Die globale Erwärmung ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit und beeinflusst nahezu jeden Aspekt unseres Lebens, von Umwelt und Wirtschaft bis hin zur Gesundheit. Ein oft unterschätzter, aber wichtiger Effekt der steigenden Temperaturen betrifft unseren Schlaf – insbesondere die Entwicklung und Verschlechterung der obstruktiven Schlafapnoe (OSA). Diese weitverbreitete Schlafstörung könnte durch den Klimawandel in den kommenden Jahrzehnten massiv zunehmen und dabei nicht nur individuelle Gesundheit gefährden, sondern auch große sozial-ökonomische Folgen mit sich bringen. Obstruktive Schlafapnoe ist eine chronische Erkrankung, bei der die Atemwege während des Schlafs wiederholt blockiert werden. Dies führt zu Atemaussetzern, häufigem Erwachen und einer minderwertigen Schlafqualität.
Die Folge sind Tagesmüdigkeit, Konzentrationsprobleme, Bluthochdruck, Herz-Kreislauferkrankungen und ein erhöhtes Risiko für Verkehrsunfälle. Weltweit wird geschätzt, dass fast eine Milliarde Erwachsene potenziell von OSA betroffen sind, was die Bedeutung der Schlafstörung für das öffentliche Gesundheitswesen unterstreicht. In den letzten Jahren haben Forschende zunehmend den Einfluss von Umweltfaktoren auf OSA untersucht. Insbesondere steigende Temperaturen durch die globale Erwärmung könnten den Symptomen und der Häufigkeit von Schlafapnoe nachhaltig zusetzen. Eine große internationale Studie, die über 116.
000 Nutzer eines FDA-zugelassenen Schlafüberwachungsgeräts analysierte, fand heraus, dass warme Nächte mit höheren Durchschnittstemperaturen signifikant mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für nächtliche OSA-Ereignisse verbunden sind. So erhöhten Tage mit einer durchschnittlichen Temperatur von etwa 27 Grad Celsius die Wahrscheinlichkeit, an diesem Abend OSA zu haben, um 45 Prozent gegenüber kühleren Nächten mit rund 6 Grad Celsius. Dabei zeigte sich, dass diese Wirkung länderübergreifend unterschiedlich ausfällt und besonders in europäischen Ländern stärker ausgeprägt ist. Auch soziale und wirtschaftliche Faktoren spielen eine Rolle: Die Zunahme der OSA durch höhere Temperaturen zeigt sich tendenziell stärker in Ländern mit geringerem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf, was auf geringeren Zugang zu Kühlmöglichkeiten wie Klimaanlagen oder gesundheitlicher Versorgung hindeuten kann. Die exakten Mechanismen, warum warmes Wetter OSA verstärkt, sind noch Gegenstand der Forschung.
Ein möglicher Erklärungsansatz liegt darin, dass hohe Temperaturen das nächtliche Schwitzen und Unwohlsein fördern und so das Durchhaltevermögen ruhiger und erholsamer Schlafphasen mindern. Hitze kann Atemwege zudem stärker reizen und den gesunden Schlafrhythmus stören. Zudem beeinträchtigt wärmeres Klima generell die Schlafdauer und -qualität, was wiederum das Risiko für Schlafstörungen erhöht. Die gesundheitlichen Folgen eines Temperatur-bedingten Anstiegs der OSA-Belastung sind erheblich. Die oben erwähnte Studie schätzt für das Jahr 2023 in 29 Ländern einen Verlust von fast 800.
000 gesunden Lebensjahren allein aufgrund der Zunahme von OSA durch den Klimawandel. Das entspricht dem Verlust von Lebensqualität, funktioneller Gesundheit und Produktivität. Die sozioökonomischen Kosten durch verminderte Arbeitsfähigkeit, erhöhte Krankheitstage und medizinische Folgekosten belaufen sich auf etwa 98 Milliarden US-Dollar. Diese Zahlen verdeutlichen die doppelte Herausforderung: Einerseits müssen wir die Ursachen der globalen Erwärmung entschlossen bekämpfen, um die gesundheitlichen Folgen zu begrenzen; andererseits ist es notwendig, wirksame Maßnahmen zur Anpassung und Prävention des OSA-Risikos zu entwickeln. Zukünftige Klimaszenarien zeigen, dass bei einer Erwärmung von 1,8 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau mit einer weiteren Verdoppelung der OSA-Belastung bis zum Jahr 2100 gerechnet werden muss.
Steigt die Temperatur noch stärker an, kann sich die Zahl der Betroffenen und die Schwere der Erkrankung noch deutlicher erhöhen. Dies unterstreicht die Dringlichkeit wirksamer Klimaschutzmaßnahmen im Sinne globaler Gesundheitsstrategien. Neben der reinen Temperaturentwicklung müssen bei der Risikoabschätzung auch weitere gesellschaftliche Entwicklungen wie steigende Adipositasraten berücksichtigt werden, da Übergewicht ein wesentlicher Risikofaktor für OSA ist. Prognosen zeigen, dass eine Zunahme der Adipositas bis 2050 die OSA-Prävalenz zusätzlich ansteigen lassen könnte, was die Klimawandelbedingten Effekte potenziert. Die wirtschaftlichen Auswirkungen beschränken sich nicht nur auf direkte Krankheitskosten.
Schlafapnoe führt auch zu Produktivitätsverlusten durch längere Fehlzeiten (Absenteeismus) und verminderte Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz (Presenteeismus). Im Jahr 2023 resultierte die Zunahme von OSA infolge höherer Temperaturen in zusätzlichen 80 Millionen Tagen mit verminderter Produktivität und 25 Millionen Fehltagen in den untersuchten Ländern, was einem wirtschaftlichen Schaden von rund 30 Milliarden US-Dollar entspricht. Unter ungünstigen Klimaszenarien können diese Kosten bis 2100 erheblich steigen und damit immense Belastungen für Volkswirtschaften bedeuten. Interessanterweise zeigt die Forschung, dass trotz der Verfügbarkeit von Klimaanlagen und anderen Wärmeabbaumaßnahmen in wohlhabenderen Ländern, das Risiko im Vergleich zu ärmeren Ländern zwar geringer, aber dennoch präsent ist. Dies deutet darauf hin, dass auch persönliche Anpassungen und infrastrukturelle Schutzmaßnahmen allein nicht ausreichen, die zunehmenden Risiken vollständig abzuwenden.
Darüber hinaus gibt es kritische Einschränkungen in den erhobenen Daten. Die studierte Stichprobe stammte hauptsächlich aus entwickelten Ländern und überwiegend von männlichen Teilnehmern, was eine gewisse Verzerrung darstellen kann. Außerdem wurden Innenraumtemperaturen nicht gemessen, was die direkte Bestimmung der Hitzeexposition erschwert. Weitere Forschungen sind notwendig, um die genauen Bedingungen zu verstehen, unter denen Hitze OSA beeinflusst, sowie um vulnerable Gruppen und Regionen besser zu identifizieren. Im Hinblick auf die Diagnostik und Überwachung konnte das eingesetzte Schlafüberwachungsgerät trotz einiger Limitationen durch Multi-Nachtauswertung eine verlässliche Schätzung der OSA-Prävalenz bieten und so wichtige Erkenntnisse ermöglichen.
Die Erkenntnis, dass OSA eine hohe Nacht-zu-Nacht-Variabilität zeigt, unterstreicht zudem die Relevanz kontinuierlicher Überwachung statt einmaliger Diagnosen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die globale Erwärmung nicht nur allgemeine gesundheitliche Risiken birgt, sondern besonders das Risiko für obstruktive Schlafapnoe erhöht. Dies hat sowohl direkte Folgen für die individuelle Lebensqualität als auch weitreichende Auswirkungen auf die Gesundheitssysteme und Wirtschaftsleistung. Angesichts dieses Zusammenhangs gewinnt die Integration von Klimaschutz und Gesundheitspolitik eine neue Dimension. Die Reduktion der Treibhausgasemissionen im internationalen Rahmen bleibt der wichtigste Hebel, um den Anstieg der OSA-Belastung zu dämpfen.
Parallel sollten die Aufklärung über Schlafgesundheit, verstärkte Diagnostik und der Ausbau von Behandlungsmöglichkeiten intensiviert werden. Innovative Therapieansätze, verbesserte Zugänge zu medizinischer Versorgung sowie eine Sensibilisierung der Arbeitgeber und Gesellschaft sind wichtige Bausteine, um die Folgen einer zunehmenden Schlafapnoe in einer wärmeren Welt abzumildern. Das zukünftige Zusammenwirken aus Klimaschutz, medizinischem Fortschritt und sozialer Anpassung wird darüber entscheiden, wie gut Gesellschaften auf die wachsenden Herausforderungen in Bezug auf Schlafstörungen reagieren können. Die Forschung zur Verbindung von Umweltfaktoren und Schlafgesundheit gewinnt damit an Bedeutung und lohnt intensivere Aufmerksamkeit in Wissenschaft, Gesundheitswesen und Politik. So zeigt sich, dass der Klimawandel nicht nur das äußere Umfeld verändert, sondern tiefgreifende Auswirkungen auf unseren inneren Gesundheitszustand hat – mit dem Schlaf als wichtigstem Regenerationsmechanismus des Menschen.
Eine ausreichende Berücksichtigung dieser Zusammenhänge ist unerlässlich, um zukunftsfähige und gesundheitsfördernde Gesellschaften zu gestalten.