Die argentinische Milchindustrie steht derzeit im Fokus bedeutsamer Entwicklungen, nachdem Mastellone Hermanos, der Hauptanteilseigner von La Serenísima, das Übernahmeangebot von Arcor, einem bedeutenden Süßwarenhersteller, abgelehnt hat. La Serenísima ist nicht nur einer der führenden Milchproduktehersteller Argentiniens, sondern auch eine ikonische Marke mit großer Marktbedeutung. Die Ablehnung des Angebots insbesondere aufgrund von Unstimmigkeiten hinsichtlich der Bewertung weist auf eine komplexe Wettbewerbssituation und strategische Positionierung innerhalb der Branche hin. Arcor, ein Unternehmen mit globaler Präsenz im Süßwaren- und Lebensmittelsegment, strebte an, seinen Anteil am Molkereiunternehmen La Serenísima vollständig zu übernehmen. Seit 2015 besitzt Arcor zusammen mit dem französischen Molkereiriesen Danone etwa 49 Prozent der Anteile über die Geschäftseinheit Bagley Argentina, was dem Unternehmen bereits einen erheblichen Einfluss auf die Geschäftstätigkeiten von La Serenísima erlaubt.
Ziel war es, die restlichen rund 51 Prozent, die unter dem Besitz von Mastellone Hermanos stehen, zu erwerben und damit die vollständige Kontrolle über das traditionsreiche Milchunternehmen zu gewinnen. Das Übernahmeangebot wurde jedoch von Mastellone Hermanos zurückgewiesen, da es als unterbewertet betrachtet wurde. Dies ist ein entscheidender Punkt, da es nicht nur um eine bloße Kapitaltransaktion geht, sondern um die strategische Bedeutung und Zukunftsausrichtung von La Serenísima. Das Unternehmen, das im Jahr 2024 einen Nettoumsatz von etwa 1,3 Milliarden US-Dollar erzielte, ist Marktführer und betreibt neun Produktionsstätten in Argentinien, die rund 3500 Mitarbeiter beschäftigen. Die Marke La Serenísima steht für eine breite Palette von Milchprodukten wie Milchpulver, Ricotta, Butter, Sahne, Joghurt und Desserts und prägt maßgeblich den lokalen Milchmarkt.
Die Rolle von Danone als Mitgesellschafter wurde in der aktuellen Situation nur vage dargestellt. Während Danone und Arcor zusammen über Bagley Argentina gemeinsam eine signifikante Minderheitsbeteiligung halten, sind die genauen Besitzverhältnisse und strategischen Pläne von Danone im Rahmen der angestrebten vollständigen Übernahme bisher nicht öffentlich bekannt. Dieses Schweigen seitens Danone und Arcor, besonders hinsichtlich der Preisgestaltung für die restlichen Anteile, verstärkt nur die Spekulationen und Unsicherheit auf Marktseite. Der rechtliche Hintergrund des Angebots beruht auf einer Optionsvereinbarung aus dem Jahr 2015, die Arcor und Danone das Recht einräumt, die verbleibenden Anteile von Mastellone Hermanos in 2025 zu erwerben. Die Einlösung dieser Option unterliegt jedoch klar definierten Bedingungen, insbesondere der Einigkeit über den Preis pro Aktie.
Die aktuell von Mastellone Hermanos angeführte Unstimmigkeit über die Bewertung zeigt, dass die Geschäftsbeziehungen zwischen den Beteiligten trotz jahrelanger Beteiligungen keineswegs harmonisch oder selbstverständlicher Natur sind. Aus Sicht von Arcor würde eine erfolgreiche Übernahme des restlichen Anteils an La Serenísima das Unternehmen in eine neue Liga innerhalb der argentinischen Milchindustrie katapultieren. Es würde Arcor verletzlich machen als ernstzunehmender Akteur, der mit anderen multinationalen Unternehmen wie dem kanadischen Molkereikonzern Saputo oder dem französischen Unternehmen Savencia Fromage & Dairy konkurrieren könnte. Dies wäre eine bedeutende strategische Expansion für Arcor über das Süßwarengeschäft hinaus und würde den bisherigen Schwerpunkt des Unternehmens erheblich verändern. Für Mastellone Hermanos indessen bedeutet der Verbleib bei La Serenísima auch eine Fortsetzung der Kontrolle über ein traditionelles und in Argentinien stark verwurzeltes Unternehmen mit langjähriger Geschichte.
Die Ablehnung des Angebots ist ein Zeichen dafür, dass sich das Unternehmen strategisch als unabhängiger Player positionieren will und Preisvorstellungen und zukünftige Unternehmensentwicklung selbst bestimmen möchte. Mit dem Hintergrund der Insolvenz der argentinischen Molkereigenossenschaft SanCor, einem weiteren wichtigen Akteur in der regionalen Milchindustrie, wird der Wettbewerb in diesem Marktsegment immer herausfordernder. Die Kombination aus wirtschaftlichen Schwierigkeiten, sich wandelnder Nachfrage und internationalen Wettbewerbern macht die Landschaft anspruchsvoll und erfordert wohlüberlegte strategische Entscheidungen von allen beteiligten Unternehmen. Mastellone Hermanos hat offensichtlich eine sorgfältige Bewertung der Risiken und Chancen vorgenommen und sich für die Fortsetzung der bestehenden Besitzstruktur entschieden. Die kommenden Wochen und Monate könnten Entscheidungsträger bei Arcor und Danone dazu zwingen, neue Verhandlungsstrategien zu entwickeln oder alternative Optionen zu prüfen, um ihre Ziele im argentinischen Milchmarkt zu erreichen.