Die dezentralen Finanzmärkte, kurz DeFi, haben in den letzten Jahren eine revolutionäre Entwicklung durchlaufen. Die Erfindung und Weiterentwicklung von Automatisierten Market Makern (AMMs) haben es ermöglicht, dass Kryptowährungen ohne zentrale Vermittler gehandelt werden können. In diesem dynamischen Umfeld ist es nicht verwunderlich, dass Innovationen und geistiges Eigentum zunehmend zu Hauptstreitpunkten werden. Am 20. Mai 2025 hat die Bancor-Foundation zusammen mit LocalCoin, dem ursprünglichen Entwickler hinter Bancor, eine Patentverletzungsklage gegen Uniswap Labs und die Uniswap Foundation beim Landesgericht für den südlichen Bezirk von New York eingereicht.
Diese Klage betrifft den Kern der Technologie hinter dezentralen Börsen, insbesondere die sogenannte Constant Product Automated Market Maker-Technologie, kurz CPAMM. Bancor, das als Pionier im Bereich der dezentralen Börsen gilt, behauptet, dass die bei Uniswap verwendete Technologie ohne Lizenz verwendet wird und damit die eigenen Patente verletzt. Die ursprüngliche Entwicklung der Technologie geht auf das Jahr 2016 zurück, gefolgt von einer Patentanmeldung am 8. Januar 2017. Bancor hat sich seitdem als eine der ersten Plattformen etabliert, die vollständig automatisierte Marktmechanismen für den Handel mit digitalen Assets einsetzt.
Mark Richardson, Projektleiter bei Bancor, betont die Bedeutung der Erfindung unterstreicht den Innovationscharakter und die transformative Wirkung auf die DeFi-Branche. Bancor wirft Uniswap vor, seit mehreren Jahren die patente Technologie unautorisiert verwendet zu haben, was Uniswap einen unfairen Wettbewerbsvorteil verschafft hat. Die CPAMM-Technologie ist für beide Plattformen zentral, da sie die Preisfindung und Liquiditätsbereitstellung bei dezentralen Börsen ermöglicht. Dabei funktioniert das Modell auf Basis eines konstanten Produkts, bei dem die Liquiditätspools so gestaltet sind, dass das Produkt der verfügbaren Mengen zweier handelbarer Token immer gleich bleibt. Dieses Verfahren gewährleistet eine dauerhafte Liquidität und effiziente Preisfindung ohne zentrale Orderbücher.
Während Uniswap in der Krypto-Community als eine der führenden DEX-Plattformen gilt und großen Einfluss auf die DeFi-Landschaft besitzt, stellt die Klage eine erhebliche Herausforderung dar. Die Gegenseite hat die Klage als unbegründet bezeichnet. In einer Stellungnahme ließen Vertreter von Uniswap verlauten, dass der Code des Uniswap-Protokolls bereits seit Jahren öffentlich zugänglich sei und daher keine Patentverletzung vorliege. Zudem wird die Klage als eine unnötige Ablenkung zu einem Zeitpunkt angesehen, an dem der DeFi-Sektor ein historisches Wachstum verzeichnet. Die Auswirkungen dieser Klage könnten weitreichend sein.
Sollte Bancor vor Gericht Recht bekommen, könnte dies nicht nur zu finanziellen Entschädigungen führen, sondern auch die Art und Weise verändern, wie DeFi-Plattformen ihre Technologien entwickeln und nutzen. Die Kontrolle über grundlegende Technologien wie CPAMM ist ein strategischer Vorteil in einem Sektor, der durch Innovation und Wettbewerb geprägt ist. Darüber hinaus offenbart diese Auseinandersetzung einen tieferen Konflikt um geistiges Eigentum in der Blockchain-Branche, die traditionell stark auf offene Protokolle und Community-Entwicklung setzt. Die zunehmende Professionalisierung und Kommerzialisierung der Technologie führen dazu, dass Fragen des Patentrechts und der Lizenzierung immer wichtiger werden. Dies könnte langfristig zu einem Umdenken in der DeFi-Entwicklung führen, bei dem Innovation nicht nur technisches Know-how, sondern auch juristische Absicherung erfordert.
Für Nutzer und Investoren in der DeFi-Welt wirft der Rechtsstreit zudem wichtige Fragen auf. DeFi-Börsen fördern Transparenz und Dezentralität, doch Patente könnten den Wettbewerb einschränken und Innovationen bremsen. Gleichzeitig bieten sie aber auch Schutz für Entwickler, die in umfangreiche Forschung und Entwicklung investieren. Die Balance zwischen Offenheit und Schutz geistigen Eigentums stellt daher eine historische Herausforderung für die gesamte Branche dar. Auf der technischen Ebene bleibt die CPAMM-Technologie ein Grundpfeiler vieler dezentraler Börsen.
Ihre Funktionsweise sorgt dafür, dass Transaktionen schnell und effizient ausgeführt werden können, ohne dass Käufer und Verkäufer direkt aufeinandertreffen müssen. Stattdessen interagieren Nutzer mit einem Liquiditätspool, dessen Zusammensetzung sich dynamisch an Angebot und Nachfrage anpasst. Die Klage von Bancor könnte dazu führen, dass Uniswap und andere DEX-Anbieter ihre Protokolle überprüfen und unter Umständen modifizieren müssen, um möglichen rechtlichen Anforderungen gerecht zu werden. Sollte der Fall vor Gericht zugunsten von Bancor entschieden werden, könnten Lizenzvereinbarungen entstehen, die den Zugang zu bestimmten Technologien regeln. Es lohnt sich, auch die Entwicklung der Blockchain-Patente und deren globalen Einfluss zu beobachten.
In verschiedenen Ländern steigen die Anmeldungen von Patenten im Blockchain-Bereich kontinuierlich an, was auf die wachsende Bedeutung und den wirtschaftlichen Wert der Technologie hindeutet. Die Regulierung und die Rechtslage rund um Patente könnten in Zukunft zentrale Elemente für Geschäftsmodelle und Wettbewerbsstrategien im DeFi-Segment werden. Die Klage verdeutlicht, wie stark der Wettbewerb zwischen den Top-Plattformen um Marktanteile und technologische Vorherrschaft ist. Bancor sieht sich nicht nur als Innovator, sondern auch als Verteidiger seiner geistigen Leistung, die als integraler Bestandteil des DeFi-Ökosystems gilt. Uniswap auf der anderen Seite steht für Offenheit und Community-getriebene Entwicklung, für die der öffentlich zugängliche Quellcode zentral ist.