Inmitten der pulsierenden Metropole Hongkong verbirgt sich ein einzigartiger Ort, der für Technikliebhaber und Gaming-Enthusiasten weltweit eine besondere Bedeutung hat. Sham Shui Po, ein traditionelles Arbeiterviertel, ist die Heimat des Golden Computer Centers und der angrenzenden Arcade – ein wahres Labyrinth voller Elektronikangebote, das seit mehr als drei Jahrzehnten Technikgeschichte schreibt und lebendig hält. Diese Gegend ist nicht nur ein Mekka für technikbegeisterte Bewohner Hongkongs, sondern auch Touristen, die auf der Suche nach seltenen, gebrauchten und brandneuen elektronischen Produkten die Wege durch die verwinkelten Gänge erkunden. Das Golden Computer Center ist dabei weit mehr als nur ein Handelszentrum – es steht symbolisch für den rasanten Wandel der Technologielandschaft und den kulturellen Facetten Hongkongs. In den frühen Jahren, als das Einkaufszentrum in den 1970er-Jahren eröffnet wurde, dominierten noch Kleidungsgeschäfte, Kosmetikläden und Friseursalons die Szenerie im Erdgeschoss.
Doch schon bald änderte sich das Bild grundlegend. Anfang der 1980er-Jahre wurde Sham Shui Po bekannt als ein Zentrum für erschwingliche Elektronik, wobei insbesondere das Golden Computer Center zunehmend mit Händlern besetzt wurde, die preiswerte Kopien von damals populären Computern und Konsolen anboten. Ein bedeutender Teil davon waren illegale Nachahmungen des Apple II, die überwiegend aus Taiwan importiert wurden und zu einem Bruchteil der Originalpreise angeboten wurden. Die Verbreitung dieser Produkte machte das Viertel zum pulsierenden Hotspot für diejenigen, die sich legitime Geräte nicht leisten konnten oder einfach auf der Suche nach günstigen Alternativen waren. Dabei darf nicht übersehen werden, dass in diesen ersten Jahren des Elektronikhandels das Golden Computer Center auch als ein Hort der Piraterie galt.
Der Handel mit gefälschten Spielen, Software und Konsolen erlebte hier eine Blütezeit: Händler boten teilweise direkt illegale Kopien und Raubkopien an, die oft unter der Ladentheke versteckt wurden, als Strafverfolgungsbehörden zunehmend gegen die Praxis vorgingen. Besonders die Ära der Nintendo Famicom-Spiele war geprägt von Angeboten, die vom internationalen Recht kaum bewacht wurden. Weiterhin erlaubten Hersteller wie Sharp mit ihren X68000-Systemen eine lebendige Tausch- und Verkaufscommunity, die auf teils obskuren Wegen Zugriff auf Spiele erhielt. Dieses Umfeld förderte zwar einen eigentümlichen Schwarzmarkt, prägte jedoch auch eine Kultur der Technikbegeisterung und des frühzeitigen Zugangs zu Innovationen, die in offiziellen Kanälen oft zu spät oder zu teuer waren. Zu den prägenden Persönlichkeiten, die solche Entwicklungen mitgestaltet haben, zählt Cheng Kwok-wai, im Viertel unter dem Spitznamen „CK“ bekannt.
Seit den 1980er-Jahren tätig, startete er als Computerhändler, entwickelte sich aber zum Spezialisten für Gaming-Produkte, die bei Studenten und jungen Käufern äußerst gefragt waren. Seine Erfahrung illustriert den Wandel von Hackern und Mafiöse zu legalen Geschäftsleuten, die mit der Zeit und dem Druck globaler Unternehmen einknickten und verstärkt authentische Produkte offerierten. Heute konzentrieren sich viele Händler verstärkt auf aktuelle Konsolen wie Sonys PlayStation-Reihe und Nintendos neueste Geräte wie die Wii und Switch. Cheng selbst ist leidenschaftlicher Gamer, was seine Authentizität und Glaubwürdigkeit in der Community stärkt. Sein Visitenkarte ziert das Design der legendären Game & Watch-Serie von Nintendo, ein Symbol seiner langjährigen Verbindung zu diesem Markt.
Einen Blick zurück werfen auch andere Veteranen wie Raymond Wong, Inhaber des Reparaturshops Computer Hospital. Seit 1983 in Sham Shui Po tätig, startete er einst mit dem Verkauf von nachgeahmten Apple II- und IBM-Systemen und erinnert sich, dass vor allem der Wunsch nach Spielen wie Pac-Man die Begeisterung für Computer beflügelte. Solche Erfahrungen verdeutlichen, wie eng die Entwicklung der Computerszene in Hongkong mit der Popularität von Videospielen verknüpft war. Während damals der technische Zugang oft limitiert war, ermöglichte das Golden Computer Center einen relativ unkomplizierten Erwerb – auch wenn die legalen Grenzen manchmal verschwommen. Die wirtschaftliche Wachstumsperiode in den 1990er- und frühen 2000er-Jahren führte zu einer enormen Beliebtheit des Centers.
Die Ladenbesitzer berichten von derart großem Kundenandrang, dass sie sogar zum Verkaufsende die Besucher hinausdrängen mussten, um schließen zu können. Golden Computer Center wurde zum Treffpunkt für Technikfreaks, die nichts verpassen wollten – von neuesten Komponenten bis hin zu innovativen Spielen. Dieses momentum trug auch zur Entstehung weiterer angrenzender Elektronikmärkte in Hongkong bei, beispielsweise die Märkte auf der nahegelegenen Apliu Street, wo gebrauchte Kameras und weitere technische Waren den Markt ergänzten. Doch die Entwicklung blieb nicht ohne Herausforderungen. Mit dem Aufstieg des E-Commerce und der digitalen Distribution entstehen neue Formen des Handels, die das traditionelle Zentrum beeinflussen.
Hongkong durchlebt in den letzten Jahren darüber hinaus ökonomische Unsicherheiten und eine Abwanderung von Bevölkerungsteilen, was sich direkt auf die Besucherzahlen und die Umsätze im Golden Computer Center auswirkt. Die Schnelllebigkeit moderner Technik trägt zusätzlich dazu bei, dass Reparaturgeschäfte wie Computer Hospital mit sinkenden Kundenfrequenzen kämpfen, denn viele Käufer entscheiden sich zunehmend für den Kauf neuer Geräte anstatt Reparaturen älterer Modelle. Zudem verändert sich das Konsumverhalten der jüngeren Generationen stark. Immer mehr Menschen spielen mobil und finden ihre Spiele über digitale Apps und Plattformen, wodurch der Bedarf an physischen Spielen und Geräten sichtbar schrumpft. Händler berichten, dass die mittlere Altersgruppe ihrer Kunden langsam älter wird, während jüngere Käufer nur noch begrenztes Interesse an klassischen Konsolen zeigen.
Diese Entwicklung stellt das Golden Computer Center vor die Herausforderung, sich neu zu erfinden und innovative Angebote in einer digitalisierten Welt zu schaffen, um seine Attraktivität als technisches Zentrum zu bewahren. Nichtsdestotrotz bleibt das Golden Computer Center ein lebendiges Zeugnis für Hongkongs spannende Technikhistorie. Von den Zeiten der raubkopierten Apple II-Clones bis hin zur Verbreitung von originalen Premium-Konsolen und innovativen Gadgets – das Center spiegelt in einzigartiger Weise die globale Dynamik des Technologiehandels wider, eingebettet in eine lokale Kultur voller Energie und Erfindergeist. Die geschäftigen Gänge und Etagen laden Besucher heute noch zum Staunen ein, mit einem beeindruckenden Angebot an Computerteilen, Spielen, Gamerzubehör und vielem mehr. Für Touristen und Liebhaber von Technik ist das Erkunden dieses technikverliebten Labyrinths eine unvergessliche Erfahrung.
Neben den zahlreichen offiziellen Produkten finden sich hier auch seltene Sammlerstücke, modifizierte Geräte oder ausgefallene elektronische Neuheiten, die in den üblichen Einkaufszentren nicht zu entdecken sind. Zudem verkörpert das Viertel die Geschichte eines technologischen Aufbruchs in einer Stadt, die seit Jahrzehnten Innovationen, Migration und wirtschaftliche Umbrüche miteinander verbindet. Das Golden Computer Center und Sham Shui Po stehen damit exemplarisch für die Herausforderungen und Chancen einer sich wandelnden Techniklandschaft. Sie sind ein Ort, der trotz digitaler Revolutionen seinen Charme und seine Bedeutung behauptet. Der Markt zeigt, dass Technologie nicht nur in globalen Online-Plattformen zuhause ist, sondern auch in physischen Räumen lebendig bleibt, wo Geschichten von Leidenschaft, Handel und Anpassung lebendig erzählt werden.
Wer die Gelegenheit hat, Hongkong zu besuchen, sollte das Golden Computer Center unbedingt entdecken und den Puls der Hardwarekultur in einem der spannendsten Elektronikmärkte Asiens spüren.