Bill Gates zählt zu den prägendsten Persönlichkeiten der Computer- und Technologiewelt. Sein Interview aus dem Jahr 1993 beim National Museum of American History liefert faszinierende Einblicke in die Entwicklung von Microsoft, seine persönlichen Erfahrungen und seine Visionen für die Zukunft der Computertechnologie. Dieses Interview zeichnet sich durch Ehrlichkeit, Detailreichtum und eine bemerkenswerte Voraussicht aus, die Gates bereits in den frühen 90er Jahren zeigte. Gates erinnert sich im Interview insbesondere an seine familiären Einflüsse, die seine spätere Karriere maßgeblich prägten. Sein Vater, ein Anwalt, und seine Mutter, die engagiert in verschiedenen geschäftlichen und gemeinnützigen Rollen war, vermittelten ihm bereits früh ein Verständnis für Verantwortung, Engagement und professionelle Welt.
Sie teilten Erlebnisse und Begegnungen mit politischen Persönlichkeiten mit ihm, was bei ihm das Interesse an der Geschäftswelt und an beratenden Prozessen förderte. Schon in seiner Schulzeit am Lakeside School entwickelte Gates ein ungewöhnlich starkes Interesse an Computern und Geschäft. Die Schule bot ihm trotz eines eher strengen Umfeldes Freiräume für seine Leidenschaft, zum Beispiel durch den Zugang zu Computern wie dem PDP-10, einem leistungsstarken, damals noch seltenen Time-Sharing-System. Zusammen mit Freunden wie Paul Allen gründete er die Lakeside Programmiergruppe, die sich durch ihre Hingabe und fortgeschrittenen Kenntnisse auszeichnete. Gerade die intensive Beschäftigung mit Maschinen wie dem PDP-10 und Sprachen wie BASIC, FORTRAN und LISP schuf die Grundlagen für seine späteren Erfolge.
Ein besonders spannendes Kapitel im Interview ist die Gründung von Traf-O-Data, einem frühen Softwareunternehmen, das Verkehrsdaten auswertete. Interessanterweise baute Gates und sein Team eigene Hardware mit dem damals neuen 8008 Mikroprozessor, was für die damalige Zeit äußerst innovativ war. Trotz gewisser technischer Schwierigkeiten konnte das Projekt erste kommerzielle Erfolge erzielen und ermöglichte der Gruppe wertvolle Erfahrungen im Zusammenspiel von Hard- und Software. Mit dem Aufkommen des Altair 8800, dem ersten erhältlichen Mikrocomputer-Kit, trat Gates mit Paul Allen in direkten Kontakt zu MITS, der Firma hinter dem Altair. Diese Begegnung markierte einen Wendepunkt.
Microsoft, damals noch nicht offiziell gegründet, schrieb eine Version von BASIC für den Altair, wobei die Programmierung ohne das physische Gerät begann – mittels einer Software-Simulation auf einem PDP-10. Das Risiko und die Zuversicht, dieses Projekt durchzuziehen, zeugen von Gates’ unternehmerischem Mut und technischer Kompetenz. Die erfolgreiche Auslieferung von Altair BASIC machte Microsoft schnell zu einem zentralen Akteur im aufkommenden Markt für Mikrocomputer. Gates beschreibt ausführlich die frühen Unternehmungen, die sich auf BASIC konzentrierten. Die Strategie war nicht nur, Software für einen Hersteller zu schreiben, sondern eine breite Basis an Kunden zu erreichen, indem sie BASIC auf verschiedenen Plattformen wie dem TRS-80, Apple II und Commodore PET einsetzten.
Diese lizenzbasierte Verbreitung wurde dank der kompatiblen S-100 Bus Architektur und der Zusammenarbeit mit Hardwareherstellern maßgeblich durchgesetzt. Die Bedeutung von Microsoft BASIC wurde so groß, dass es später auf nahezu jeder frühen Mikrocomputerplattform vertreten war. Während das Unternehmen wuchs, entwickelte sich auch die Microsoft-Kultur. Sie basierte auf hoher Leistungsbereitschaft, klugen Köpfen und dem Streben, qualitativ hochwertige Software schnell fertigzustellen. Gates selbst nahm eine Vorbildfunktion ein, indem er oft selbst am Code arbeitete und hohe Ansprüche an die Details stellte.
Die Teams waren klein und agil, zugleich aber auch technisch höchst kompetent. Diese Kultur half Microsoft, gegenüber zahlreichen Wettbewerbern die Führung zu behaupten. Ein weiterer Schlüsselmoment in Gates’ Interview ist die Mitwirkung an der Entstehung des IBM PC. Microsoft war nicht nur Entwickler von Programmiersprachen, sondern auch zentral in die Planung von Betriebssystemen und Tools einbezogen. Mit der Übernahme des SCP-DOS (später MS-DOS) trug Microsoft maßgeblich zum Standardbetriebssystem von IBM-PC kompatiblen Computern bei, was die persönliche Computerindustrie revolutionierte.
Die enge Zusammenarbeit mit IBM hatte Herausforderungen, wie vertragliche Geheimhaltung und bürokratische Hürden, aber auch positive Effekte, die den Weg für den kommerziellen Erfolg ebneten. Darüber hinaus zeigt das Interview, wie Microsoft sich stetig weiterentwickelte und diversifizierte. Neben programmbasierten Kernprodukten begann das Unternehmen, sich zunehmend auf Geschäftssoftware wie Tabellenkalkulationen (Multiplan) und Textverarbeitung (Word) zu konzentrieren. Dabei war die Vision stets, die besten Werkzeuge für den Endbenutzer bereitzustellen und die grafische Benutzeroberfläche frühzeitig zu fördern. Mit dem Engagement in Tastaturen, Mäusen (Mouse) und dem Betriebssystem Windows setzte Microsoft wiederum neue Maßstäbe.
Die Zeiten des Umzugs von Albuquerque nach Seattle und das rasante Wachstum der Mitarbeiterzahl spiegeln die dynamische Entwicklung eines Unternehmens wider, das aus einer kleinen Gruppe von Enthusiasten ein weltumspannendes Softwareimperium schuf. Gates beschreibt dabei die Herausforderungen, etwa wie er begann, Manager einzustellen, um die zunehmenden Teams zu koordinieren, während er gleichzeitig die Kultur des Unternehmens bewahren wollte. Im Bezug auf das Produktportfolio ging Microsoft strategisch vor, immer mit einem Blick auf die technische Entwicklung und die Marktgegebenheiten. Gates hebt hervor, dass das Unternehmen nie nur auf ein einzelnes Produkt setzen wollte, sondern vielmehr eine breite Basis an Softwareprodukten und -sprachen entwickelte, um unterschiedliche Marktsegmente abzudecken. Während der Konkurrenzkampf mit Produktikonen wie Lotus 1-2-3, WordPerfect oder Digital Research scharfe Auseinandersetzungen mit sich brachte, richtete Microsoft den Fokus auf technische Überlegenheit, langfristigen Entwicklungsansatz und breite Kompatibilität.
Gates’ Blick in die Zukunft zeigt seine Charakterstärke als Visionär. Er spricht von der stetigen Verbreitung von Computern, die von der Größe eines Geldbeutels bis hin zu großen Bildschirmen reichen werden, verbunden über kabelgebundene oder drahtlose Netzwerke. Die Vision des "Information Highway" deutet auf das Internet und digitale Kommunikation hin, die er bereits damals als revolutionär ansah. Gleichzeitig äußert Gates seine Überlegungen zu künstlicher Intelligenz und potenziell beängstigenden Entwicklungen, insbesondere wenn Computer menschenähnliche Denkfähigkeiten entwickeln. Seine Einschätzungen vermitteln ein Bewusstsein für Chancen und Risiken, kombiniert mit einem pragmatischen Optimismus.