Der Linux Kernel ist das Herzstück vieler Betriebssysteme weltweit. Die kontinuierliche Entwicklung dieses komplexen Systems wird von Tausenden von Entwicklern und Unternehmen getragen, die in jeder neuen Version ihre Expertise und Innovationen einfließen lassen. Mit der Veröffentlichung des Linux Kernels 6.15 am 25. Mai 2025 zeigt sich eine bemerkenswerte Dynamik innerhalb der Entwicklungsgemeinschaft und eine klare Rückkehr zu einem höheren Entwicklungstempo nach einer vergleichsweise ruhigen Vorgängerversion.
Die Zahlen und Fakten rund um das Release 6.15 offenbaren spannende Einblicke in die aktuelle Entwicklung sowie den Status quo einer der wichtigsten Softwareplattformen der Welt. Im Vergleich zum vorherigen Entwicklungszyklus 6.14, welcher nur rund 11.003 nicht zusammengeführte Änderungen (Changesets) brachte und damit den langsamsten Prozess seit dem Kernel 4.
0 im Jahr 2015 darstellte, sticht der 6.15 Zyklus mit 14.612 Changesets deutlich hervor. Damit zählt 6.15 zu den aktivsten Veröffentlichungen seit Kernel 6.
7 Anfang 2024. Dieses gesteigerte Arbeitstempo ist ein Indikator für ein vitales und engagiertes Entwickler-Ökosystem, das sich auf die Weiterentwicklung des Betriebssystems konzentriert. Die Anzahl der am Kernel 6.15 beteiligten Entwickler lag bei 2.068, was fast an den Rekordwert von 2.
090 aus dem Zyklus 6.2 heranreicht. Interessanterweise waren davon 262 Entwickler Erstautoren, was die Offenheit und Attraktivität des Linux-Projekts für neue Programmierer unterstreicht. Die aktive Mitwirkung so vieler neuer Gesichter spiegelt die nachhaltige Unterstützung der Community wider und sichert die Zukunft des Kernels durch frische Impulse. Werfen wir einen Blick auf die aktivsten Entwickler.
Der Spitzenreiter Kent Overstreet dominierte mit 266 Changesets, was 1,8 Prozent des Gesamtvolumens ausmacht. Sein Hauptfokus liegt auf der Stabilisierung des Dateisystems bcachefs, das für effizienten Speicherzugriff optimiert ist. Weitere Schlüsselpersonen sind Kuninori Morimoto, der hauptsächlich Aufräumarbeiten im Audiobereich durchführte, sowie Ville Syrjälä, der sich auf den Intel i915 Grafiktreiber spezialisierte. Diese Spezialisierungen zeigen deutlich, dass der Kernel in vielen unterschiedlichen Subsystemen parallel vorangetrieben wird. Betrachtet man die Anzahl der geänderten Codezeilen, so führt Wayne Lin das Feld mit beeindruckenden 80.
287 Zeilen an. Seine Arbeit konzentrierte sich vor allem auf AMD GPU Header-Dateien, ein Bereich, der aufgrund der steigenden Bedeutung von Grafikprozessoren in modernen Systemen kontinuierlich wächst. Ebenfalls prominent vertreten ist Ian Rogers mit über 33.800 geänderten Zeilen, der sich auf das „perf“ Subsystem spezialisiert hat, das für die Performance-Messung und Analyse im Kernel zuständig ist. Miri Korenblit, eine weitere wichtige Entwicklerin, brachte den neuen „iwlmld“ Treiber für aktuelle Intel WiFi-Adapter ein.
Dahinter steht die ständige Bemühung, hardwareseitige Neuerungen schnell und zuverlässig zu unterstützen. Bitterblue Smith trug hauptsächlich zu RealTek WiFi Treiber-Varianten bei, die für eine breite Nutzerbasis in drahtlosen Netzwerken wichtig sind. Der Beitrag von Andrew Donnellan fällt insofern auf, als er mehrere veraltete CXL-Treiber entfernte, was den Code stabiler und wartungsfreundlicher macht. Solche Bereinigungen sind unerlässlich, um die Qualität und die Sicherheit des Kernels langfristig zu gewährleisten. Neben den Entwicklern spielen auch Tester und Reviewer eine wichtige Rolle, um die Qualität der Änderungen sicherzustellen.
Daniel Wheeler ist erneut der Top-Tester und trägt mit 163 Tester-Bewertungen einen erheblichen Anteil zur Stabilität bei. Reviewer wie Simon Horman, der allein 271 Code-Reviews absolvierte, zeigen die akribische Sorgfalt, mit der Patches geprüft werden. Dies sorgt dafür, dass jeder Beitrag umfassend bewertet und eventuelle Fehler schnell erkannt werden. Insgesamt waren 1.411 der 6.
15 Änderungen mit einem „Tested-by“ Tag versehen, was 9,7 Prozent der Änderungen entspricht. Die Hälfte der Commits, nämlich 7.332, trugen ein „Reviewed-by“ Tag. Dies unterstreicht die große Bedeutung der Qualitätssicherung im Linux Entwicklungsprozess. Die Beteiligung bekannter Unternehmen ist ebenfalls ein wichtiger Indikator für den wirtschaftlichen Einfluss und die Verteilung der Ressourcen im Linux-Ökosystem.
Bei den Changesets führte Intel mit 1.755 Beiträgen, was 12 Prozent der Gesamtzahl entspricht. Google steht mit 983 Changesets an dritter Stelle, gefolgt von Red Hat und AMD, die ebenfalls jeweils rund sechs Prozent beitragen. Diese Firmen gehören zu den regelmäßigen Hauptakteuren, die die Entwicklung maßgeblich vorantreiben. Bei den geänderten Zeilen dominiert AMD mit fast 126.
000 Zeilen, dicht gefolgt von Intel und Google. Diese Zahlen verdeutlichen, wie stark die Hardware-Hersteller in die Entwicklung ihrer Treiber und damit in die Kernelfähigkeiten investieren. Bemerkenswert ist das gestiegene Engagement von Firmen wie Linutronix, die durch umfangreiche Arbeiten am Timer-Subsystem aufgestiegen sind. Gleichzeitig zeigt sich, dass IBM, einst einer der wichtigsten Mitwirkenden, aktuell weniger aktiv ist. Ein interessanter Aspekt der Entwicklung sind die sogenannten Signed-off-by Tags, die nicht vom ursprünglichen Autor stammen.
Diese Tags zeigen, wer die Patches im Verteilungsprozess weiterreicht und somit die Architektur der Entwicklung koordiniert. Die meisten dieser Signoffs entfallen auf Entwickler wie Jakub Kicinski, Mark Brown und Andrew Morton, die eine zentrale Rolle bei der Integration und Pflege des Kernels innehaben. Die Verteilung der Signoffs nach Unternehmen weist Meta mit 12,5 Prozent an der Spitze aus, gefolgt von Google und Intel. Diese Zahlen spiegeln wider, dass ein großer Teil der Patch-Pflege durch Mitarbeiter dieser großen Technologiekonzerne erfolgt. Blickt man in die nahe Zukunft, so sind bereits über 12.
000 Commits im sogenannten linux-next Branch für die kommende Version 6.16 vorhanden. Dies lässt auf einen weiteren aktiven Entwicklungszyklus schließen und zeigt, dass die Arbeiten am Linux Kernel weiterhin mit großer Energie und engagierter Gemeinschaft voranschreiten. Zusammengefasst bietet der Linux Kernel 6.15 einen faszinierenden Einblick in die Dynamik und Vielfalt der Kernelentwicklung.
Die Mischung aus erfahrenen Experten und neuen Entwicklern, das Engagement globaler Unternehmen sowie die Fokussierung auf unterschiedliche Subsysteme machen die Entwicklung zu einem lebendigen Prozess. Für Anwender, Unternehmen und alle, die auf Linux-basierte Systeme setzen, bedeutet dies eine stabile, leistungsfähige und zukunftssichere Grundlage, auf der auch zukünftige Innovationen aufgebaut werden können.