befristete Zeit im Unternehmen. Ihre Arbeit ist häufig auf ein definiertes Ergebnis oder die Überwindung spezifischer Herausforderungen ausgerichtet.
Nach Erfüllung dieser Mission ziehen sie sich wieder zurück, sodass sich das Startup langfristig intern neu aufstellen kann. Dieser Ansatz hilft unnötige Bindungen zu vermeiden und eröffnet mehr Agilität und Kostenkontrolle. Auch im Hinblick auf das Produkt-Markt-Fit (PMF) spielt ein Fractional COO eine signifikante Rolle. Gerade in frühen Phasen eines Startups ist die Priorität auf schnelles Lernen und Iteration unverzichtbar. Fractional Execs bringen durch ihre Erfahrung die nötige Struktur und Disziplin, um Hürden zu identifizieren und zu adressieren, ohne die Gründer in ihrem Innovationsprozess zu stark zu verlangsamen.
Sie unterstützen bei der Optimierung von Abläufen, der Priorisierung von Ressourcen und der Entwicklung von Führungskompetenz innerhalb des Teams, was zu einer beschleunigten Validierung von Geschäftsideen führen kann. Die Praxis zeigt, dass Fractional Führungskräfte vor allem dort ihre Wirkung entfalten, wo es gilt, vermeidbare Fehler zu verhindern und das Team funktional zu stärken. Sie sind keine Ersatzlösung für Gründer, sondern ergänzen deren Fähigkeiten gezielt. Durch die enge Verzahnung mit dem Team vermeiden sie typische Fehlentscheidungen, die aus mangelnder Erfahrung entstehen können, und fördern nachhaltiges Wachstum. Bei der Auswahl und Integration eines Fractional Execs sollten Gründer besonders auf den kulturellen Fit achten.
Die Zusammenarbeit erfolgt oft eng und erfordert gegenseitiges Vertrauen und transparente Kommunikation. Eine gut durchdachte Projektphase mit klar abgegrenzten Zielen erleichtert das gegenseitige Kennenlernen und sorgt für Vermeidung von Missverständnissen. Empfehlenswert ist ein zeitlich begrenzter Testlauf, in welchem beide Seiten die Zusammenarbeit evaluieren und Vertrauen aufbauen können. Die Kostenstruktur ist ein weiterer Vorteil von Fractional Executives. Anstatt hohe Vollzeitgehälter zu zahlen, können Startups auf projekt- oder stundenbasierte Modelle zurückgreifen, die Budget und zeitlichen Aufwand besser steuern lassen.
So lässt sich eine breite Palette von Fähigkeiten in Anspruch nehmen, ohne finanziell überfordert zu sein. Trotz all dieser Vorteile ist ein Teilzeit-Führungskraft nicht für alle Unternehmensphasen und -situationen die optimale Lösung. In frühen Entwicklungsstadien, bei denen die Kernproduktentwicklung im Vordergrund steht, sind oftmals Vollzeit- Entwickler oder Produktverantwortliche wichtiger als Managementfunktionen. Später im Skalierungsprozess, wenn feste Strukturen und Rollen etabliert werden, sind kontinuierliche Führungspersonen gefragt. Ein guter Fractional COO wird deshalb immer darauf achten, ob und wann die Unternehmensphase einen dauerhaften Vollzeit-Führungskraft verlangt.
In Summe bietet ein Fractional Executive einen effektiven Kompromiss zwischen kurzfristigem Bedarf und langfristiger Planung. Insbesondere für Startups, die weder Zeit noch Ressourcen für langwierige Rekrutierungsprozesse haben, stellt dieses Modell eine attraktive Alternative dar. Es ermöglicht ihnen, erfahrene Experten einzubinden, ohne dabei volle Verpflichtungen eingehen zu müssen. Die Flexibilität, Expertise und Kostenkontrolle machen diesen Ansatz zu einer zunehmend populären und bewährten Strategie im Startup-Umfeld. Für Gründer, die über eine solche Zusammenarbeit nachdenken, gilt es vor allem, den eigenen Bedarf genau zu definieren und sich auf eine offene Partnerschaft einzulassen, die auf Vertrauen, klaren Zielen und pragmatischem Vorgehen basiert.
So kann ein Fractional COO weit mehr als ein Berater sein – er wird zum Katalysator, der das Startup auf seinem Weg von der Ideenphase zur nachhaltigen Skalierung begleitet und beschleunigt.