Die weltweite Krypto-Branche befindet sich in einem rasanten Wandel. Während digitale Assets und Blockchain-Technologien zunehmend an Bedeutung gewinnen, sind auch die regulatorischen Rahmenbedingungen stark im Fluss. Für Fondsmanager stellt sich aktuell eine entscheidende Frage: Wo sollten Krypto-Fonds angesiedelt werden – in der Europäischen Union oder im Vereinigten Königreich? Die Antwort darauf hängt von zahlreichen Faktoren ab, die sowohl rechtlicher als auch strategischer Natur sind. Die Wahl des Domizils hat direkten Einfluss auf rechtliche Sicherheit, Wachstumsmöglichkeiten und die Wettbewerbsfähigkeit der Fonds. Ein genauer Blick auf die regulatorischen Entwicklungen in beiden Regionen ist daher unabdingbar.
Die regulatorische Landschaft in der EU wird maßgeblich von der neuen Markets in Crypto-Assets-Verordnung, kurz MiCA, geprägt. MiCA zielt darauf ab, europaweit einheitliche Regeln für den Umgang mit Krypto-Assets und damit verbundenen Dienstleistungen zu schaffen. Dies war lange Zeit ein Manko, denn bislang herrschten unterschiedliche nationale Regeln in den einzelnen Mitgliedsstaaten, was grenzüberschreitende Aktivitäten kompliziert und kostenintensiv machte. Durch MiCA wird nun eine klare, harmonisierte Grundlage geschaffen, die einen sogenannten „Pass“ für Anbieter von Krypto-Diensten ermöglicht. Damit kann ein Unternehmen, das eine Zulassung in einem EU-Mitgliedsstaat erhält, seine Dienstleistungen problemlos in der gesamten EU anbieten.
Für Fondsmanager bedeutet das vor allem Rechtssicherheit, Planungssicherheit und die Möglichkeit eines einfachen Zugangs zu einem großen Markt mit über 400 Millionen Konsumenten. Darüber hinaus ebnet MiCA den Weg für institutionelle Investoren, die auf klare regulatorische Rahmenbedingungen angewiesen sind, um vermehrt in den Krypto-Sektor einzusteigen. Die EU positioniert sich mit MiCA als ein sicherer Hafen für Crypto Investmentfonds, der Transparenz, Aufsicht und Schutzmechanismen bietet. Länder wie Luxemburg etablieren sich dabei besonders als attraktive Fondsstandorte, da sie über eine lange Geschichte in der Verwaltung und Regulierung von Investmentfonds verfügen und nun auch MiCA-konforme Strukturen anbieten. Die Kombination aus etabliertem Finanzplatz, klaren Regeln und Unterstützung für Innovationen macht Luxemburg, aber auch andere Länder wie Irland oder Deutschland, zu ersten Anlaufstellen.
Im Gegensatz zur EU verfolgt Großbritannien nach dem Brexit einen eigenständigen Weg. Bisher existiert dort kein umfassendes Gesetz wie MiCA. Die britische Regierung hat jedoch mit ihrem „Plan for Change“ angekündigt, klare regulative Rahmenbedingungen zu schaffen, die Innovation fördern und zugleich den Verbraucherschutz gewährleisten sollen. Dieser Ansatz wird als flexibel und innovationsorientiert beschrieben, was insbesondere FinTech-Pioniere und Start-ups anzieht, die neue Krypto-Produkte und Dienste schnell testen wollen. Die britischen Behörden arbeiten an der Einführung eines sogenannten Krypto-Sandboxes.
Diese regulierten Testumgebungen ermöglichen es Unternehmen, Produkte in einem kontrollierten Rahmen zu erproben, bevor sie regulär auf den Markt gebracht werden. Die Sandbox kann daher für innovative Krypto-Strukturen ein entscheidender Vorteil sein. Darüber hinaus plant Großbritannien schärfere Vorschriften zur Risikodeklaration und zum Schutz von Anlegern. Diese sollen mehr Vertrauen unter Nutzern schaffen, gleichzeitig aber Raum für kreative Produktentwicklungen lassen. Die britische Kryptoindustrie erwartet, dass die neuen Regelungen dazu beitragen, den Markt zu stabilisieren ohne die Innovationskraft zu bremsen.
In wirtschaftlicher Hinsicht könnte die Branche das britische Bruttoinlandsprodukt in Zukunft um Milliardenbeträge steigern, was die Regierung dazu motiviert, hier einen attraktiven rechtlichen Rahmen zu schaffen. Für Fondsmanager bringt die Wahl zwischen EU und UK somit eine strategische Abwägung mit sich. Auf der einen Seite steht die EU mit umfassender Rechtssicherheit, einem großen, einheitlichen Markt und konkreten Zulassungsprozessen. Fonds, die auf institutionelle Kunden und grenzüberschreitende Aktivitäten setzen, profitieren hier enorm von konstanten Regeln und einem stabilen Umfeld. Das EU-Regelwerk minimiert Unsicherheiten und Erfüllungsrisiken, die bei unterschiedlichen nationalen Bestimmungen sonst entstehen würden.
Fondsmanager, die langfristige Planungssicherheit schätzen und einen soliden regulatorischen Rahmen bevorzugen, tendieren daher oft dazu, ihre Domizilierung in einen EU-Staat zu verlegen. Auf der anderen Seite steht Großbritannien als flexibler und agiler Markt, der besonders Innovationsprojekte, neue Finanztechnologien und „DeFi“-Ansätze (dezentrale Finanzen) anzieht. Die Sandbox könnte ein bedeutender Wettbewerbsvorteil werden, um innovative Produkte schnell zur Marktreife zu bringen. UK-Standorte bieten außerdem einen niedrigeren bürokratischen Aufwand und weniger starre Regulierung, was insbesondere für kleinere, schnell wachsende Firmen interessant ist. Gleichzeitig zeichnet sich ab, dass Großbritannien seine Rechtslage künftig verschärft und somit mehr Stabilität und Vertrauen bieten möchte – ein Balanceakt zwischen Schutz und Innovation.
Die Entscheidung für ein Domizil hängt zusätzlich davon ab, welche Art von Anlegern bedient werden sollen. Institutionelle Investoren mit strengem Compliance-Anspruch bevorzugen oft die Rechtssicherheit und den Schutz der EU-Regulierung. Risikofreudige Investoren und kreative Entwickler könnten sich hingegen durch die Flexibilität und dynamische Innovationskultur Großbritanniens angezogen fühlen. Auch die Steuerpolitik, das bestehende Netzwerk von Finanzdienstleistern und die Kosten für die Fondsverwaltung spielen eine Rolle. Zusätzlich sollte beachtet werden, dass die regulatorische Landschaft weltweit zunehmend komplexer wird.
Neben EU und UK kämpfen auch andere Jurisdiktionen um eine führende Rolle im Krypto-Fund-Bereich. Länder mit günstigen rechtlichen Rahmenbedingungen und attraktiven Finanzplätzen versuchen, Dienstleister und Investoren anzuziehen. Für Fondsmanager bedeutet dies, dass sie stets auf dem neuesten Stand bleiben müssen und ihre Standortwahl regelmäßig hinterfragen sollten. Eine langfristig erfolgreiche Strategie könnte darin bestehen, die Vorteile beider Regionen zu nutzen – etwa durch Gründung von Tochtergesellschaften oder strategische Partnerschaften. Insgesamt stellt sich heraus, dass EU und Großbritannien sich nicht als direkte Konkurrenten verstehen müssen, sondern sich eher ergänzen.
Während die EU mit MiCA klare Standards und einen großen Binnenmarkt bietet, punktet Großbritannien mit Innovationskraft und Flexibilität in der Produktentwicklung. Je nach Unternehmensstrategie, Zielgruppe und Wachstumserwartungen kann die richtige Wahl variieren. Für die nahe Zukunft dürfte sich die Landschaft weiter dynamisch entwickeln. Die EU wird ihre Umsetzung von MiCA vorantreiben und möglicherweise weitere Regulierungsschritte ergreifen, um den Finanzplatz Europa zu stärken. Großbritannien wird aller Voraussicht nach weitere innovative Regelungen erlassen und dabei versuchen, regulatorische Hürden so niedrig wie möglich zu halten ohne den Verbraucherschutz zu vernachlässigen.
Fondsmanager und Marktteilnehmer sollten daher beide Märkte intensiv beobachten, um auf Änderungen schnell reagieren und ihre Wettbewerbsvorteile sichern zu können. Abschließend ist festzuhalten, dass die Wahl des Domizils für Krypto-Fonds eine strategische Entscheidung von großer Tragweite darstellt. Sie beeinflusst nicht nur die rechtlichen Rahmenbedingungen, sondern auch die Wachstumsmöglichkeiten und die Positionierung im internationalen Wettbewerb. Die EU bietet mit MiCA eine zukunftsorientierte und stabile Rechtsgrundlage für Fonds, die langfristiges Wachstum und institutionelle Investoren anstreben. Großbritannien hingegen bleibt das bevorzugte Umfeld für dynamische, risikofreudige Unternehmen, die mit flexiblen Regeln und neuen Innovationen experimentieren wollen.
Für Fondsmanager heißt das: Eine individuelle Analyse unter Berücksichtigung von Unternehmenszielen, Marktsegmenten und regulatorischen Entwicklungen ist essenziell. Unabhängig von der Wahl zwischen EU und UK wird die Fähigkeit, sich schnell an neue Vorschriften anzupassen und regulatorische Chancen zu nutzen, entscheidend für den Erfolg im wachsenden Krypto-Markt sein.