Interviews mit Branchenführern

Warum ich vorerst genug vom Nachdenken über generative KI habe

Interviews mit Branchenführern
I Think I'm Done Thinking About GenAI for Now

Eine kritische und persönliche Auseinandersetzung mit den Herausforderungen und ambivalenten Gefühlen gegenüber generativer KI, die den aktuellen Diskurs um Chancen, Risiken und gesellschaftliche Auswirkungen beleuchtet.

In den letzten Jahren hat generative Künstliche Intelligenz – kurz genAI – eine enorme Aufmerksamkeit erlangt. Überall wird über ihre Potenziale, Vorteile und auch Gefahren diskutiert. Doch trotz der ungeheuren Relevanz und Innovationskraft dieses Feldes gibt es Stimmen, die erschöpft sind vom ständigen Diskurs und dem Gefühl, dass kaum Klarheit gewonnen wird. Eine solche Perspektive möchte ich hier darstellen: Warum ich mich vorerst entschlossen habe, nicht weiter über genAI nachzudenken und mich stattdessen anderen Themen zuzuwenden. Viele, die sich mit Technologie beschäftigen, sehen sich selbst gern als Analysegenies, die komplexe Sachverhalte durchdringen und ordnen können.

Diese Haltung ist verständlich, denn der Wunsch, Dinge zu verstehen und in klares Licht zu rücken, ist tief menschlich. Doch nach intensiver Beschäftigung mit generativer KI musste ich erkennen, dass meine Herangehensweise hier weniger holzschnittartig-logisch als vielmehr ein zäher Prozess des Suchens und Grübelns ist. Anders gesagt: Ich habe mit genAI eine Art mentalen Widerstand erlebt, den ich nicht durchbrechen kann. Der Diskurs um genAI ist allgegenwärtig, erwartungsgemäß facettenreich, aber auch zermürbend. News, Blogs, Fachartikel, Social-Media-Debatten – die Diskussionen wiederholen sich und sind oft geprägt von Überlagerungen, unversöhnlichen Positionen und Verwirrung.

Für jemanden, der versucht, argumentativ und methodisch zu überzeugen, ist das ermüdend. Die Gegensätze scheinen unüberwindbar. Gerade das macht es schwierig, mit gutem Gefühl weiter einzutauchen. Ein wesentlicher Aspekt meiner Skepsis ist die negative ästhetische Erfahrung, die ich mit generativer KI als Werkzeug und als Produkterzeuger gemacht habe. Es geht nicht nur um die Qualität der von KI erzeugten Inhalte – die Bandbreite reicht von langweilig bis bisweilen durchaus ansprechend und sogar preisgekrönt.

Aber das „Gefühl“ der Interaktion mit diesen Systemen gestaltet sich für mich als unangenehm. Vor allem in der Programmierung zeigt sich das deutlich. Während ich Code-Reviews als spannende, lernfördernde Prozesse wertschätze, empfinde ich die Arbeit mit KI-gestütztem Code eher als frustrierendes Wiederholen der gleichen Fehler. Die KI kann Fehler nicht konsequent vermeiden, merkt sich Feedback kaum zuverlässig und wirkt letztlich wie ein „fauler“ Mitarbeiter, der den Prozess eher verlangsamt. Dieses Erlebnis steht im krassen Gegensatz zu der zunehmenden Forderung von Unternehmensleitungen, KI-Systeme verpflichtend einzusetzen.

Viele Mitarbeitende zeigen wenig Begeisterung, doch oft sind sie gezwungen, mit diesen Werkzeugen zu arbeiten, was in der Praxis Burnout-Risiken erheblich erhöht. Die Vorstellung, fortwährend mit einer teils unzuverlässigen, irreführenden Software zu kommunizieren und am Ende doch selbst nachbessern zu müssen, ist zermürbend. Man hat den Eindruck, dass diese Technologie eher verschleiert, wie ineffizient und problematisch sie aktuell ist. Ein weiterer zentraler Punkt ist die Frage der Nachhaltigkeit und der gesellschaftlichen Folgen von genAI. Anfangs war ich skeptisch gegenüber der Annahme, dass der Energieverbrauch ein großes Problem sein könnte.

Doch die neueren Informationen zeichnen ein alarmierendes Bild. Die enormen Rechenzentren und die ständig steigende Komplexität der Modelle führen zu einem wachsenden CO2-Fußabdruck, der sehr wahrscheinlich erheblich zu Klimaproblemen beiträgt. Eine „grünere“ Version dieser Technik erscheint möglich, doch ist sie bislang weder wirtschaftlich noch technisch etabliert. Die gesellschaftlichen Implikationen gehen darüber hinaus. Ein problematischer Trend zeigt sich im Bildungsbereich: Die Verfügbarkeit von genAI begünstigt akademisches Schummeln in bislang ungekanntem Ausmaß.

Dies untergräbt nicht nur die Qualität von Bildung, sondern gefährdet den Kern des Lernens selbst. Wo früher mühsames Aneignen von Wissen und kritischem Denken stattfand, bieten KI-gestützte Lösungen eine schnelle Abkürzung, die jedoch kaum nachhaltiges Verständnis ermöglicht. Dies ist kein triviales Problem, sondern ein Symptom nachhaltiger struktureller Herausforderungen und eines fragilen Systems. Datenschutz und Privatsphäre sind weitere ungelöste Baustellen. Die weitverbreitete Nutzung großer Cloud-Modelle bedeutet zwangsläufig, dass viele sensible persönliche Informationen an Unternehmen wie OpenAI übertragen werden.

Die Risiken, dass diese Daten missbraucht oder durch gesetzliche oder außergerichtliche Umstände zugänglich gemacht werden, sind real und kaum vollständig kontrollierbar. Besonders in sensiblen Bereichen wie der Gesundheit kann dies gravierende Folgen haben. Die Bereitschaft, private Daten an solche Systeme zu übermitteln, wächst zwar, doch das Bewusstsein für die Gefahren hält oft nicht mit. Ein bisher kaum geklärter, aber äußerst komplexer Aspekt betrifft die Herkunft der Trainingsdaten. Viele genutzte Modelle basieren auf riesigen Datenbanken, die häufig ohne Zustimmung oder unter Verstoß gegen geltendes Recht eingesammelt wurden.

Die damit verbundene Infrastrukturbelastung hat negative Auswirkungen auf andere Internetdienste. Datenschutz- und Urheberrechtsstreitigkeiten stehen hier erst am Anfang und werden den Umgang mit KI-Lösungen in den kommenden Jahren prägen. Eine der größten Herausforderungen ist der Mangel an objektiven, belastbaren Daten. Die Modelle sind so groß und komplex, dass sie sich kaum mit traditionellen wissenschaftlichen Methoden erforschen lassen. Widersprüchliche Erfahrungsberichte zwischen Nutzern erschweren eine klare Bewertung.

Zudem führen produktbezogene Innovationen und rasche Weiterentwicklungen dazu, dass sich Funktionsweise und Leistungsfähigkeit ständig ändern. Dadurch entsteht eine Situation, in der fachkundige Kritik und Abwägungen mit hohem Aufwand betrieben werden müssen, ohne Aussicht auf schnelle Klärung. Manche Beobachter beklagen in der genAI-Diskussion eine Motte-und-Bailey-Taktik, sprich das Verschieben von Argumenten und Schutzbehauptungen, sobald Kritik aufkommt. Wer auf einen Aspekt hinweist, wird sofort darauf verwiesen, dass mit einem anderen Modell oder einem anderen Setup bessere Ergebnisse erzielt würden. Die Folge ist eine permanente Debatte, die sich kaum entscheidet und viel Energie verschlingt.

Neben all diesen Problemen gibt es auch die wirtschaftliche Dimension: Der Markt für generative KI boomt ungebremst, ausgelöst durch riesige Investitionen, die aller Wahrscheinlichkeit nach nicht rentabel werden. Diese Blase wird laut vielen Experten zu einer schweren Krise führen, die sowohl Unternehmen als auch Beschäftigte mit massiven Haltungsänderungen und Entlassungen konfrontieren wird. Die gegenwärtige Euphorie kann also eine sehr schmerzhafte Korrektur nach sich ziehen. Letztlich bleibt die Frage, ob und wie man als erfahrener technischer Fachmann überhaupt sinnvoll mitgenießen oder mitgestalten kann. Ich habe versucht, alle Möglichkeiten auszuprobieren, inklusive lokal einsetzbarer Modelle, ethisch korrekt trainierter Systeme sowie kostenfreier und bezahlter Varianten.

Doch immer wieder stellte sich Ernüchterung ein. Die Kombination aus hohem Aufwand, unbefriedigenden Ergebnissen und fragwürdigen Nebenwirkungen lässt für mich die Kosten-Nutzen-Bilanz negativ ausfallen. Als Folge ziehe ich den Schluss, dass ich mich für eine Weile zurückziehen und vom ständigen Grübeln Abstand nehmen möchte. Dies ist keine resignative Kapitulation, sondern eine selbstbewusste Entscheidung zum Schutz der eigenen geistigen Gesundheit und Konzentration auf andere Themen. Vielleicht ist es auch eine Einladung an andere, den unübersichtlichen, ermüdenden Diskurs ebenso mit gelassener Distanz zu betrachten.

Die Zukunft der generativen KI bleibt ungewiss. Möglicherweise werden manche der kritischen Punkte gelöst, andere Probleme verschärfen sich noch. Vielleicht ist der Hype tatsächlich nur eine Phase in einer langen technologischen Entwicklung, mit komplexem Wandel für Gesellschaft und Wirtschaft. Doch gerade weil die Aussichten so uneindeutig sind und die Diskussion oft polarisiert, ist es legitim, sich vorübergehend aus dem Meinungs-Stakkato zurückzuziehen. Die Erfahrung zeigt, dass manche Themen menschliche Ressourcen erschöpfen können, ohne dass sofortige Klärung oder Verbesserung zu erwarten sind.

Umso wichtiger ist es, eigene Grenzen zu akzeptieren, Fokus zu bewahren und Wissen dort einzusetzen, wo es am meisten Wirkung entfaltet. Meine Entscheidung, eine Pause von genAI einzulegen, ist daher ein bewusster Schritt, um neue Perspektiven zu gewinnen und einem überreizten Gedankenfeld zu entfliehen. Abschließend bleibt festzuhalten, dass es in der Diskussion um generative KI keine einfachen Wahrheiten gibt. Die Technologie bietet enorme Chancen, doch auch große Risiken und ungelöste ethische Fragen. Wer die Entwicklungen verfolgen möchte, muss das kritisch, neugierig und vor allem auch selbstfürsorglich tun.

Manchmal bedeutet dies, eine Pause einzulegen und erst später wieder mit frischem Blick und neuer Kraft einzusteigen. Vielleicht ist genau das das Beste, was man angesichts dieser Flut an Informationen und Emotionen tun kann.

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