Starbucks gilt seit Jahrzehnten als eine der bekanntesten und erfolgreichsten Marken weltweit. Das Unternehmen hat durch seine Innovationskraft, sein einzigartiges Kundenerlebnis und seine globale Präsenz eine starke Marktposition erobert. Doch selbst Branchenriesen wie Starbucks sind nicht vor Herausforderungen gefeit, insbesondere wenn sie sich in einer Phase der Umstrukturierung oder Neuausrichtung, eines sogenannten Turnarounds, befinden. Investitionen in Turnaround-Aktien versprechen oft hohe Renditen, bergen jedoch auch besondere Risiken. Das jüngste Beispiel Starbucks zeigt eindrücklich, warum Anleger bei solchen Aktien mit Vorsicht agieren sollten.
In den letzten Jahren durchlebte Starbucks eine wahre Achterbahnfahrt an der Börse. Nach einem Hoch von über 115 US-Dollar je Aktie im Februar 2025 fiel der Kurs auf etwa 81 US-Dollar, was einem deutlichen Rückgang in einem vergleichsweise kurzen Zeitraum entspricht. Diese Entwicklung erfolgte, obwohl der Gesamtmarkt sich nach zwischenzeitlichen Turbulenzen wieder erholte. Anleger, die auf das Wiedererstarken von Starbucks gesetzt hatten, erlebten dadurch Verluste und wichen zunehmend auf andere Aktien aus. Eines der Hauptprobleme bei Starbucks war das wechselhafte Management, das Unsicherheit bei Investoren erzeugte.
Nach dem Rücktritt vorige Führungspersonen kehrte der Gründer Howard Schultz im April 2022 als Interims-CEO zurück und versuchte, das Unternehmen zur ursprünglichen Philosophie zurückzuführen – der „dritte Ort“ neben Zuhause und Arbeit. Während diese Strategie bei einigen Kunden Anklang fand, zeigte sich, dass fundamentale Herausforderungen bestehen blieben. Im April 2023 übernahm Laxman Narasimhan die Leitung, blieb aber nur bis August 2024. Anschließend holte Starbucks Brian Niccol von Chipotle, der schon dort einen erfolgreichen Turnaround umgesetzt hatte. Diese Personalwechsel führten zwar zu anfänglicher Euphorie, unterstrichen jedoch auch die grundlegende Schwierigkeit, ein so komplexes Unternehmen zu stabilisieren und neu auszurichten.
Investieren in Turnaround-Aktien erfordert daher ein differenziertes Verständnis: Der Erfolg eines Turnarounds hängt maßgeblich davon ab, ob die zugrundeliegenden Probleme tatsächlich lösbar sind. Häufig stehen Managementfehler, ineffiziente Strukturen oder strategische Fehlentscheidungen im Vordergrund. Wenn ein Unternehmen diese Schwächen beheben kann, winken hohe Wertsteigerungen. Allerdings sind nicht alle Herausforderungen leicht zu meistern und manche Probleme können tief verwurzelt sein, besonders bei global operierenden Konzernen mit vielfältigen Märkten und Kundenbedürfnissen. Starbucks ist ein Paradebeispiel für ein Unternehmen mit großem Potenzial, das aber durch seine internationale Ausrichtung und Marktkomplexität besonders schwer zu steuern ist.
Die globale Präsenz bedeutet vielfältige kulturelle Anforderungen, unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen und ambitionierte Expansionsstrategien. Gleichzeitig hat das Unternehmen in den vergangenen Jahren erhebliche Schulden aufgenommen, ohne dass die Gewinnentwicklung entsprechend gestiegen wäre. Diese finanzielle Belastung schränkt die Flexibilität ein, besonders wenn Marktbedingungen angespannt sind oder Investitionen zur Restrukturierung nötig werden. Trotz der Schwierigkeiten bietet Starbucks aber auch wichtige Lehren für Anleger, die Turnaround-Chancen suchen. Erfolgreiche Beispiele großer Technologieunternehmen zeigen, dass strategische Neuausrichtungen enorme Wertschöpfung generieren können.
Apple revolutionierte seine Produktpalette unter Steve Jobs, Netflix gelang der disruptive Sprung von DVD-Verleih zu Streaming, und Amazon setzte mit Amazon Web Services auf eine völlig neue Einnahmequelle, die mittlerweile wertvoller ist als der Hauptgeschäftszweig. Auch Facebook, heute Meta Platforms, konnte mit dem Kauf von Instagram seine Position deutlich stärken. Der Unterschied zu Starbucks liegt allerdings darin, dass bei diesen Beispielen meist klare, zukunftsweisende strategische Schritte erfolgten, die substanzielle neue Umsatz- und Gewinnquellen öffneten. Starbucks dagegen kämpft aktuell noch mit der Frage, wie es sein Kerngeschäft nachhaltiger gestalten und gleichzeitig innovative Ansätze verfolgen kann, ohne das gewohnte Markenimage und die Kundenbindung zu gefährden. Für Investoren bedeutet das, dass bei Turnaround-Aktien nicht nur das Potenzial, sondern vor allem die Umsetzbarkeit der Strategie bewertet werden muss.
Es ist von großer Bedeutung, Managementqualität, Finanzstruktur und Marktposition zu analysieren. Ein häufiger Fehler ist die Überschätzung der Möglichkeit, rasch und mit geringem Risiko wieder auf Wachstumskurs zu kommen. Große Veränderungen benötigen Zeit, und Zwischenphasen mit Rücksetzern sind üblich. Zudem sollte die internationale Verflechtung von Unternehmen wie Starbucks nicht unterschätzt werden. Unterschiedliche wirtschaftliche, politische und kulturelle Rahmenbedingungen verstärken die Komplexität und können die Umsetzung von Umstrukturierungen erschweren.
Die Investmententscheidung wird dadurch zu einem Balanceakt zwischen Chancen und Risiken. Schließlich zeigt das Beispiel Starbucks, dass auch bekannte Marken mit loyaler Kundenbasis nicht automatisch eine Erfolgsgarantie für Investoren darstellen. Marktveränderungen, neue Wettbewerber und veränderte Konsumgewohnheiten wirken sich unmittelbar auf das Geschäft aus und können traditionelle Geschäftsmodelle infrage stellen. Investoren sind gut beraten, ihre Erwartungen anzupassen und flexibel auf neue Informationen zu reagieren. Abschließend lässt sich sagen, dass Turnaround-Investments durchaus attraktiv sein können, wenn die zugrundeliegenden Faktoren stimmen.
Bei Starbucks sind derzeit noch viele Fragezeichen vorhanden, weshalb potenzielle Anleger die Entwicklungen genau beobachten und sich nicht von kurzfristigem Optimismus leiten lassen sollten. Eine nüchterne Analyse der Situation und realistische Einschätzung der Herausforderungen bieten die beste Grundlage, um in solchen Situationen nachhaltige Entscheidungen zu treffen und langfristig erfolgreich zu investieren.