Die Welt der Molekulardynamik-Simulationen wird von leistungsfähiger Software und leistungsstarker Hardware bestimmt. GROMACS, eine der beliebtesten Open-Source-Softwares für diese Zwecke, entwickelt sich kontinuierlich weiter, um sich an moderne Technologien und Hardware anzupassen. Besonders spannend ist die Entwicklung rund um die Unterstützung von AMD-Grafikkarten. Traditionell fokussiert sich der Großteil der CUDA-Entwicklung auf NVIDIA-GPUs, doch AMD-GPUs bieten inzwischen eine attraktive Alternative. Die Frage, wie GROMACS auf AMD-Hardware am effizientesten ausgeführt werden kann, ist daher von großem Interesse für Forschungseinrichtungen und Entwickler weltweit.
Neuerdings hat sich gezeigt, dass die CUDA-Version von GROMACS, die durch die SCALE-Plattform direkt auf AMD-GPUs lauffähig gemacht wird, oft schneller als der native HIP-Port ist. Diese Erkenntnisse werfen ein neues Licht auf die Leistungsfähigkeit moderner Compiler-Technologien und eröffnet neue Möglichkeiten für Nutzer von AMD-GPUs. Die SCALE-Plattform, entwickelt von Spectral Compute, hat sich zum Ziel gesetzt, CUDA-Code direkt auf AMD-Hardware ohne vorherige Portierung zu übersetzen. Dies stellt eine innovative Alternative zum HIP-Port dar, welche auf der Verwendung eines speziellen Compilers basiert, der CUDA-Quellcode in für AMD-GPUs optimierten Maschinencode übersetzt. Durch diesen Ansatz wird die Kompatibilität verbessert und ältere CUDA-Projekte können ohne Anpassungen auf AMD-Grafikkarten ausgeführt werden.
Der HIP-Port hingegen ist ein eigenständiger Ansatz von GROMACS, der darauf beruht, den ursprünglichen CUDA-Code in HIP-Code umzuwandeln, eine plattformübergreifende Schnittstelle von AMD, die native Unterstützung für deren GPUs bietet und so eine bessere Hardware-Anbindung ermöglicht. Die Untersuchung der Leistung beider Varianten auf einer AMD MI210 GPU zeigt ein interessantes Bild. SCALE erreicht bei GROMACS-Version 2025.1 Vergleichsleistungen, die mit dem HIP-Port durchaus konkurrieren können. In etlichen Szenarien ist die CUDA-SCALE-Version sogar schneller, wobei einige Performancegewinne darauf zurückzuführen sind, dass der HIP-Port noch nicht alle Workloads für die GPU optimiert hat.
Beispielsweise sind einige rechenintensive Aufgabenbereiche wie PME (Particle-Mesh-Ewald) aktuell im HIP-Port nicht durch CUDA-beschleunigte Äquivalente ersetzt, während SCALE hier die GPU bereits aktiv nutzt. Das bedeutet für Nutzer, dass die in den Benchmarks gemessenen Verbesserungen im realen Einsatz noch deutlicher ausfallen können. GROMACS verfügt über eine Vielzahl von internen Performancecounter, die das Timing einzelner Rechenaufgaben erfassen. Mithilfe dieser Metriken können Entwickler und Nutzer detailliert analysieren, welche Teile der Software auf welcher Hardware wie gut performen. Bei der Analyse zeigte sich, dass dort, wo beide Implementierungen tatsächlich GPU-Code besitzen, die Leistung von SCALE auf CUDA-Grundlage meist auf Augenhöhe oder sogar leicht besser ist als bei HIP.
Wo SCALE massiv besser abschneidet, liegt dies häufig am Fehlen von optimiertem HIP-Code, womit der Vergleich weniger aussagekräftig ist. Das Kernfazit liegt darin, dass die direkte Übersetzung von CUDA auf AMD durch SCALE keinen nennenswerten Performanceverlust mit sich bringt. Der befürchtete "Performance-Tax" für die Verwendung der CUDA-Version auf AMD-Hardware wird durch fortschrittliche Compiler- und Laufzeitoptimierungen vermieden. Diese Erkenntnis ist für die Community bedeutsam, da das Schreiben und Pflegen von HIP-Code aufwendig ist und gerade bei großen, komplexen Projekten wie GROMACS zu erheblichem Mehraufwand führt. Die SCALE-Technologie erleichtert somit die Nutzung von AMD-GPUs ohne zusätzlichen Portierungsaufwand und mit wettbewerbsfähiger Performance.
Die Zukunftsaussichten sind ebenfalls vielversprechend. Während bisher das Hauptaugenmerk auf der Kompatibilität lag, richtet sich der Fokus zunehmend auf die Steigerung der Performance der SCALE-Plattform. Mit fortschreitender Entwicklung können Nutzer damit rechnen, dass die Performancevorteile weiter wachsen und die Nutzung von AMD-GPUs in wissenschaftlichen Applikationen noch attraktiver wird. Besonders für Forschungsinstitutionen, die kostengünstige und leistungsfähige Hardwarelösungen suchen, ist dies von großer Bedeutung. Durch die Entwicklung von SCALE wird der Einsatz von AMD-GPUs vereinfacht und für zahlreiche CUDA-basierte Projekte zugänglich gemacht.
Darüber hinaus profitiert nicht nur GROMACS als Einzelfall von diesen Technologien. Da SCALE als Plattform arbeitet und nicht als projektspezifische Portierung, werden Performanceverbesserungen automatisch auf eine Vielzahl von CUDA-Anwendungen übertragen. Das schafft einen erheblichen Mehrwert für Entwickler und Anwender verschiedenster Bereiche, die auf GPU-Beschleunigung angewiesen sind. Neben den technischen Fortschritten empfiehlt es sich für Interessierte und Nutzer, die Skripte von Spectral Compute zu nutzen, die den Build, Test und Benchmark-Prozess dokumentieren. Dies erleichtert das Nachvollziehen der Ergebnisse und das eigene Experimentieren mit den beiden Methoden.
Letztlich ist die Tatsache, dass SCALE kostenlos für RDNA-GPUs verfügbar ist, ein weiterer Pluspunkt, welcher die Akzeptanz bei der Community steigen lässt. Für Nutzer mit CDNA-Architekturen wird eine Enterprise-Version angeboten, die Zugang zu weiteren Features und Optimierungen bietet. Abschließend lässt sich festhalten, dass der direkte Einsatz von CUDA-GROMACS auf AMD-GPUs mittels der SCALE-Plattform eine vielversprechende Alternative zum HIP-Port darstellt. Mit vergleichbarer oder sogar überlegener Performance entfällt oft die aufwendige Portierung des Codes. Das eröffnet neue Perspektiven für die Open-Source-Community und die wissenschaftliche Nutzung von GPUs unterschiedlichster Hersteller.
Die Kombination aus innovativen Compilertechnologien und einer wachsenden Hardwarevielfalt sorgt dafür, dass die molekulardynamische Simulation auf AMD-GPUs künftig noch schneller und effizienter ablaufen kann. Nutzer und Entwickler sollten diese Entwicklung aufmerksam verfolgen, um das volle Potential ihrer Hardware auszuschöpfen und von den neuesten Fortschritten zu profitieren.