WebAssembly hat in den letzten Jahren das Potenzial gezeigt, Web- und plattformübergreifende Anwendungen effizienter und sicherer zu machen. Eine der zentralen Herausforderungen für WebAssembly bestand stets darin, wie Programme, die ursprünglich für klassische Betriebssysteme geschrieben wurden, eine Schnittstelle zu Systemressourcen erhalten können. Hier kommt das WebAssembly System Interface, kurz WASI, ins Spiel. WASI zielt darauf ab, eine standardisierte System-API für WebAssembly-Module bereitzustellen und somit die Ausführung von nativen Anwendungen in einer sicheren, portierbaren Sandbox zu ermöglichen. Trotz großer Erwartungen ist der Entwicklungsstand von WASI jedoch weiterhin von Herausforderungen geprägt, die bisherige Lösungen, insbesondere Emscripten, zumindest teilweise überkompensieren konnten.
WASI wurde von der Bytecode Alliance vorangetrieben, mit dem Ziel, WebAssembly-Anwendungen Zugriff auf Systemressourcen wie Dateisystem, Netzwerk und Zeitmessung zu ermöglichen, ohne dabei die Sicherheit zu kompromittieren. Die Idee ist, eine Plattform zu schaffen, auf der Anwendungen unabhängig vom zugrundeliegenden Betriebssystem laufen können. Trotz dieser vielversprechenden Vision hat sich gezeigt, dass WASI gegenwärtig noch einige wichtige Funktionen nicht vollständig unterstützt. Insbesondere fehlen grundlegende Betriebssystem-Features wie Threads, Signale oder umfassende POSIX-Kompatibilität, was die Portierung bestehender Anwendungen erschwert.Ein häufiger Vergleich fällt auf Emscripten, ein älteres Toolchain-Set, das lange Zeit als De-facto-Standard für die Kompilierung von C/C++ Programmen nach WebAssembly galt.
Emscripten bietet einen umfassenden Wrapper und emuliert zahlreiche POSIX-Funktionalitäten, was es ermöglicht, komplexe Anwendungen und Frameworks direkt in der Webumgebung zum Laufen zu bringen. Dadurch konnte man unter anderem Programme wie Python-Interpreter oder komplexe Spiele mit ordentlicher Unterstützung aller System-Aufrufe ausführen. Allerdings wird Emscripten immer wieder als „veraltet“ oder „weniger aktiv gewartet“ beschrieben, was Fragen zur langfristigen Nachhaltigkeit wirft.Genau deshalb rückt WASI stärker in den Fokus. Im Gegensatz zu Emscripten verfolgt WASI einen standardisierten und modularen Ansatz, der eine bessere Integration in diverse Laufzeitumgebungen erlauben soll.
Allerdings befindet sich WASI aktuell noch in einer Entwicklungsphase. Die Anforderungen an eine vollwertige System-Schnittstelle sind hoch, und das Team hinter WASI arbeitet derzeit an der nächsten Generation namens WASIp3. WASIp3 soll die Funktionalitäten von WASI erweitern, um Threads- und Signale-Support zu bieten und die Kompatibilität mit POSIX-Systemen zu verbessern. Allerdings bringt dieser Ansatz die Herausforderung mit sich, dass die Kompatibilität zwischen WASIp3 und dem ursprünglichen WASI nicht vollumfänglich erhalten bleibt. Dies nutzer- und entwicklerseitig Komplikationen, da bestehende Projekte oder Anwendungen teilweise Anpassungen benötigen, um auf WASIp3 zu laufen.
In diesem Kontext ist auch die Entwicklung von Wasmer erwähnenswert, einem quelloffenen WebAssembly-Runtime-Projekt, das versucht, die Lücke zwischen WASI und den Anforderungen der Entwickler zu schließen. Wasmer hat mit WASIX ein eigenes Projekt gestartet, das ein Superset von WASI bildet. WASIX unterstützt Threads, Signale, Forking und Subprozessmanagement, Funktionen, die sonst in WASI bisher fehlen. Mit WASIX lassen sich komplexe Programme wie Bash-Shell, CPython oder PHP nahezu ohne Kompromisse in WebAssembly-Module kompilieren und ausführen. Dies bringt eine deutliche Verbesserung im Vergleich zu WASI und macht WASIX besonders für Entwickler interessant, die ihre nativen Anwendungen auf WebAssembly migrieren möchten.
Ein Nachteil von WASIX liegt aktuell darin, dass es bisher nur von Wasmer als Laufzeitumgebung unterstützt wird. Eine größere Verbreitung und Integration in andere runtimes wäre wünschenswert, um eine breitere Akzeptanz zu erreichen. Dennoch zeigt die erfolgreiche Kompilierung und Ausführung komplexer Anwendungen mit WASIX das Potenzial von WebAssembly-Systemschnittstellen auf, die über das hinausgehen, was WASI heute nativ bietet.Die praktische Erfahrung eines Nutzers, der wasmtime mit wasi-libc einsetzte, verdeutlicht die aktuellen Herausforderungen. wasmtime selbst wirkt zwar leistungsfähig und vielseitig, doch die Abhängigkeit von zahlreichen Bibliotheken (über 400 Crates beim Build) macht eine einfache Nutzung nicht trivial.
Zudem gab es berichtete Probleme, beispielsweise in github-issues, welche die Stabilität und das nahtlose Zusammenspiel der Komponenten infrage stellen. Im Gegensatz dazu bietet Emscripten eine stabile, bekannte Umgebung, die Programme inklusive ihrer Datei-Abhängigkeiten ins WebAssembly-Paket reinpackt und somit den Zugriff auf das Dateisystem in der Sandbox überflüssig macht. Das sorgt für eine gewisse Eingängigkeit in der Handhabung, auch wenn langfristig der Standardisierungsansatz von WASI für ein nachhaltiges Ökosystem besser geeignet sein dürfte.Neuere Projekte im WebAssembly-Ökosystem, wie beispielsweise der UNIX-ähnliche Browser-basierte Betriebssystem-Emulator von Exaequos, zeigen zudem, wie WASI die Brücke zu systemnahen Anwendungen im Browser schlagen kann. Diese Projekte werden zunehmend WASI unterstützen und sowohl P1 als auch P2 Versionen einbinden, was weiterhin für frischen Schwung in die Entwicklung der WebAssembly-System-APIs sorgt.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass WASI sich noch immer in einer Pre-Maturitätsphase befindet. Es besteht eine große Hoffnung, dass mit der Weiterentwicklung von WASIp3 und weiteren Projekten wie WASIX bald die Lücke zu traditionellen WebAssembly-Lösungen wie Emscripten geschlossen werden kann. Die Herausforderungen liegen vor allem in der Implementierung von Threads, Signalen sowie einer besseren Kompatibilität mit bestehenden Systemaufrufen und POSIX-Standards. Für Entwickler, die bereits heute native Programme zuverlässig in WebAssembly ausführen wollen, bleibt Emscripten eine Option, die aufgrund ihrer weitreichenden Funktionalitäten und der relativ stabilen Nutzererfahrung bevorzugt wird.Dennoch wird der modulare, standardisierte, offene Ansatz von WASI langfristig als der bessere Weg angesehen, um WebAssembly auf Systemebene flächendeckend zu etablieren.
Insbesondere die Integration in diverse Laufzeitumgebungen sowie die zwischenzeitliche Unterstützung komplexer Anwendungen durch Projekte wie WASIX eröffnen spannende Perspektiven. Die kommenden Jahre dürften hier entscheidende Weiterentwicklungen mit sich bringen, die WebAssembly von einem reinen Browser-Format hin zu einer universellen Laufzeitplattform wachsen lassen. Entwickler und Unternehmen sollten die aktuellen Fortschritte im Auge behalten und sich aktiv mit dem Potenzial von WASI beschäftigen, um frühzeitig von den Vorteilen der nächsten WebAssembly-Generation zu profitieren.