Die Angst, etwas zu verpassen, besser bekannt als FOMO (Fear of Missing Out), ist ein Phänomen, das viele Menschen in unserer vernetzten und erlebnisorientierten Welt betrifft. Oft wird angenommen, dass FOMO hauptsächlich durch aufregende Events oder exklusive Partys ausgelöst wird, bei denen man nicht dabei sein kann. Doch neueste wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass es bei FOMO viel mehr um die soziale Bindung und das Bedürfnis nach Zugehörigkeit geht als um das eigentliche Ereignis. FOMO – eine komplexe soziale Angst FOMO beschreibt die Angst oder das Unbehagen, das entsteht, wenn man glaubt, andere Menschen erleben etwas Wertvolles, und man selbst ist nicht Teil davon. Dabei geht es um die Befürchtung, wichtige soziale Interaktionen zu verpassen, die die eigene Stellung innerhalb der Gemeinschaft gefährden könnten.
Das Spannende daran ist, dass dieses Gefühl nicht unbedingt mit Spaß oder der Attraktivität des Ereignisses zusammenhängt. Selbst langweilige oder unangenehme Situationen können starke FOMO-Gefühle auslösen, wenn diese mit wichtigen sozialen Kontakten verbunden sind. Soziale Bindung als zentraler Faktor Neuere Studien von Marketingprofessorinnen und Sozialpsychologinnen haben belegt, dass FOMO vor allem die Angst widerspiegelt, soziale Nähe und wichtige Beziehungen zu verlieren. Menschen fürchten nicht primär, die Veranstaltung selbst zu verpassen, sondern die Möglichkeit, sich mit engen Freunden, Kolleginnen oder Teams zu verbinden und gemeinsam Erinnerungen zu schaffen. Diese Bindungen sind für viele ein wichtiger Bestandteil des eigenen Selbstwertgefühls und psychischen Wohlbefindens.
Das Gefühl der Ausgrenzung und seine Folgen Wenn man sich vorstellt, dass sich die engsten Freundinnen und Freunde ohne einen zu einem Abendessen oder einer gemeinsamen Aktivität treffen, kann dies eine tiefe Unsicherheit auslösen. Die Gedanken kreisen darum, wie sich die Abwesenheit auf die eigenen sozialen Beziehungen auswirkt. Wird man weniger wichtig für die Gruppe? Bleibt man im sozialen Gefüge außen vor? Solche Gedanken können Angstzustände verstärken und dazu führen, dass sich Betroffene zunehmend isoliert fühlen. Anxious Attachment – Menschen mit erhöhter FOMO Ein weiterer relevanter Aspekt ist der Einfluss von Persönlichkeitsmerkmalen, wie zum Beispiel ein ängstlicher Bindungsstil. Personen mit einer solchen Neigung fürchten Ablehnung und Isolation besonders stark und erleben darum intensivere FOMO-Gefühle.
Untersuchungen haben gezeigt, dass das Scrollen durch soziale Medien diese Angst verstärkt, weil Betroffene verstärkt auf Posts stoßen, die soziale Ereignisse zeigen, an denen sie nicht teilgenommen haben. FOMO trotz uninteressanter Events Was passiert aber, wenn das verpasste Ereignis weder besonders aufregend noch spaßig ist? Die Forschung zeigt, dass selbst langweilige oder unangenehme Treffen, bei denen wichtige soziale Interaktionen stattfinden, FOMO auslösen können. Es geht weniger darum, ob das Ereignis an sich Freude bereitet, sondern ob die sozialen Bindungen anwesend sind. So können auch stressige oder traurige Situationen, wie eine Beerdigung oder das gemeinsame Bewältigen von Herausforderungen, FOMO erzeugen, weil sie in emotionaler Hinsicht eng verbinden. Die Rolle der sozialen Medien Soziale Medien sind heute ein zentrales Spielfeld, auf dem FOMO entsteht und sichtbar wird.
Kontinuierlich scrollen Nutzer durch Inhalte, die ihnen Situationen zeigen, bei denen Freunde und Bekannte präsent sind. Dies verstärkt die Angst, ausgeschlossen zu sein. Gleichzeitig kann das ständige Vergleichen mit anderen die Selbstwahrnehmung beeinträchtigen und Ängste verstärken. Effektive Strategien gegen FOMO Viele Ratschläge zielen darauf ab, die Nutzung sozialer Medien einzuschränken oder gar auszuschalten, um FOMO zu vermeiden. Diese Maßnahmen können zwar Symptome lindern, greifen aber oft zu kurz, denn sie behandeln nicht die Ursache – die Angst vor sozialem Ausschluss.
Eine wirksame Methode besteht darin, sich vor Augen zu führen, dass soziale Zugehörigkeit nicht nur von einzelnen Events abhängt. Das bewusste Erinnern an positive gemeinsame Erlebnisse mit engen Freunden kann das Sicherheitsgefühl stärken und FOMO reduzieren. Studien zeigen, dass Menschen, die sich vor dem Bewertungszeitpunkt an solche intensiven sozialen Momente erinnerten, deutlich geringere FOMO-Werte angaben. Zugehörigkeit reflektieren und Selbstwert stärken Die bewusste Reflektion über wertvolle soziale Bindungen vermittelt Sicherheit und die Erkenntnis, dass das eigene soziale Netzwerk stabil ist, selbst wenn man momentan ein Event verpasst. Dies kann insbesondere Menschen mit ängstlichen Bindungsstilen helfen, aus dem Spiraleffekt negativer Gedanken auszubrechen.
JOMO – die Freude am Verpassen Alternativ zum FOMO-Konzept gewinnt das Pendant JOMO (Joy of Missing Out) an Bedeutung. Es steht für die bewusste Entscheidung, bestimmte Ereignisse auszulassen und dabei das positive Gefühl der Freiheit und Ruhe zu genießen. JOMO richtet den Fokus auf das eigene Wohlbefinden und die Wertschätzung vorhandener sozialer Beziehungen, ohne sich durch jede Absenz bedroht zu fühlen. Fazit FOMO ist weitaus komplexer als nur die Angst, ein spannendes Ereignis zu verpassen. Im Kern steht die menschliche Sehnsucht nach Zugehörigkeit und Bindung zu anderen.
Selbst vermeintlich uninteressante oder unangenehme Ereignisse können FOMO auslösen, wenn sie für die soziale Vernetzung wichtig sind. Strategien, die das Gefühl sozialer Sicherheit stärken, wie das bewusste Nachdenken über bereits geteilte Erfahrungen, helfen, die Angst zu mildern. Indem wir lernen, wertvolle Beziehungen zu reflektieren und das Verpassen mancher Ereignisse als Chance für Selbstfürsorge zu sehen, können wir FOMO erfolgreich begegnen und unsere psychische Gesundheit stärken.