Die Debatte um die Integration von Bitcoin in die offiziellen Währungsreserven der Schweizerischen Nationalbank (SNB) gewinnt zunehmend an Aufmerksamkeit. Angesichts der sich verändernden globalen Wirtschaftslandschaft und der dynamischen Entwicklungen im Bereich der Kryptowährungen äußerte Martin Schlegel, Vorstandsvorsitzender der SNB, deutlich seine ablehnende Haltung gegenüber dem Vorschlag, Bitcoin als Reservewährung zu akzeptieren. Trotz des zunehmenden Drucks seitens der Schweizer Kryptoindustrie verweist Schlegel auf grundlegende Bedenken in Bezug auf Stabilität, Liquidität und Sicherheit als entscheidende Gründe für die Ablehnung. Die Schweizer SNB steht traditionell für eine konservative und sichere Geldpolitik, die auf stabilen Reservewerten basiert. Neben Gold halten die Währungsreserven der SNB vor allem liquide Staatshauptanleihen von stabilen Industrieländern wie den USA und der Eurozone.
Diese Instrumente haben sich in der Vergangenheit als zuverlässige Absicherung gegen wirtschaftliche und geopolitische Krisen erwiesen. Bitcoin hingegen gilt als äußerst volatil und wird von vielen Experten als spekulativer Vermögenswert eingeschätzt, dessen große Preisschwankungen die Stabilität der Währungsreserven gefährden könnten. In einer Aktionärsversammlung im April 2025 bekräftigte Martin Schlegel, dass Kryptowährungen aktuell nicht die Anforderungen erfüllen, die an eine Reservewährung gestellt werden. Diese Aussage setzt ein klares Signal an den Bundesstaat und die breite Öffentlichkeit, dass die SNB bei ihrer Reservepolitik an bewährten Prinzipien festhält. Gleichzeitig spiegelt sie das Spannungsfeld wider, in dem sich Zentralbanken weltweit bewegen: Während einige Länder experimentelle Schritte in Richtung digitaler oder crypto-basierter Reservewerte unternehmen, bleibt die Schweiz vorsichtig.
Die Forderungen nach einer offiziellen Bitcoin-Reserve sind keineswegs neu. Insbesondere Akteure aus dem Bereich Blockchain und Kryptowährungen betonen die Vorteile der digitalen Währung. Luzius Meisser, Verwaltungsratsmitglied bei Bitcoin Suisse, einer der prominentesten Kryptowährungsbroker in der Schweiz, argumentiert, dass Bitcoin angesichts der globalen Verschiebungen hin zu einer multipolaren Weltordnung eine zunehmend wichtige Rolle spiele. Die Schwächung etablierter Leitwährungen wie des US-Dollars und des Euro sei ein starkes Argument für die Diversifikation der Reserven in Richtung Digitalwährungen. Meisser hebt hervor, dass Bitcoin sich besonders durch seine Transparenz und Begrenztheit auszeichnet, da die maximale Menge auf 21 Millionen Coins limitiert ist und somit Inflationsmechanismen, die traditionelle Währungen durch Geldpolitik erfahren, nicht greifen.
Für ihn ist Bitcoin damit ein Schutz gegen eine Politik, die durch geldpolitische Maßnahmen wie das „Gelddrucken“ die Kaufkraft von Währungen beeinträchtigen kann. Diese Argumentation spricht eine weit verbreitete Sorge über die potenzielle Verwässerung von Kapital durch Inflation an, welche gerade in Zeiten expansiver Fiskal- und Geldpolitik wächst. Die Bewegung zur Aufnahme von Bitcoin in die offiziellen Reserven hat auch politische Formen angenommen. Ende 2024 reichte die Schweizer Bundeskanzlei einen Vorschlag ein, der eine Verfassungsänderung anstrebt, welche die SNB dazu verpflichten würde, Bitcoin in ihren Währungsreserven zu halten. Um dieses Anliegen in eine nationale Abstimmung zu bringen, ist eine Unterschriftensammlung mit mindestens 100.
000 Unterstützern erforderlich – eine Hürde, die jedoch angesichts der wachsenden Popularität von Kryptowährungen und der aktiven Krypto-Community durchaus erreicht werden könnte. Der Vorschlag sieht eine Modifikation des bestehenden Verfassungsparagraphen vor, der bislang Gold als Teil der Währungsreserven nennt. Konkret soll der Satz ergänzt werden durch den Zusatz „und Bitcoin“, wodurch die Kryptowährung rechtlich gleichgestellt würde. An der Initiative sind verschiedene Organisationen beteiligt, darunter der Schweizer Bitcoin-Think-Tank 2B4CH. Unterstützer wie Giw Zanganeh, der bei Tether als Vizepräsident für Energie und Mining tätig ist, engagieren sich aktiv für eine breitere Akzeptanz von Bitcoin in der Schweizer Finanzpolitik.
Die Befürworter sind überzeugt, dass eine kleine Beimischung von Bitcoin, etwa 1 bis 2 Prozent der Gesamtreserven, ein sinnvoller Schritt wäre. Dies würde die Währungsreserven nicht nur diversifizieren, sondern auch langfristig durch den Wertzuwachs des Bitcoins profitieren. Yves Bennaïm, Gründer von 2B4CH, sieht darin eine Chance, die finanzielle Sicherheit zu erhöhen, ohne dabei Risiken unkontrolliert auszusetzen. Das Argument lautet, dass Bitcoin durch seine Dezentralisierung und begrenzte Verfügbarkeit zu einem stabilisierenden Element in einem ansonsten volatilen globalen Währungssystem werden könnte. Trotz all dieser Argumente ist die Skepsis bei der SNB groß.
Neben der Volatilität von Bitcoin steht vor allem die Sicherheit im Fokus. Zentralbanken müssen sicherstellen, dass ihre Reserven jederzeit zugänglich und handelbar sind, um auf kurzfristige wirtschaftliche Herausforderungen reagieren zu können. Die Verwahrung und Verwaltung von Kryptowährungen erfordern spezielles Know-how und bergen Risiken, insbesondere in Bezug auf Cyberangriffe und unvorhersehbare technologische Entwicklungen. Neben technischen und wirtschaftlichen Bedenken spielt auch das politische Umfeld eine Rolle. Die SNB agiert in einem Spannungsfeld zwischen ökonomischer Ratsamkeit und politischem Druck.
Die Währungsreserven sind ein wichtiges Instrument zur Geldwertstabilisierung und zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit des Staates. Eine Integration einer neuen, wenig regulierten Assetklasse birgt auch rechtliche und regulatorische Herausforderungen. Die Schweiz selbst als Krypto-Nation zeichnet sich trotz der Vorsicht der SNB durch eine lebendige Blockchain- und Krypto-Szene aus. Das sogenannte «Crypto Valley» im Zuger Kanton gilt als eines der weltweit führenden Zentren für Blockchain-Entwicklungen. Hier wurden bedeutende Projekte wie Ethereum ins Leben gerufen.
Die Region erfreut sich eines boomenden Wachstums mit einer Gesamtkapitalisierung von über 593 Milliarden US-Dollar und der Gründung zahlreicher Start-ups, darunter mehrere Einhörner im Jahr 2024. Das positive Innovationsklima der Schweiz zeigt sich auch in der Einführung neuer Zahlungsmöglichkeiten. So hat der internationale Einzelhandelsriese Spar kürzlich Bitcoin-Zahlungen in einer Schweizer Stadt ermöglicht, was auf eine steigende Akzeptanz von Kryptowährungen im Alltag hindeutet. Diese Entwicklungen widerspiegeln die progressive Haltung verschiedener Wirtschaftsakteure, unterscheiden sich jedoch deutlich von der konservativen Haltung im Bereich der staatlichen Geldpolitik. Insgesamt zeigt der Diskurs um Bitcoin als Reservewährung die komplexe Gemengelage, in der sich Zentralbanken heute befinden.
Die Herausforderung besteht darin, Innovationen zuzulassen und gleichzeitig die bewährten Prinzipien der Geldstabilität zu bewahren. Für die Schweizerische Nationalbank ist diese Balance entscheidend, um sowohl das Vertrauen der Bevölkerung als auch die internationale Reputation als verlässlicher Finanzplatz zu erhalten. Es bleibt abzuwarten, wie sich das Thema in den kommenden Jahren entwickelt. Die wachsende Bedeutung digitaler Vermögenswerte und potenzielle regulatorische Neuerungen könnten die Debatte erneut anheizen. Bis dahin setzt die SNB weiterhin auf Stabilität, Sicherheit und bewährte Währungsreserven, die den Herausforderungen der globalen Wirtschaft am besten gerecht werden.
Die Schweiz bleibt jedoch eine wichtige Nation im globalen Krypto-Ökosystem, die als Vorreiter bei der Blockchain-Technologie und digitalen Innovationen gilt – ein Spannungsfeld, das auch in Zukunft für großes Interesse und intensive Gespräche sorgen wird.