Dollar General, eine der größten und bekanntesten Discounterketten in den USA, hat im Laufe des vergangenen Jahres eine markante strategische Veränderung umgesetzt. Das Unternehmen hat nahezu alle Selbstbedienungskassen aus seinen Filialen entfernt, um sich auf traditionellere Kassensysteme mit Bedienpersonal zu konzentrieren. Diese Maßnahme führte nicht nur zu einer besseren Kontrolle der Warensicherung, sondern sorgte auch für messbare Verbesserungen bei der Wirtschaftlichkeit und Kundenzufriedenheit. Dollar General meldete kürzlich seine Ergebnisse für das erste Quartal 2025 und damit ein Jahr nach der Umstellung. Dabei konnte das Unternehmen einen bemerkenswerten Anstieg der Gewinnspanne bei gleichzeitig geringeren Verlusten durch Warenschwund (Shrink) verzeichnen.
Diese Entwicklung überrascht manche Beobachter, zumal Selbstbedienungssysteme in anderen Handelssegmenten lange als Weg in die Zukunft galten. Der Begriff Warenschwund spielt im Einzelhandel eine entscheidende Rolle, da er den Verlust von Waren durch Diebstahl, Fehler in der Warenwirtschaft oder Beschädigungen beschreibt. Für Dollar General war dieses Thema lange ein gravierendes Problem und wurde als einer der größten Kostentreiber genannt. CEO Todd Vasos bezeichnete Shrink noch vor einem Jahr als den bedeutendsten Gegenwind im Geschäft. Durch die Beseitigung der Selbstbedienungskassen und eine Wiederbelebung und Verbesserung der Ladenstrukturen hat Dollar General nun hier gegenzusteuern vermocht.
Im ersten Quartal 2025 stiegen die Bruttomargen um 78 Basispunkte auf 31 Prozent, was in Kombination mit einer fast 8 prozentigen Nettoertragssteigerung auf 392 Millionen US-Dollar ein deutliches Zeichen für den Erfolg der neuen Strategie setzt. Trotz eines leichten Rückgangs bei den Kundenzahlen um 0,3 Prozent konnte die Kette ein Wachstum bei den Vergleichsverkäufen von 2,4 Prozent ausweisen. Dies ist vor allem auf eine Steigerung des durchschnittlichen Warenkorbwerts um 2,7 Prozent zurückzuführen. Diese Zahlen belegen, dass die Kunden weiterhin gerne bei Dollar General einkaufen und teilweise sogar mehr ausgeben als zuvor. Die Investitionen in die Verbesserung der Ladenstruktur, das Merchandising und eine effizientere Personalplanung tragen somit Früchte.
Neben der Rückkehr zu traditionellen Kassensystemen wurde die Ladenerfahrung insgesamt aufgewertet. Projekt Elevate und Projekt Renovate sind zwei Initiativen, unter denen hunderte von Filialen modernisiert oder neu gestaltet wurden. Allein im ersten Quartal wurden 156 neue Läden eröffnet und über 1.200 bestehende Geschäfte renoviert. Das Ziel von Dollar General ist ambitioniert: jährlich soll rund ein Fünftel des Ladenportfolios verbessert werden, um sowohl den Betrieb zu optimieren als auch die Kundenzufriedenheit langfristig zu steigern.
CEO Vasos betont immer wieder, dass die Standards in den Geschäften so gut seien wie seit langem nicht mehr und sich Quartal für Quartal weiter verbessern. Solche Verbesserungen zeigen sich unter anderem darin, dass weniger Filialen mit schlechten Bestands- und Aufräumzuständen zu kämpfen haben. Einzelne Probleme wie eng gestellte Kisten oder mitunter störende Lagerkäfige sind zwar noch vereinzelt vorhanden, konnten aber durch bessere Personalplanung und gezielte Arbeitszeitinvestitionen erheblich verringert werden. Die Veränderung bei Dollar General ist auch ein Spiegelbild der Entwicklungen im Einzelhandel allgemein. Lange galt die Automatisierung als Allheilmittel, um Kosten zu senken und Prozesse zu beschleunigen.
Doch der Verzicht auf Selbstbedienungskassen demonstriert, dass technologischer Fortschritt nicht immer unweigerlich zu mehr Effizienz führt. Im Gegenteil zeigte sich bei Dollar General, dass der menschliche Faktor an der Kasse nicht nur die Sicherheit erhöht, sondern auch das Einkaufserlebnis verbessert, was wiederum höhere Umsätze ermöglicht. Das Unternehmen schafft so ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen Technik, Betriebsführung und persönlichem Service. Ein weiterer wichtiger Faktor, der die Widerstandsfähigkeit von Dollar General gegen wirtschaftliche Unsicherheiten und Handelskonflikte stärkt, ist die Diversifizierung der Lieferkette. Das Management hat den Anteil der Direktimporte aus China deutlich reduziert – von ehemals über 70 Prozent auf unter 70 Prozent – und auch bei indirekten Importen wurde der Anteil aus China auf unter 40 Prozent gesenkt.
Diese strategische Anpassung hilft dem Unternehmen, Auswirkungen von Zöllen und Handelsbeschränkungen besser abzufedern. Gleichzeitig wird mit Lieferanten enger zusammengearbeitet, um Kosten zu teilen und alternative Bezugsquellen zu identifizieren. Dadurch ist Dollar General weniger anfällig gegenüber einzelnen geopolitischen Risiken, was in der aktuellen Wirtschaftslage ein Pluspunkt ist. Die wirtschaftliche Lage und die sich verändernden Konsumgewohnheiten stellen den Einzelhandel weiterhin vor Herausforderungen. Viele Verbraucher achten zunehmend auf Preise und Wert, was Dollar General mit seinem Discountkonzept entgegenkommt.
Die Maßnahmen zur Verbesserung des Ladenstandards sicherten nicht nur die Rentabilität, sondern unterstreichen auch, dass Qualität und preiswerte Angebote Hand in Hand gehen können. Das Unternehmen zeigt, dass traditionelle Einzelhandelskonzepte durch gezielte Modernisierung durchaus mit den Anforderungen der Gegenwart Schritt halten. Analysten wie Neil Saunders von GlobalData sehen in Dollar General ein Beispiel für erfolgreiche Prozessoptimierung im Discountsegment. Zwar gibt es noch kleinere Probleme, doch die Bemühungen, durch bessere Personaleinsatzplanung und Minimierung von Unordnung in den Geschäften die Warenschwundrate zu senken, zeigen Wirkung. Das Unternehmen kann dadurch signifikante finanzielle Vorteile realisieren, die sich unmittelbar in der Bilanz niederschlagen.
Dieses Wachstum bei gleichzeitig geringeren Risiken wird von Investoren und Marktbeobachtern positiv bewertet. Insgesamt bietet das Beispiel Dollar General wertvolle Einblicke in die Komplexität moderner Einzelhandelsführung. Die Entscheidung, nahezu alle Selbstbedienungskassen zu entfernen, war mutig und löste viele Diskussionen aus. Das Ergebnis liegt jedoch klar auf der Hand: bessere Betriebsergebnisse, geringere Verluste durch Shrink und ein stärkeres Markenerlebnis. Die Strategie erinnert daran, dass Fortschritt nicht immer nur Technologie bedeutet, sondern die Kunst ist, Prozesse ganzheitlich zu betrachten und entsprechend zu handeln.
Das anhaltende Wachstum bei den Vergleichsverkäufen trotz eines leichten Rückgangs bei der Kundenfrequenz verdeutlicht zudem, dass Mehrwert und Convenience sich auszahlen. Dollar General investiert weiter in den Ausbau seines Netzwerks mit rund 575 neuen Läden in den USA und bis zu 15 weiteren in Mexiko für das Jahr 2025. Die kontinuierliche Modernisierung bestehender Filialen durch Projekte wie Elevate sorgt zudem dafür, dass die Marke für Kunden attraktiv bleibt und den Herausforderungen des Marktes gewachsen ist. Zusammenfassend zeigen die Entwicklungen bei Dollar General, wie eine bewusste Abkehr von übermäßiger Technologisierung zugunsten einer verbesserten menschlichen Komponente im Handel nachhaltige Erfolge ermöglicht. Die Schwerpunktsetzung auf geringere Warenschwundraten, verbesserte Marge und optimierte Geschäftsprozesse macht Dollar General auch künftig zu einem wichtigen Player im Discount-Einzelhandel.
Für Branchenbeobachter und Wettbewerber bietet das Beispiel auch wertvolle Impulse, wie der Einzelhandel Wege aus schwierigen Marktbedingungen finden kann. Die Kombination aus modernisierten Filialen, besserem Service und einer stabileren Lieferkette zeigt das Potenzial eines verantwortungsbewussten und zugleich innovativen Managements.