Michael Burry zählt zweifellos zu den bekanntesten und zugleich mutigsten Investoren der jüngeren Finanzgeschichte. Er wurde berühmt durch seine rechtzeitige Wette gegen den Immobilienmarkt vor der Großen Finanzkrise, die ihm und seinen Investoren enorme Gewinne einbrachte. Nun, mehr als ein Jahrzehnt später, beschäftigt seine jüngste Vorgehensweise wieder viele Marktbeobachter und Anleger. Nach Berichten über den fast vollständigen Verkauf seines Aktienportfolios und dem gleichzeitigem Kauf von Put-Optionen auf Nvidia entsteht der Eindruck, dass Burry erneut eine große Short-Position aufgebaut hat – ähnlich der, die ihm den Spitznamen „Big Short“ einbrachte. Die Entscheidung, fast sein gesamtes Aktienportfolio zu liquidieren und stattdessen verstärkt auf fallende Kurse zu setzen, ist ungewöhnlich.
Michael Burry ist bekannt dafür, meist nur auf einige wenige ausgewählte Werte zu setzen. Sein Portfolio umfasst gewöhnlich eine kleine Handvoll Aktien, weshalb ein radikaler Ausstieg und eine deutliche Wette auf sinkende Kurse den Eindruck erwecken, er sehe massive Risiken am Horizont. Besondere Aufmerksamkeit erregt dabei seine Positionierung gegenüber Nvidia. Das Unternehmen, das seit Jahren als einer der führenden Akteure im Bereich Grafikprozessoren und künstlicher Intelligenz gilt, war in den letzten Jahren ein großer Gewinner an den Börsen. Doch Burry scheint auf einen Kursrückgang zu setzen, indem er Put-Optionen erwarb, die ihn mit steigenden Gewinnen belohnen, sollte der Aktienkurs von Nvidia fallen.
Dies kann als Signal gesehen werden, dass er entweder mit einer Überbewertung rechnet oder von künftigen Nachteilen für das Unternehmen ausgeht. Neben Nvidia hat Burry auch Positionen in großen chinesischen Tech-Aktien wie Alibaba, Baidu, JD.com und PDD Holdings verkauft und ebenfalls Put-Optionen darauf gekauft. Diese Kombination lässt vermuten, dass Burry vor einem potenziellen Abschwung am chinesischen Markt warnen möchte. Die derzeitigen politischen Spannungen zwischen den USA und China, insbesondere im Bereich Handel und Zölle, könnten erhebliche Auswirkungen auf diese Unternehmen und den gesamten Markt haben.
Die Möglichkeit, dass hier eine neue „Big Short“-Geschichte entsteht, beruht auch auf dem Timing. Das erste Quartal 2025 war sehr volatil, teilweise ausgelöst durch tariffäre Spannungen und politische Unsicherheiten. Nach einem starken Anstieg der Aktienmärkte kam es ab April zu einem deutlichen Einbruch. Der Markt fiel bis zu 20 % von den Hochständen im Februar. Burry scheint diese Entwicklung vorausgesehen oder zumindest antizipiert zu haben und entsprechend reagiert zu haben.
Mit dem Verkauf seiner Long-Positionen und dem Aufbau von Put-Optionen hat er sich gegen das Risiko eines umfassenden Marktrückgangs abgesichert. Sollte die Korrektur anhalten oder sich verschärfen, könnten sich seine Wetten als außerordentlich lukrativ erweisen. Die Frage, die viele Investoren und Marktbeobachter jetzt stellen, ist, ob dies eine reine Absicherung gegen kurzfristige Risiken ist oder ob Burry tatsächlich weiterhin sehr pessimistisch für den Gesamtmarkt bleibt. Angesichts seiner Historie könnte man vermuten, dass er schon wieder eine übergeordnete Markttrendwende erwartet – möglicherweise ausgelöst durch geopolitische Entwicklungen, Zinsverschiebungen oder fundamentale wirtschaftliche Schwächen. Ein weiterer Aspekt, der nicht unbeachtet bleiben sollte, ist der Einfluss von Micheal Burrys Stil und öffentlicher Wirkung auf die Märkte.
Wie schon während der Finanzkrise kann das Wissen über seine Trades und seine Einschätzungen zu verstärkten Marktbewegungen führen, weil viele Anleger seine Schlüsse für besonders fundiert halten. Die Erinnerung an seinen früheren Erfolg mit dem „Big Short“ verstärkt die Beachtung besonders seiner ungewöhnlichen Positionsänderungen. Auch wenn nicht im Detail bekannt ist, zu welchen Preisen Michael Burry seine Positionen genau angepasst hat, so offenbaren die Quartalsberichte der SEC doch die wesentlichen Positionen seines Fonds Scion Asset Management per Ende März 2025. Daraus ist zu schließen, dass die Veränderungen im ersten Quartal schon vor der markanten April-Korrektur eingeleitet wurden. Dies untermauert die Theorie, dass Burry frühzeitig und gezielt auf bevorstehende Risiken aufmerksam machte.
Die Entscheidung, auf Unternehmen wie Nvidia Puts zu kaufen, ist aus einer fundamentalen Perspektive ebenfalls interessant, da Nvidia als Innovationsführer in Bereichen wie KI, Rechenleistung und Automobiltechnik gilt. Viele Analysten sehen darin weiterhin erhebliche Wachstumspotentiale. Burry könnte jedoch Zweifel sehen, ob das Wachstum den hohen Aktienkurs rechtfertigt oder er könnte auf makroökonomische Einflüsse setzen, die kurzfristig zu einer deutlichen Kurskorrektur führen. Insgesamt zeigt Michael Burrys Strategie, dass er auch heute weiterhin bereit ist, gegen den Mainstream zu setzen und unkonventionelle Wetten einzugehen. Seine Vorgehensweise erinnert daran, dass es in der Börsengeschichte immer wieder überraschende Wendungen geben kann und das genaue Timing eine zentrale Rolle spielt.