Die digitale Revolution und die rasante Entwicklung von Künstlicher Intelligenz (KI) verändern viele Bereiche unseres Lebens grundlegend. Doch die immense Rechenleistung, die für KI-Anwendungen benötigt wird, bringt enorme Herausforderungen für die Energieversorgung und Umweltverträglichkeit mit sich. Dabei ist der Energieverbrauch von Rechenzentren in den letzten Jahren stark gestiegen, was aus ökologischer Sicht besorgniserregend ist. Vor allem große KI-Modelle, beispielsweise fortschrittliche Sprachmodelle wie GPT-3, benötigen bei der Entwicklung und im Betrieb enorme Energiemengen. Die Frage, wie Software und Hardware gestaltet sein müssen, um energieeffizient zu sein, ist deshalb von großer Bedeutung.
Das Forschungsprojekt ESCADE widmet sich dieser Fragestellung mit dem Ziel, nachhaltige und zukunftsfähige Konzepte für Rechenzentren und KI-Anwendungen zu entwickeln und damit Wege für einen geringeren ökologischen Fußabdruck zu ebnen. Das Wachstum von KI-Technologien bedeutet einen deutlichen Anstieg des Stromverbrauchs von Rechenzentren, insbesondere in Deutschland, wo sich der Energiebedarf in der letzten Dekade mehr als verdoppelt hat. Gerade bei der Entwicklung großer KI-Modelle entstehen enorme Stromkosten – ein bekanntes Beispiel ist die Trainingsphase von GPT-3, die mit einem Verbrauch von bis zu 1,2 Millionen Kilowattstunden Energie aufwartet, was ungefähr dem Jahresverbrauch von 342 Haushalten entspricht. Diese Dimensionen verdeutlichen, wie wichtig es ist, neue Wege der Energieeffizienz zu erschließen und bestehende Infrastrukturen nachhaltiger zu gestalten. Dabei stehen sowohl technologische Innovationen, als auch betriebliche Optimierungen und neue Metriken zur Messung der Energieeffizienz im Fokus.
Im Rahmen des Projekts ESCADE arbeiten Forscher vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) gemeinsam mit Partnerunternehmen und Forschungseinrichtungen daran, umfassende Konzepte für energieeffiziente Rechenzentren umzusetzen. Ziel ist es, klare Kennzahlen (Key Performance Indicators, KPIs) zu definieren, die die Energieeffizienz von KI-Systemen messbar machen und gleichzeitig bei der Entwicklung als Leitlinie dienen. Zudem soll untersucht werden, wie sich verschiedene Hardwaretechnologien, wie herkömmliche Grafikkartenprozessoren (GPUs) im Vergleich zu neuartigen neuromorphen Chips, im Hinblick auf Energieverbrauch und Leistungsfähigkeit verhalten. Neuromorphe Chips orientieren sich an der Funktionsweise des menschlichen Gehirns und versprechen signifikante Energieeinsparungen bei bestimmten KI-Aufgaben. Ein Beispiel für den praktischen Einsatz KI-gestützter, energieeffizienter Technologien ist die Zusammenarbeit des Projekts mit Saarstahl, einem führenden Unternehmen der Stahlindustrie.
Da Stahl komplett recycelbar ist, spielt die genaue Sortierung und Klassifizierung von Schrottmaterial eine wichtige Rolle bei der Qualität und Energieeffizienz der Herstellung von Neumaterial. Mithilfe von visueller Echtzeitberechnung auf Edge-Geräten, wie kleinen, leistungsstarken Computern (beispielsweise NVIDIA Jetson Boards), wird AI-basiert erkannt, welche Teile des Stahlschrotts weiterverwertet werden können. Unterstützt wird diese Sortierung durch Drohnen, die über Schrottfelder fliegen und Daten erfassen. Die Vortrainierung der KI-Modelle erfolgt im Rechenzentrum, bevor die Anwendung direkt vor Ort erfolgt. Langfristig soll diese KI-Rechenleistung auch auf neuromorphen Chips laufen, um den Energieverbrauch vor Ort weiter zu reduzieren.
Neben den technologischen Innovationen erarbeiten die Forscher auch umfassende Energieprofile für verschiedene KI-Anwendungen, um ein transparentes Bild vom tatsächlichen Stromverbrauch zu erhalten. Die Analysen beziehen dabei nicht nur den Energieverbrauch der Hardware mit ein, sondern bewerten auch den ökologischen Nutzen der KI-Anwendung. In Sie berücksichtigen beispielsweise, in welchem Umfang die KI-Anwendung tatsächlich zu Energieeinsparungen in anderen Bereichen führen kann, wie etwa durch effizientere Prozesse in der Stahlverarbeitung. Das Ziel ist es, eine ganzheitliche Sichtweise zu entwickeln, die sowohl den Verbrauch als auch den Nutzen nachhaltiger Technologien umfasst. Die Bedeutung energieeffizienter Rechenzentren und KI-Anwendungen wird zunehmend auch auf politischer Ebene erkannt und gefördert.
So stellt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Rahmen des ESCADE-Projekts Fördermittel in Höhe von rund fünf Millionen Euro für einen Zeitraum von drei Jahren bereit. Das Projekt wird gemeinsam von mehreren Partnern aus Industrie und Wissenschaft getragen. Dazu zählen neben dem DFKI auch Unternehmen wie NT Neue Technologie AG und Stahl-Holding Saar GmbH sowie akademische Einrichtungen wie die Technische Universität Dresden, die Ruhr-Universität Bochum und die österreichische Forschungsgesellschaft Salzburg Research. Die Herausforderung, Datenzentren energieeffizient zu gestalten, umfasst weit mehr als nur den reinen Stromverbrauch für die Hardware. Wichtig sind auch die Kühlung der Systeme, die Netzwerkinfrastruktur sowie der effiziente Einsatz von Speicher und Rechenkapazitäten.
Innovative Konzepte beispielsweise für die Wärmerückgewinnung sowie der Einsatz erneuerbarer Energien rücken dabei immer stärker in den Fokus. Auch Software-seitig lassen sich durch optimierte Algorithmen, sparsamen Programmierstil und die Skalierung der Rechenlast intelligente Energieeinsparungen erzielen. Die Energiekosten stellen nicht nur einen finanziellen Faktor dar, sondern sind auch entscheidend für die ökologische Nachhaltigkeit digitaler Infrastrukturen. In Zukunft wird die Kombination aus Hardware-Innovationen und smarten Softwarelösungen den Umweltfußabdruck von KI-Anwendungen deutlich reduzieren können. Neuromorphe Chips bieten vielversprechende Ansätze, indem sie mit einem völlig anderen, vom Gehirn inspirierten Architekturprinzip arbeiten.
Diese chipspezifische Effizienz könnte speziell bei Anwendungsfällen, die auf Mustererkennung und Sensorik basieren, sehr viel weniger Strom benötigen als herkömmliche Grafikprozessoren. Darüber hinaus ist die Nutzung verteilter Systeme, bei denen Berechnungen näher an der Datenquelle durchgeführt werden – sogenannte Edge Computing-Lösungen – ein wichtiger Baustein. Gerade in Anwendungsgebieten wie der Echtzeitanalyse von Stahlrecyclingschrott oder anderen industriellen Prozessen kann durch schnelle, lokale Verarbeitung der Daten die Notwendigkeit großer und energieintensiver Rechenzentren signifikant verringert werden. Die zukünftige Entwicklung energieeffizienter KI-Anwendungen und Rechenzentren wird auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen beeinflussen. Unternehmen, die es schaffen, nachhaltige Technologien zu implementieren und gleichzeitig die Leistung zu optimieren, werden Wettbewerbsvorteile genießen.
Zudem gewinnt die öffentliche Wahrnehmung und regulatorische Anforderungen an klimafreundliche Technologien stetig an Bedeutung. Transparente Kennzahlen und Nachweise zur Energieeffizienz werden daher immer wichtiger. Das ESCADE-Projekt zeigt exemplarisch, wie interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Forschung, Industrie und Politik innovative Lösungen vorantreiben kann. Die Kombination aus neuester Forschung, industrieller Praxis und staatlicher Förderung bildet die Grundlage für den Wandel hin zu nachhaltiger Technologie im Bereich KI und Rechenzentren. Die Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen aus dem Projekt werden auch für weitere Branchen und Anwendungen wegweisend sein.
Abschließend lässt sich sagen, dass energieeffiziente Rechenzentren und KI-Anwendungen nicht nur eine technische, sondern auch eine gesellschaftliche Herausforderung darstellen. Ein verantwortungsbewusster Umgang mit Ressourcen, verbunden mit technologischer Innovation, ist der Schlüssel für die Zukunft. Mit Projekten wie ESCADE entsteht eine nachhaltige Brücke zwischen den Anforderungen der Digitalisierung und dem Schutz unserer Umwelt – eine Entwicklung, die das Potenzial hat, die digitale Transformation umweltverträglich und zukunftssicher zu gestalten.