Die Begeisterung der Anleger über den jüngsten Aufschwung an den Aktienmärkten ist deutlich spürbar. Nach einem deutlichen Einbruch infolge der Ankündigung von Handelszöllen konnte sich der Markt wieder erholen, doch ein erfahrener Analyst warnt davor, diesen Anstieg vorschnell als dauerhafte Erholung zu interpretieren. Willie Delwiche, ein Veteran in der technischen Analyse, unterstreicht, dass der Aktienmarkt erst dann als stabiler und echter Aufschwung gilt, wenn ein entscheidendes Signal gegeben ist: das Erreichen neuer Höchststände. Das Jahr begann für den Aktienmarkt mit starken Kursgewinnen. Der Standard & Poor’s 500 Index erreichte Anfang Februar mit 6.
144 Punkten ein Rekordhoch, bevor die Ankündigung der US-Handelszölle im April den Markt deutlich belastete. Eine Welle der Unsicherheit führte dazu, dass der Index bis fast an die Schwelle zu einem Bärenmarkt fiel, was einem Verlust von nahezu 20 Prozent vom Höchststand entspricht. Allerdings kam es anschließend zu einer Erholung, da die Zölle mehrfach verschoben, angepasst oder anders kommuniziert wurden. Mitte Mai hatte der Markt seine Verluste wieder aufgeholt. Trotz dieser Erholung war die Stimmung der Anleger nicht euphorisch genug, um von einem nachhaltigen Marktrubel zu sprechen.
Delwiche weist darauf hin, dass der Markt sich in einer volatilen Spanne befinde, aus der er nur ausbrechen kann, wenn die Kurse neue Allzeithochs erreichen. Für ihn ist dies das entscheidende Kriterium, um zu überprüfen, ob der Aufwärtstrend Bestand hat oder ob es sich lediglich um einen sogenannten Bärenmarkt-Rally handelt – eine kurzlebige Gegenbewegung innerhalb eines längerfristigen Abwärtstrends. Eine solche vorsichtige Haltung unter den Anlegern spiegelt sich auch in aktuellen Umfragen wider. Die American Association of Individual Investors (AAII) veröffentlichte eine Sentiment-Studie, die zeigte, dass ein beträchtlicher Teil der Investoren neutral oder sogar pessimistisch eingestellt ist. Mehr als 40 Prozent der Befragten äußerten sich bearish, also optimistisch in Bezug auf fallende Kurse, während neutral eingestellte Investoren auf eine Seitwärtsbewegung setzen.
Dies deutet darauf hin, dass viele Marktteilnehmer dem bisherigen Anstieg nicht vollständig trauen. Delwiche erinnert daran, dass sich ähnliche Situationen bereits mehrfach in der Markthistorie ereignet haben. Nach bedeutenden Kursverlusten kam es immer wieder zu kräftigen Erholungen, die jedoch ohne das Erreichen neuer Höchstwerte zu einem erneuten Absturz führten. Diese Muster sprechen dafür, dass die Marktteilnehmer zunächst auf ein klares Zeichen warten, ehe sie sich langfristig festlegen. Der Aufstieg über den bisherigen Höchststand wird von dem Analytiker als das tragende Signal angesehen, das beweist, dass der Markt sich in einer bullischen Phase befindet.
Erst wenn dieser Neuhöchststand erreicht oder gar übertroffen wird, können Anleger mit größerer Sicherheit davon ausgehen, dass die Rally nachhaltig ist und nicht nur eine vorübergehende technische Gegenreaktion. Nicht nur die technische Analyse, sondern auch die fundamentalen Umstände beeinflussen das Marktgeschehen. Die Unsicherheiten rund um Handelsabkommen, geopolitische Spannungen und geldpolitische Entscheidungen der Zentralbanken sorgen weiterhin für ein eher zwiespältiges Investorenklima. Die US-Notenbank Federal Reserve hat durch ihre Kommunikation der Zinspolitik in der Vergangenheit für starke Kursbewegungen gesorgt, sodass Anleger auch weiterhin genau auf diese Signale achten müssen. Angesichts der gemischten Stimmungen ist es für Privatanleger besonders wichtig, vorsichtig und gut informiert zu sein.
Ein blindes Vertrauen in eine beliebige Marktbewegung kann zu hohen Verlusten führen. Vielmehr empfiehlt es sich, die Kursentwicklung und Indikatoren wie neue Höchststände oder wichtige Unterstützungsniveaus im Auge zu behalten. Erst eine eindeutige Bestätigung der Aufwärtsbewegung sollte als Signal für eine verstärkte Investition gewertet werden. Auch der Goldmarkt wird von vielen Investoren als sicherer Hafen angesehen, vor allem in Zeiten erhöhter Marktunsicherheit. Aussagen von Experten betonen jedoch, dass auch hier keine einfachen Glaubenssätze gelten.
Die Preisentwicklung von Gold reagiert auf vielfältige Faktoren, wie Inflationserwartungen, Währungsentwicklungen und geopolitische Risiken. Somit bleibt der Markt komplex und erfordert eine sorgfältige Analyse verschiedener Einflussgrößen. Technische Analysten wie Delwiche setzen daher auf eine Kombination aus Charttechnik, Sentiment-Umfragen und makroökonomischen Daten, um fundierte Einschätzungen zu treffen. Für langfristig erfolgreiche Anlagestrategien ist ein diszipliniertes Vorgehen und das Vermeiden von emotionalen Entscheidungen essenziell. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der aktuelle Börsenaufschwung zwar Hoffnung macht, jedoch noch nicht als endgültige Erholung oder Beginn eines neuen Bullenmarktes betrachtet werden sollte.