Der jüngste LIBRA-Kryptoskandal hat in Argentinien eine massive Welle der Kritik und Besorgnis ausgelöst, die nun zu einer offiziellen parlamentarischen Untersuchung führt. Nachdem der von Präsident Javier Milei beworbene LIBRA-Token innerhalb kürzester Zeit um fast 90 Prozent seines Wertes eingebrochen ist, hat das argentinische Unterhaus die Einrichtung einer Sonderkommission beschlossen, um die Hintergründe und Verantwortlichkeiten dieses Vorfalls zu analysieren. Der LIBRA-Absturz hat rund 75.000 Wallet-Besitzer getroffen, die in der Summe Verluste in Höhe von etwa 250 Millionen US-Dollar erlitten. Diese schockierende Entwicklung hat nicht nur das Vertrauen in Kryptowährungen in Argentinien erschüttert, sondern auch die politische Stabilität belastet, da die Regierung und insbesondere Präsident Milei selbst stark in die Kritik geraten sind.
Die Entscheidung zur Einrichtung der Kommission wurde am 9. April 2025 getroffen und zeugt von der Ernsthaftigkeit, mit der das argentinische Parlament die Angelegenheit behandelt. Mit einer knappen Mehrheit von 128 Stimmen bei 93 Gegenstimmen und sieben Enthaltungen wurde die Untersuchungskommission ins Leben gerufen. Diese erhält weitreichende Befugnisse, um Informationen von allen involvierten Stellen und Regierungsvertretern anzufordern, darunter hochrangige Funktionsträger wie der Wirtschaftsminister Luis Caputo, der Justizminister Mariano Cúneo Libarona, der Stabschef Guillermo Francos und der Leiter der Nationalen Wertpapierkommission Roberto Silva. Die Stimmen im Parlament spiegeln dabei eine gespannte politische Atmosphäre wider: Die Regierungspartei La Libertad Avanza verteidigt Präsident Milei vehement, während die Opposition vehement strafrechtliche und politische Konsequenzen fordert.
Der Ursprung des Skandals liegt in der kurzen, aber heftigen Popularitätswelle des LIBRA-Tokens, der auf der Blockchain-Plattform Solana basiert und ursprünglich als privates Projekt zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums Argentiniens durch Start-up-Finanzierungen propagiert wurde. Präsident Milei hatte die Kryptowährung öffentlich über seinen offiziellen Account bei X (ehemals Twitter) beworben, was maßgeblich zum Anstieg der Marktkapitalisierung auf rund 4,5 Milliarden US-Dollar beitrug. Doch binnen weniger Stunden stürzte der Wert des Tokens am 14. und 15. Februar fast dramatisch ab.
In der Nähe des Absturzes löschte Milei seinen Werbepost und erklärte, er habe keine Detailkenntnisse zum Projekt gehabt. Dieser Rückzug sorgte für weitere Skepsis und Vorwürfe. Parallel zum parlamentarischen Verfahren läuft eine gerichtliche Untersuchung, die mögliche Verbindungen zwischen Präsident Milei und den Entwicklern des Tokens prüft. Im März 2025 forderte ein argentinischer Rechtsanwalt die Festnahme von Hayden Davis, CEO des Start-ups Kelsier Ventures, welches als Initiator des LIBRA-Projekts gilt und das Tokenvermarktungsgeschehen maßgeblich beeinflusst hatte. Berichten zufolge traf Davis Präsident Milei bereits im Januar, knapp einen Monat vor dem offiziellen Launch des Tokens, und präsentierte ihm die Idee.
Die juristische Aufarbeitung soll klären, ob es Absprachen oder illegale Vermarktungspraktiken gab. Der LIBRA-Skandal ist nicht Mileis erster Anlaufpunkt in der Welt der Kryptowährungen und deren turbulanten Märkte. Bereits 2022 sah sich Milei mit Klagen von Investoren konfrontiert, die ihn für die Bewerbung der Investitionsplattform CoinX verantwortlich machten, die hohe Renditen versprach, jedoch nicht liefern konnte. Die wiederholten Krypto-Fehltritte haben die Glaubwürdigkeit des Präsidenten im Finanz- und Investitionssektor erheblich beschädigt und lassen eine tiefe Debatte über die Regulierung von Kryptowährungen in Argentinien aufkommen. Die nun eingesetzte Kommission hat die Aufgabe, sämtliche Aspekte des LIBRA-Projekts zu beleuchten – angefangen bei der Integration des Tokens in den öffentlichen Raum durch politische Akteure bis hin zur Marktentwicklung, den Gründen für den drastischen Wertverlust und den Folgen für die Investoren.
Vertreter der Opposition fordern eine umfassende Prüfung, um verantwortliche Personen zur Rechenschaft zu ziehen und potenziellen Schaden für die argentinische Wirtschaft zu vermeiden. Dabei wird auch der Einfluss des Präsidenten auf den Finanzmarkt und mögliche Interessenskonflikte untersucht. Die politischen Spannungen innerhalb Argentiniens verstärken sich weiter, da die Regierungspartei La Libertad Avanza die Untersuchungen teils als politische Kampagne gegen Milei abtut. Einige Stimmen innerhalb der Partei betonen die wirtschaftlichen Erfolge Argentiniens in den letzten Jahren und sehen im Skandal eine Ablenkungstaktik der Opposition. Dennoch wächst der öffentliche Druck auf Milei und sein Kabinett, transparent zu agieren und Vertrauen zu schaffen.
Der Fall ist nicht nur für Argentinien von Bedeutung, sondern auch für die internationale Kryptowährungs-Community. Er wirft wichtige Fragen zur Regulierung, Sicherheit und Transparenz von digitalen Vermögenswerten auf und zeigt die Risiken auf, die mit der politischen Vermischung von Kryptowährungen verbunden sind. Während weltweit Regierungen versuchen, einen rechtlichen Rahmen für die boomende Krypto-Branche zu schaffen, wird in Argentinien exemplarisch sichtbar, wie eine fehlende Kontrolle und übermäßige Prominenz zu massiven finanziellen Schäden und politischem Aufruhr führen können. Die Auswirkungen auf die argentinische Wirtschaft und das Vertrauen der Öffentlichkeit in Finanzinnovationen sind erheblich. Die 75.
000 direkt betroffenen Investoren stehen vor enormen Verlusten und fordern entweder Entschädigung oder zumindest klare Schritte zur Verhinderung ähnlicher Vorfälle in Zukunft. Zudem beobachten Finanzexperten und Marktanalysten genau, wie die Sonderkommission ihre Arbeit verrichtet und welche Maßnahmen darauf folgen werden. Bei aller Unsicherheit ist klar, dass der LIBRA-Kryptoskandal Argentiniens Umgang mit digitalen Währungen und die Rolle staatlicher Akteure grundlegend prägen wird. Die laufenden Untersuchungen bieten eine Chance, die Regeln für Kryptowährungen zu verschärfen und die nötige Transparenz in einem bislang noch weitgehend unregulierten Markt zu schaffen. Argentinien steht an einem Wendepunkt, an dem politische Verantwortung und Finanzmarktregulierung eng miteinander verwoben sind.
Der Ausgang der Untersuchung wird zeigen, wie das Land das Gleichgewicht zwischen Innovation und Verbraucherschutz in einer zunehmend digitalisierten Welt herstellen kann.