Die Mobilitätsbranche in Indien befindet sich im Wandel, und ein junges Startup steht im Mittelpunkt dieser Entwicklung. Namma Yatri, gegründet im Jahr 2022, hat die traditionelle Ride-Hailing-Landschaft von Grund auf verändert und damit globale Marktführer wie Uber zu einem Umdenken gezwungen. Mit einem radikal neuen Geschäftsmodell setzt das Unternehmen auf Fahrerfreundlichkeit, Transparenz und eine innovative Bezahlstruktur, die die gesamte Branche in Indien auf den Kopf stellt. Doch wie gelang es Namma Yatri, trotz dominanter Wettbewerber wie Uber, Ola und Rapido, eine so starke Marktdynamik hervorzurufen? Und welche Auswirkungen hat dies auf die Zukunft der Mobilität in Indien und darüber hinaus? Namma Yatri startete als Aggregator für Auto-Rikschas in der indischen Metropole Bengaluru und entfernt sich bewusst von den üblichen Kommissionsmodellen, die von den meisten Ride-Hailing-Plattformen angewandt werden. Während Unternehmen wie Uber und Ola große Anteile der Erlöse der Fahrer für sich beanspruchen, führt Namma Yatri stattdessen ein Abo-System ein.
Die Fahrer zahlen der Plattform eine geringe tägliche Gebühr, erhalten im Gegenzug jedoch das gesamte Fahrgeld von den Kunden. Dieses Modell fördert eine nachhaltigere Einkommensquelle für die Fahrer und stärkt deren wirtschaftliche Position signifikant. Die Idee ist simpel, doch ihre Auswirkungen auf den lokalen Markt sind enorm. Das innovative Modell von Namma Yatri entstand aus einer engen Zusammenarbeit zwischen Technikexperten, einer gemeinnützigen Organisation und vor allem der Fahrergewerkschaft in Bengaluru. Die Entwickler von Juspay, einem von SoftBank unterstützten Fintech-Unternehmen, gingen sogar soweit, selbst Auto-Rikschas zu fahren, um die Probleme und Bedürfnisse der Fahrer besser zu verstehen.
Durch den Dialog mit der Auto Rickshaw Drivers’ Union (ARDU) konnte ein System geschaffen werden, das nicht nur die Kommissionsbelastung reduziert, sondern auch die Fahrten transparenter macht. Seit dem Start hat Namma Yatri mehr als 638.000 Fahrer unterstützt und ermöglicht aktuell fast 190.000 Fahrten pro Tag in über 15 Städten. Das Unternehmen hat seither über 175 Millionen US-Dollar an die Fahrer ausgezahlt – Zahlen, die zeigen, wie gut das Modell angenommen wird.
Gleichzeitig zwang dieses Erfolgsmodell auch die großen Player der Branche, ihre Strategien zu überdenken. Mehrere Konkurrenten, darunter Uber, begannen, eigene abonnementbasierte Modelle einzuführen, um konkurrenzfähig zu bleiben und die Fahrerzufriedenheit zu erhöhen. Darüber hinaus zeichnet sich Namma Yatri durch einen besonders offenen Ansatz aus, der auf Open-Source-Technologien und öffentlichen Daten basiert. Die Plattform ist die einzige in Indien, die wichtige Fahrerdaten und Fahrmetriken öffentlich zugänglich macht. Diese Transparenz stärkt das Vertrauen zwischen Fahrern und Unternehmen und dient als Grundlage für fundierte Entscheidungen seitens der Stakeholder.
Die offene Architektur der App fördert zudem öffentliche-private Partnerschaften, die zur Weiterentwicklung der digitalen Infrastruktur im Land beitragen. Nichtsdestotrotz steht Namma Yatri vor Herausforderungen. Obwohl die Fahrer insgesamt die niedrigeren Gebühren schätzen, gibt es Bedenken hinsichtlich möglicher Erhöhungen der Abo-Kosten, was bei einigen Fahrern für Unsicherheit sorgt. Hinzu kommt der wachsende Konkurrenzdruck, da etablierte Unternehmen mit größeren Kapitalpools und markenbekannterem Auftreten zunehmend ähnliche Modelle adaptieren. Verfügbarkeitsprobleme in Spitzenzeiten wirken sich ebenfalls auf das Kundenerlebnis aus, wie von Nutzern berichtet wird.
Dennoch bleibt die Plattform aufgrund ihrer transparenten und gemeinschaftsorientierten Ausrichtung attraktiv. Das innovative Modell hat auch steuerliche Vorteile, da Namma Yatri lediglich als Vermittler auftritt und keine Zahlungen direkt bündelt. Dies führt dazu, dass die Plattform keine Mehrwertsteuer auf Kundenzahlungen erheben muss, worauf sie von den indischen Steuerbehörden anerkannt wird. Allerdings gibt es noch uneinheitliche Regelungen bezüglich anderer Anbieter, die ähnliche Modelle verfolgen. Das Startup hat außerdem internationale Ambitionen.
Das Interesse von entwickelten wie auch aufstrebenden Märkten an Namma Yatris Technologie ist groß, da weltweit nach nachhaltigen und gerechteren Fahrdienstmodellen gesucht wird. Die Lerneffekte aus dem indischen Markt könnten somit wegweisend für globale Veränderungen sein. Neben dem wirtschaftlichen Erfolg setzt Namma Yatri auch soziale Akzente. Durch Initiativen zur Förderung von Frauen in einem traditionell von Männern dominierten Berufsfeld trägt das Unternehmen zu mehr Vielfalt und Gleichberechtigung bei. Plattform-Nutzer und Fahrer berichten von positiven Entwicklungen durch solche Programme, die über die reine Mobilität hinausgehen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Namma Yatri mit seinem abonnementbasierten Geschäftsmodell, seiner offenen Plattform und seiner sozialen Ausrichtung einen neuen Weg für die Mobilitätsbranche in Indien und darüber hinaus aufzeigt. Die Kombination aus Fahrerfreundlichkeit, Transparenz und technologischer Innovation zwingt Branchengrößen wie Uber, ihre Strategien zu überdenken, um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Zukunft der Ride-Hailing-Branche könnte deshalb stärker von solchen gemeinschaftsorientierten Geschäftsmodellen geprägt sein, die neben wirtschaftlicher Effizienz auch soziale Nachhaltigkeit in den Fokus rücken. Namma Yatri dient dabei als ein bemerkenswertes Beispiel, wie technologische und soziale Innovationen Hand in Hand gehen können, um bestehende Marktstrukturen zu hinterfragen und zu revolutionieren.