Australien, bekannt für seine landwirtschaftliche Innovation, stellt mit dem Heat Tolerance Australian Breeding Value (ABV) einen weltweit ersten genetischen Index vor, der Landwirten hilft, Kühe zu züchten, die besser mit Hitze und feucht-warmen Bedingungen zurechtkommen. Diese Entwicklung hat insbesondere für die Milchviehhaltung große Bedeutung, denn steigende Temperaturen und häufigeres Auftreten extremer Wetterbedingungen wirken sich zunehmend negativ auf die Tiergesundheit und Produktivität aus. Die Einführung dieser Methode markiert einen Meilenstein in der nachhaltigen Landwirtschaft und bietet Perspektiven, die Herausforderungen des Klimawandels effektiv zu bewältigen. Die Hitze stellt für Milchkühe eine erhebliche Belastung dar. Wenn die Temperaturen steigen, kann dies zu einer deutlichen Reduzierung der Milchleistung führen, oftmals zwischen 25 und 40 Prozent, da Kühe ihre Futteraufnahme reduzieren und somit weniger Energie für die Milchproduktion zur Verfügung steht.
Überdies leidet das Wohlbefinden der Tiere, was langfristig auch ihre Gesundheit beeinträchtigt. Herkömmliche Methoden, wie das Bereitstellen von Schatten oder Best Practices bei der Fütterung und Melkzeiten, sind zwar hilfreich, aber nicht ausreichend, um die steigenden Anforderungen an das Tierwohl und die Wirtschaftlichkeit zu erfüllen. Genau hier setzt der innovative genetische Index an. Entwickelt wurde der Heat Tolerance ABV von der Wissenschaftlerin Dr. Thuy Nguyen, die mit ihrem Team bei DataGene, einem unabhängigen und industrieeigenen Forschungsverbund, eine Methode schuf, die auf genomischer Selektion basiert.
Das bedeutet, dass Tiere genetisch charakterisiert werden, um solche mit besonders hoher Hitzetoleranz zu identifizieren. Diese Eigenschaft wird in Form einer Bewertungszahl dargestellt, wobei ein Wert über 100 eine überdurchschnittliche Toleranz gegenüber Hitze bedeutet. Der Prozess ist vergleichsweise einfach: Ein genetisches Material, wie beispielsweise eine Haarsträhne, wird zur Analyse eingesendet und liefert präzise Daten über die Hitzeanpassungsfähigkeit des Tieres. Die praktische Umsetzung dieser Methode wird am Beispiel von Trevor Parrish deutlich, einem Landwirt in New South Wales, der einer der ersten war, der diesen Index für seine Zucht nutzte. Auf seinem 40 Hektar großen Betrieb mit rund 300 Holstein-Rindern konnte er nach eigenen Angaben signifikante Verbesserungen feststellen.
Seine Kühe zeigen eine größere Widerstandsfähigkeit gegenüber Hitze, was eine konstantere Milchproduktion trotz wechselnder klimatischer Bedingungen ermöglicht. Besonders bemerkenswert ist, dass bereits etwa 20 Prozent seiner Herde genetisch besser an heiße, feuchte Umgebungen angepasst sind. Diese Erfolge motivieren ihn, weitere Landwirte zur Nutzung des ABV zu ermutigen, denn die Temperaturen steigen weltweit und die Herausforderungen des Klimawandels werden immer spürbarer. Die Bedeutung dieser Innovation reicht weit über den australischen Kontinent hinaus. Internationale Experten beobachten den Ansatz mit großem Interesse.
So hat sich gezeigt, dass das Modell auch unter anderen klimatischen Bedingungen, zum Beispiel in den USA, anwendbar ist. Dies unterstreicht die hohe Relevanz und Übertragbarkeit der Methode in eine zunehmend vom Klimawandel beeinflusste Landwirtschaft. Die australische Branchenorganisation Dairy Australia unterstützt den Einsatz des ABV nachdrücklich und hebt hervor, wie wichtig es sei, sowohl das Tierwohl als auch die ökonomischen Interessen der Landwirte in den Mittelpunkt zu stellen. Die Heat Tolerance ABV stellt somit ein entscheidendes Werkzeug dar, um nachhaltige Landwirtschaft unter veränderten Umweltbedingungen zu ermöglichen. Neben der direkten Verbesserung der Widerstandskraft der Nutztiere trägt sie auch zur langfristigen Sicherung der Milchproduktion bei, was angesichts globaler Bevölkerungszunahme und wachsender Nachfrage nach Milchprodukten von hoher Bedeutung ist.
Landwirte erhalten damit eine wissenschaftlich fundierte Grundlage, um gezielte Zuchtentscheidungen zu treffen, die das Überleben und die Leistungsfähigkeit ihrer Herden in heißen und feuchten Regionen gewährleisten. Die genetische Auswahl von hitzetoleranten Tieren kann darüber hinaus positive Auswirkungen auf die Umweltbilanz der Milchproduktion haben. Kühe, die weniger unter Hitze leiden, sind oft widerstandsfähiger und gesünder, was den Bedarf an medizinischen Eingriffen und damit den Verbrauch von Ressourcen verringert. Überdies reduziert sich durch eine stabilere Milchproduktion die Verschwendung von Futter und Arbeitsmitteln. Dies fördert eine effizientere und nachhaltigere Landwirtschaft, die sich an die globalen Herausforderungen anpasst, ohne die Produktqualität zu beeinträchtigen.
Eine weitere bedeutende Facette der Heat Tolerance ABV besteht in ihrer Kombination mit bestehenden Tierwohlmaßnahmen. Moderne Landwirte greifen zwar bereits auf bauliche Verbesserungen, wie erweiterte Schattenplätze oder angepasste Melkzeiten zurück, doch genetische Selektion stellt eine dauerhafte, langfristig wirksame Ergänzung dar. Sie erhöht die Resistenz der Herden gegenüber Umweltstressoren und macht die Tiere robuster gegenüber den Schwankungen des Klimas. Dadurch verringert sich die Abhängigkeit von kosten- und arbeitsintensiven Schutzmaßnahmen. Der australische Ansatz könnte zukünftig auch bei anderen Nutztierarten Anwendung finden, da der Klimawandel zahlreiche landwirtschaftliche Produktionsbereiche beeinflusst.
Wissenschaftliche Forschungen in diesem Bereich nehmen weiter Fahrt auf, und weitere genomische Indizes für verschiedene Umweltstressfaktoren werden entwickelt. Die Heat Tolerance ABV steht somit am Beginn einer neuen Ära der Tierzucht, die die Anpassungsfähigkeit an klimatische Herausforderungen in den Vordergrund stellt. Für Landwirte und Verantwortliche in der Agrarpolitik bietet der Hitze-Toleranzindex eine wertvolle Entscheidungshilfe, um Investitionen in die Zukunft zu tätigen. Die systematische Nutzung von genetischen Werkzeugen schafft Wettbewerbsvorteile durch bessere Produktivität, gesündere Tiere und erhöhte Nachhaltigkeit. Gleichzeitig leistet der Index einen Beitrag zum Schutz der Tiere und zur Stärkung der sozialen Akzeptanz der Landwirtschaft.