Das European Lisp Symposium 2025 fand vom 19. bis 20. Mai in Zürich statt und hat erneut die internationale Lisp-Community zusammengebracht, um die neuesten Entwicklungen und Trends rund um diese historische und bis heute bedeutende Programmiersprache zu diskutieren. Die hybride Veranstaltung im Swiss Game Hub sowie die Online-Komponente ermöglichten eine vielfältige Teilnahme, wobei Experten, Entwickler und Wissenschaftler aus aller Welt zusammenkamen, um Lisp in der heutigen Technologie-Landschaft zu reflektieren und zu fördern. Das Symposium bot spannende Vorträge, Erfahrungsaustausch, Forschungsergebnisse sowie eine lebendige Diskussion über Lisp, das oft als die Mutter vieler moderner Programmiersprachen bezeichnet wird.
Entscheidend für das Event war die Verbindung von Lisp mit aktuellen Themen wie Künstliche Intelligenz, Software-Sicherheit und den Herausforderungen moderner Programmiermethoden. Einer der Höhepunkte war der Vortrag von Jürg Gutknecht, emeritierter Professor der ETH Zürich, der eine retrospektive Betrachtung seines Projekts Oberon präsentierte. Seine Ausführungen zeigten, wie die Entwicklungen der Programmiersprachen Pascal, Modula-2, Oberon und Lola in den 1970er bis 1990er Jahren an der ETH Zürich zu wegweisenden Personal Workstations wie Lilith und Ceres führten. Gleichzeitig erläuterte Gutknecht, wie diese Sprachen Generationen von Studierenden beeinflussten und welche nachhaltige Bedeutung sie in der Geschichte der Informatik einnehmen. Ein weiterer aufsehenerregender Beitrag behandelte die Relevanz von Lisp im Kontext der modernen AI-Forschung.
Anurag Mendhekar von Paper Culture LLC stellte die provokante Frage, ob Lisp im neuen Zeitalter der Künstlichen Intelligenz noch eine Rolle spielt. Während Lisp in den Anfängen der KI-Forschung die zentrale Sprache war und wichtige Innovationen im Compilerbau, in der Sprachentwicklung und in der Hardwarearchitektur inspirierte, fehlt es in der aktuellen AI-Landschaft, die von Python dominiert wird, offenbar fast vollständig. Mendhekar analysierte die Gründe für diese Verschiebung eindrücklich und forderte die Lisp-Community auf, sich neu zu orientieren, um Lisp wieder relevant zu machen. Seine Schlussfolgerungen laden zu einer intensiven Diskussion darüber ein, inwieweit die Prinzipien und Stärken von Lisp in modernen AI-Anwendungen wiederbelebt oder neu interpretiert werden können. Robert Smith stellte mit seinem Vortrag „Toward safe, flexible, and efficient software in Common Lisp“ einen aktuellen Forschungsstand vor, der sich mit der Vereinbarkeit von Sicherheit, Flexibilität und Performance in der Softwareentwicklung beschäftigt.
Sein Fokus lag auf Coalton, einer eingebetteten Sprache innerhalb von Common Lisp, die ein Typ-System ähnlich dem von Haskell verwendet, um Programmsicherheit zu gewährleisten und Optimierungen zu ermöglichen, die in reinem Common Lisp schwer umsetzbar sind. Smith zeigte auf, wie Coalton neuartige Abstraktionen unterstützt und in zwei kommerziellen Unternehmen bereits im Einsatz ist. Die Bedeutung dieses Vortrags lag in der Verbindung von theoretischem Fortschritt und praktischer Anwendbarkeit, ein Faktor, der für die Zukunft von Lisp entscheidend sein kann. Ferner wurde im Programm viel Raum für Erfahrungsberichte geboten, die insbesondere den Nachwuchs und die Community-Entwicklung reflektierten. Michał Herda und Wojciech Gac gaben eine umfassende Darstellung darüber, wie man neue Lisp-Programmierer gewinnt und nachhaltig unterstützt.
Dieses Thema ist angesichts des engen Fachkräfteangebots im Bereich funktionaler und Lisp-basierter Sprachen von großer Bedeutung. Ein weiterer Erfahrungsbericht befasste sich mit dem Portieren des Steel Bank Common Lisp Compilers und Laufzeitumgebung für die Nintendo Switch, eine spannende Verbindung zwischen klassischer Programmiersprache und moderner Hardware, präsentiert von Charles Zhang und Yukari Hafner. Die Mischung aus technischen Details und Innovationspotenzial zeigte eindrücklich, wie Lisp in unerwarteten Kontexten glänzen kann. Die Forschungspapiere der Konferenz deckten ebenfalls ein breites Spektrum ab. Pierre-Évariste Dagand und Frédéric Peschanski präsentierten ihre Arbeit unter dem Titel „The Lisp in the Cellar“ remote, während Jim Newton das Thema „Programming with Useful Quantifiers“ behandelte.
Martin Atzmueller widmete sich der Perspektive von Deep Learning mit Common Lisp und lieferte wertvolle Einsichten, wie Lisp-basierte Umgebungen zur Forschung im Bereich maschinellen Lernens beitragen können. Besonders eindrucksvoll war die Podiumsdiskussion mit renommierten AI-Experten, in der Lisp und AI gemeinsam betrachtet wurden. Anurag Mendhekar, Martin Atzmueller, Vsevolod Domkin, Gábor Melis und Dave Cooper tauschten ihre Sichtweisen aus, um Zukunftsperspektiven zu skizzieren, Potenziale und Grenzen von Lisp in der modernen KI-Forschung zu definieren und gemeinsame Wege für eine Renaissance der Sprache auszuloten. Das Symposium wurde durch ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm ergänzt, das von Lightning Talks bis zu einem Hackathon reichte. Diese Formate förderten den interaktiven Austausch, begünstigten Networking und förderten die kreative Implementierung neuer Ideen, die sicherlich in zukünftigen Projekten und Forschungsarbeiten ihren Niederschlag finden werden.
Die organisatorische Leitung lag bei François-René Rideau Đặng-Vũ Bân als Programme Chair, Didier Verna als Organizing Chair und Yukari Hafner als Local Chair in Zürich. Die internationale Zusammensetzung des Komitees spiegelte die globale Vernetzung der Lisp-Community wider und zeigte die Bandbreite an Fachkompetenzen, die in das Event eingebracht wurden. Die Wahl der Location mit dem Swiss Game Hub unterstrich die Verbindung zur digitalen Zukunft und innovativen Technologien. Die Tagungen fanden in einem der modernsten Zentren für Games und digitale Innovationen in Zürich statt, was der Veranstaltung den passenden Rahmen verlieh. Die Verfügbarkeit der Programmdaten im iCalendar-Format sowie die Verbreitung von Vorträgen und Materialien über YouTube und Zenodo zeugen von einem zeitgemäßen Ansatz, die Erkenntnisse der Konferenz nachhaltig öffentlich zugänglich zu machen und eine breite Community einzubinden.
Das European Lisp Symposium 2025 zeigt eindrucksvoll, dass Lisp trotz seines hohen Alters keinesfalls als veraltet gelten muss. Vielmehr lebt die Sprache in neuen Konzepten und Anwendungen weiter. Die vielfältigen Beiträge des Symposiums spiegeln das Bestreben wider, Lisp nicht nur zu bewahren, sondern auch den Herausforderungen der modernen Softwareentwicklung und künstlichen Intelligenz anzupassen. Die eingehende Diskussion über die Rolle von Lisp im AI-Zeitalter signalisiert, dass die Zukunft dieser Sprache eng mit der Fähigkeit der Community verknüpft ist, innovative Lösungen zu finden und die Stärken von Lisp in aktuellen Technologietrends einzubringen. Für Entwickler, Forscher und Enthusiasten bietet das European Lisp Symposium 2025 eine Plattform, um sich zu vernetzen, voneinander zu lernen und gemeinsam die Zukunft von Lisp zu gestalten.
Die Veranstaltung in Zürich war nicht nur ein Rückblick auf die reiche Geschichte von Lisp, sondern ein Aufruf zur aktiven Gestaltung der kommenden Jahre, in denen Lisp weiterhin eine gewichtige Rolle spielen kann – insbesondere im Kontext der Künstlichen Intelligenz, der funktionalen Programmierung und der sicheren, effizienten Softwareentwicklung. Die vielfältigen Programmangebote, die internationale Beteiligung und die interaktive Gestaltung der Veranstaltung motivieren zur weiteren Beschäftigung mit Lisp und seinen Einsatzmöglichkeiten in verschiedensten Anwendungsbereichen. Ein Besuch oder eine aktive Teilnahme an kommenden European Lisp Symposien ist für alle Interessierten dringend empfohlen, die den Puls der Lisp-Community fühlen und zum Fortschritt in diesem spannenden Feld beitragen möchten.