In einer richtungsweisenden Entscheidung hat das Oberste Gericht Kenias die Sammlung biometrischer Daten durch Worldcoin im Jahr 2023 als illegal bewertet. Das Urteil hebt hervor, dass die Datenerhebung nicht im Einklang mit den kenianischen Datenschutzgesetzen stand und fordert die sofortige Löschung aller durch das Projekt gewonnenen biometrischen Informationen, insbesondere der Iris-Scans. Dieses Gerichtsurteil beendet einen langwierigen Rechtsstreit, der fast zwei Jahre andauerte und mit öffentlichen Kontroversen, polizeilichen Ermittlungen sowie zivilrechtlichen Verfahren verbunden war. Gleichzeitig eröffnet das Urteil eine Diskussion über den Umgang mit sensiblen personenbezogenen Daten im digitalen Zeitalter und setzt einen neuen Standard für die Regulierung ähnlicher Projekte in der Region. Worldcoin, ein Projekt, das Nutzer für deren irisbasierte Identifikation mit Kryptowährung belohnt, hatte in Kenia begonnen, seine Dienste auszurollen.
Im Zeitraum zwischen 2022 und 2023 wurden zahlreiche Kenianerinnen und Kenianer gebeten, ihre biometrischen Daten bereitzustellen, um an dem innovativen System teilzunehmen. Die zentralen Bemühungen von Worldcoin konzentrierten sich darauf, durch das so genannte Iris-Scanning eine digitale Identität zu erstellen, die als Eintrittskarte für die Nutzung der Plattform und den Erhalt der Kryptowährung dient. Trotz der technologischen Innovation stieß die Praxis schnell auf Kritik. Schon im Juli 2023 verkündete die Datenschutzbehörde Kenias eine öffentliche Warnung, nachdem Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit und Transparenz der Datenerhebung laut wurden. Wenig später verhängte die Regierung von Kenia eine Suspendierung der Aktivitäten von Worldcoin.
Die Datenschutzkommission reichte zudem eine Klage ein, um die illegale Verarbeitung personenbezogener Daten rechtlich zu prüfen. Im Verlauf des Jahres 2024 zog die Polizei zwar die Ermittlungen zurück, das gerichtliche Verfahren selbst wurde aber aufrechterhalten und im März 2025 fanden die abschließenden Verhandlungen statt. Am 5. Mai 2025 folgte das wegweisende Urteil, das deutlich machte, dass Worldcoin gegen geltende Datenschutzbestimmungen verstoßen habe. Richterin Roselyne Aburili betonte in ihrer Urteilsbegründung, dass die Sammlung biometrischer Daten ohne rechtskonforme Grundlage nicht zulässig sei.
Sie ordnete nicht nur die sofortige Löschung aller sensiblen Daten an, sondern stellte auch damit die Weichen für die Zukunft der digitalen Identitätsvergabe in Kenia. Die Größenordnung dieses Urteils kann kaum überschätzt werden, denn es betrifft nicht nur ein einzelnes Unternehmen oder eine Region, sondern hat weitreichende Implikationen für den Umgang mit Blockchain-Technologien und biometrischen Identifikationssystemen auf dem ganzen Kontinent. Die Entscheidung des Gerichts reflektiert die steigende Sensibilität gegenüber Datenschutz und Sicherheit persönlicher Daten in einer Ära, in der digitale Technologien zunehmend die Kontrolle über persönliche Informationen ausweiten. Parallel zu der Entwicklung in Kenia beobachten Experten auch weltweite Trends rund um Worldcoin. Während Kenia die Datenerhebung untersagt hat, verzeichnet das Projekt in den USA einen offiziellen Start mit Unterstützung einer pro-krypto-freundlichen Regierungspolitik.
Dort wurde Worldcoin Anfang Mai 2025 in mehreren Städten eingeführt, wobei öffentliche Registrierung und Token-Verteilung gefördert werden. Im krassen Gegensatz dazu steht Indonesien, wo Behörden sämtliche Aktivitäten von Worldcoin aufgrund von Datenschutzverletzungen und möglicherweise nicht konformen Zulassungsunterlagen sofort ausgesetzt haben. Das verdeutlicht die unterschiedlichen Ansätze, wie verschiedene Länder mit den Chancen und Risiken solcher hochsensiblen und innovativen Technologien umgehen. Die kenianische Entscheidung wirft fundamentale Fragestellungen auf: Wie wird kontrolliert, dass Worldcoin der Löschanordnung nachkommt, insbesondere wenn die Daten womöglich außerhalb Kenias gespeichert sind? Bedeutet das Urteil ein endgültiges Aus für Worldcoin in Kenia oder gibt es Aussichten auf eine Wiederzulassung unter strenger Einhaltung der Datenschutzgesetze? Wie wird das Unternehmen reagieren – mit einem öffentlichen Statement, einer Rechtmittelbeschwerde oder einer Umstrukturierung seines Datenmanagements? Zudem setzt das Urteil einen Maßstab, der auch von anderen Unternehmen und Projekten, die mit Blockchain und biometrischen Daten arbeiten, wahrgenommen wird. Für den afrikanischen Kontinent ist dies eine wegweisende Entscheidung, die die Messlatte für den Schutz der digitalen Privatsphäre höher legt.
Experten und Datenschützer sehen den Fall als wichtigen Schritt zur Stärkung der digitalen Rechte und der regulatorischen Klarheit. Gleichzeitig macht das Urteil deutlich, wie essenziell eine Balance zwischen Innovation, wirtschaftlicher Entwicklung und dem Schutz der individuellen Rechte in der digitalen Ära ist. Es bleibt abzuwarten, ob Kenia als Vorreiter einen Trend zur Verschärfung der Datenschutzregulierung im afrikanischen Raum einleitet und wie andere Länder auf dieses Signal reagieren. Die Auswirkungen auf die Blockchain- und Kryptowährungsbranche könnten erheblich sein, denn insbesondere bei sensiblen biometrischen Daten ist der Schutz der Privatsphäre von zentraler Bedeutung, um Vertrauen bei den Nutzern aufzubauen. Abschließend lässt sich festhalten, dass die Entscheidung des kenianischen Obersten Gerichts nicht nur eine Reaktion auf eine spezifische Sachlage darstellt, sondern grundsätzliche Fragen des Datenschutzes im digitalvernetzten Zeitalter aufwirft.
Das Thema digitale Identität, biometrische Daten und deren rechtmäßige Nutzung werden auch in Zukunft im Zentrum von rechtlichen, politischen und gesellschaftlichen Debatten stehen. Die juristische und regulatorische Entwicklung in Kenia könnte daher beispielgebend für andere Länder sein, die versuchen, den Spagat zwischen technologischem Fortschritt und Datenschutz zu meistern.