Die Nominierung von Dr. Casey Means als US-Gesundheitsbeauftragte (Surgeon General) hat eine Welle der Aufmerksamkeit und Kritik ausgelöst. Means ist vor allem als Wellness-Influencerin und Gründerin eines Gesundheitsstartups bekannt, verfügt jedoch nicht über eine vollständige medizinische Ausbildung oder eine offizielle ärztliche Lizenz. Ihre Verbindung zu Robert F. Kennedy Jr.
, dem aktuellen US-Gesundheitsminister, und ihr Engagement für die sogenannte „Make America Healthy Again“ (MAHA)-Initiative prägen die Diskussion rund um ihre Eignung für diese einflussreiche Position. Die Rolle des Surgeon General ist in den USA eine der wichtigsten Amtsstellen im Gesundheitswesen. Er oder sie fungiert als nationale Stimme in Fragen der öffentlichen Gesundheit, gibt wichtige Handlungsempfehlungen heraus und koordiniert Maßnahmen gegen Gesundheitsrisiken. Dass eine Person ohne staatlich anerkannte medizinische Zulassung für dieses Amt vorgeschlagen wird, wirft zahlreiche Fragen auf – insbesondere angesichts der komplexen Herausforderungen, von der Bekämpfung chronischer Krankheiten bis hin zur Steuerung von Notfallmaßnahmen bei Epidemien. Dr.
Means hat ihre Karriere als eine eher unkonventionelle angesehen. Sie begann eine chirurgische Facharztausbildung an der renommierten Stanford University, brach diese jedoch ab. Sie gab an, sich von der traditionellen Medizin enttäuscht zu fühlen, da sie den Fokus auf natürliche Heilmethoden und Lifestyle-Änderungen bevorzugt. Means gründete Levels, eine Firma, die sich auf die Überwachung von Blutzuckerwerten und anderen Gesundheitsmetriken spezialisiert hat. Über Social-Media-Kanäle hat sie sich eine große Anhängerschaft aufgebaut, indem sie alternative Gesundheitstheorien propagiert und eine Rückkehr zu natürlichen Lebensweisen fordert.
Eine besondere Rolle in der öffentlichen Wahrnehmung spielt ihre Verknüpfung mit Robert F. Kennedy Jr., einem umstrittenen Gesundheitsminister, der selbst wegen seiner skeptischen Haltung gegenüber Impfungen und staatlichen Gesundheitsrichtlinien im Fokus der Kritik steht. Means und ihr Bruder Calley Means warb für Kennedy während dessen Präsidentschaftswahlkampf und unterstützt gemeinsam seine „MAHA“-Agenda. Diese Initiative zielt darauf ab, die Lebensmittelindustrie durch das Entfernen von Chemikalien und unnötigen Zusatzstoffen zu reformieren, Gesundheitssysteme zu entfiltern und chronische Krankheiten in den USA einzudämmen.
Die „MAHA“-Agenda beinhaltet neben einer drastischen Umgestaltung der Ernährungspolitik auch Vorschläge wie das Verbot von Fluorid im Trinkwasser und strenge Reformen der Sozialhilfesysteme. Diese Vorschläge stoßen auf ein gespaltenes Echo: Während einige in der konservativen Politik und unter Teilen der Bevölkerung auf Unterstützung treffen, warnen Gesundheitsexperten vor vereinfachten Ansätzen und potenziellen wissenschaftlichen Fehlinterpretationen. Besonders kritisch wird ihre fehlende medizinische Zulassung gesehen. Während Janette Nesheiwat, Trumps ursprüngliche Nominierung, ebenfalls umstritten war, verfügte diese wenigstens über formelle medizinische Qualifikationen und Erfahrung als ärztliche Kommentatorin bei Fox News. Der Umstand, dass Dr.
Means weder eine abgeschlossene Facharztausbildung besitzt noch eine staatliche Zulassung zum Arzt hat, wird von Fachleuten als erhebliche Schwäche eingeschätzt und lässt Zweifel an ihrer Fähigkeit aufkommen, ein Amt zu bekleiden, das wissenschaftliche Genauigkeit und gesundheitspolitische Verantwortung erfordert. Means´ Haltung zu Impfungen ist ein weiteres Reizthema. Obwohl sie nicht direkt antiimpflich agiert, fordert sie auf ihrer Website vermehrte Untersuchungen zur Impfstoffsicherheit und eine erleichterte rechtliche Handhabe für Patienten im Falle von Impfschäden. Diese Position entspricht teilweise der skeptischen Agenda von Robert F. Kennedy Jr.
, der pandemiebezogene Maßnahmen stark kritisiert hat. Insbesondere seit der Covid-19-Pandemie sind solche Ansichten sehr kontrovers und können das Vertrauen in öffentliche Gesundheitspolitiken gefährden. In ihrer 2024 gemeinsam mit ihrem Bruder veröffentlichten Publikation vertritt Dr. Means die These, dass viele chronische Erkrankungen wie Alzheimer, Depressionen und sogar erektile Dysfunktion auf eine ungesunde Lebensweise und belastete Zellen zurückzuführen seien. Sie sieht die Verantwortlichen primär in der modernen Lebensmittelindustrie, die mit verarbeiteten Lebensmitteln und chemischen Zusätzen die Bevölkerung krank mache und Menschen abhängig von Medikamenten mache.
Obwohl das Problem ungesunder Ernährung in den USA weitgehend anerkannt ist, wird ihre vereinfachende Interpretation von Ernährungswissenschaftlern abgelehnt. Ernährungsforscher wie Gabby Headrick von der George Washington University erklären, dass es in der Realität eine große Vielfalt an verarbeiteten Lebensmitteln gibt, von denen nicht alle gleichermaßen gesundheitsschädlich sind. Granola, Erdnussbutter und sogar einige Snacks fallen unter diese Kategorie, jedoch mit sehr unterschiedlichen Auswirkungen auf die Gesundheit. Eine pauschale Verteufelung der Lebensmittelindustrie ohne differenzierte wissenschaftliche Untersuchung wird als nicht zielführend angesehen. Auch ihr Verdienst als Unternehmerin wird unterschiedlich bewertet.
Levels ist ein innovatives Unternehmen in der Gesundheitsbranche, das mit datengetriebenem Tracking von Vitalwerten eine Nische bedient. Dennoch wird ihre unternehmerische Tätigkeit auf Kosten von anderen, die Nahrungsergänzungsmittel und weitere Wellness-Produkte über ihre Social-Media-Präsenz bewerben, kritisch gesehen. Die Grenze zwischen evidenzbasierter Gesundheitsberatung und kommerzieller Vermarktung ist in ihrem Fall oft schwer zu ziehen. Die politische Dimension der Nominierung von Casey Means spiegelt auch breitere Trends in der US-Gesundheitspolitik wider, in der populistische und teils pseudowissenschaftliche Positionen an Einfluss gewinnen. Präsident Donald Trump bringt mit der Entscheidung zum Ausdruck, dass er auch unkonventionelle Wege gehen will, um seine Agenda durchzusetzen.
Die Zurückziehung der ersten Nominierung Nesheiwat und die erneute Aufstellung einer Figur wie Means deuten auf interne Spannungen und Friktionen innerhalb seiner Regierung hin. Die gesundheitspolitische Community und Medien verfolgen die Entwicklung mit großer Skepsis. Die Frage, ob eine Wellness-Influencerin ohne medizinische Lizenz die komplexen Herausforderungen im Gesundheitswesen der USA bewältigen kann, wird breit diskutiert. Experten warnen davor, dass solche Ernennungen die Wissenschaft delegitimieren und die Grundlage für evidenzbasierte Entscheidungen gefährden könnten. Die politische Klientel, aus der Dr.
Means und ihr Bruder stammen, hat zudem weitere Forderungen auf ihrer Agenda, die von Restriktionen bei Sozialleistungen bis hin zu tiefgreifenden Reformen im öffentlichen Gesundheitssektor reichen. Ob diese Ansätze praktikabel oder wünschenswert sind, bleibt ein umstrittenes Thema, das neben wissenschaftlichen auch ethische und soziale Fragen aufwirft. Zusammenfassend ist die geplante Ernennung von Casey Means zum US-Gesundheitsbeauftragten ein Fall, der zeigt, wie sich Gesundheitslenkung und Politik in den USA auf ungewöhnliche Weise überschneiden können. Die Debatte um ihre Qualifikation, ihre Ideologien und ihre politische Verbundenheit ist Ausdruck eines gespaltenen Umfelds, in dem traditionelle Expertise und alternative Gesundheitskonzepte frontal aufeinanderprallen. Die Entscheidung des Senats bei der Bestätigung ihrer Ernennung wird mit Spannung erwartet und könnte nicht nur symbolisch für die Ausrichtung der US-Gesundheitspolitik in den kommenden Jahren stehen, sondern auch aufzeigen, wie Wissenschaft und populärer Wellness-Trend künftig interagieren werden.
Es bleibt abzuwarten, ob Casey Means ihre Plattform für wirkliche Veränderungen nutzen oder ob ihre Ernennung vor allem ein Beispiel für Polarisierung und Debatte über wissenschaftliche Kompetenz in herausgehobenen Positionen bleiben wird.