Der App Store von Apple war seit jeher ein zentraler Kanal für die Veröffentlichung und Vermarktung von Smartphone-Anwendungen auf iPhones und iPads. Apple verlangte bislang eine feste Provision von bis zu 30 Prozent auf Umsätze, die über in-App-Käufe generiert wurden. Gleichzeitig waren Entwickler stark eingeschränkt, wenn es darum ging, auf alternative Bezahlmethoden außerhalb der Apple-eigenen Plattform hinzuweisen oder externe Links zu solchen Angeboten in ihren Apps zu integrieren. Dieser Marktstandard kam jedoch jüngst ins Wanken, nachdem ein Gericht in den USA Apple nach jahrelangem Rechtsstreit mit dem Spieleentwickler Epic Games bestimmte Verhaltensweisen untersagte und umfangreiche Änderungen forderte. Infolge dieses Urteils hat Apple seine App Store-Richtlinien für US-Entwickler aktualisiert und dabei grundlegende Änderungen vorgenommen, die die Spielregeln für Entwickler und Verbraucher neu definieren.
Die Neuerungen markieren einen Wendepunkt für den digitalen App-Handel, öffnen neue Möglichkeiten für Entwickler und haben weitreichende Folgen für die gesamte Branche. Der Hintergrund der Richtlinienänderung liegt in einer juristischen Auseinandersetzung zwischen Apple und Epic Games, die über mehrere Jahre lief und unter anderem die als unfair betrachteten Geschäftsbedingungen Apples für App-Entwickler zum Thema hatte. Epic Games, der Entwickler des populären Spiels Fortnite, wartete schon lange darauf, die Möglichkeit zu erhalten, alternative Bezahlsysteme außerhalb von Apples In-App-Käufen zu nutzen, um so die hohen Gebühren zu umgehen. Die jüngste Gerichtsentscheidung besagt, dass Apple nicht berechtigt ist, von Webkäufen, die über Apps initiiert werden, eine Provision zu erhalten. Zudem verurteilte der Richter Apples bisherige Praxis, Hinweise und Links zu alternativen Zahlungsmethoden zu unterbinden, als unzulässig – die neuen Richtlinien sind eine direkte Reaktion auf dieses Urteil.
Mit den neuen App Review Guidelines für den US-Markt hat Apple explizit verbotenes Verhalten gestrichen. Entwickler dürfen nun „Buttons, externe Links und andere Call-to-Action-Elemente“ in ihren Anwendungen verwenden, welche Nutzer zu alternativen Zahlungsmethoden außerhalb des In-App-Kauf-Systems führen. Das bedeutet konkret, dass App-Entwickler künftig deutlich freier darüber informieren dürfen, wie sie ihre Produkte verkaufen und Zahlungen abwickeln. Die vorherige Pflicht, bei der Apple oft bis zu 30 Prozent Umsatzbeteiligung erzielte, entfällt bei sogenannten Off-App-Purchases. Apple teilt seinen Entwicklern konsequent per E-Mail und Blog über die Neuerungen mit, dass diese aus Gründen eines Gerichtsentscheids in den USA eingeführt wurden.
Ein besonderer Punkt ist, dass Apple dem Gerichtsbeschluss entsprechend die sofortige Umsetzung der geänderten Regeln angekündigt hat – eine ungewöhnlich schnelle Reaktion für einen der global bedeutendsten Technologiekonzerne. Durch die neuen Vorgaben wird die Beschränkung aufgehoben, dass Entwickler Nutzer nicht mehr offen auf alternative Bezahlsysteme in der US-Store-Version ihrer Apps hinweisen dürfen. Zuvor gab es eine explizite „Link Out“-Regel, die solche Hinweise oder Verlinkungen untersagte und damit die Monetarisierung überwiegend an Apple zu binden suchte. Die explizite Genehmigung von Apple für externe Verlinkungen fällt nun weg. Ebenso darf Apple zukünftig keine Provision mehr für Käufe verlangen, die außerhalb der App über andere Kanäle abgewickelt werden – hier war bisher eine Kommission von etwa 27 Prozent vorgesehen, abzüglich der 3 Prozent für Transaktionsgebühren.
Die Auswirkungen dieser Änderung sind bei den großen Marktteilnehmern schon deutlich spürbar. Epic Games reagierte umgehend und kündigte an, Fortnite auf der iOS-Plattform zurückbringen zu wollen – ein Spiel, das Apple aufgrund der Auseinandersetzungen bis dato aus dem App Store entfernt hatte. Epic Games sieht in der neuen Richtlinie auch die Möglichkeit, die sogenannte „Epic Games Store Webshops“ zu etablieren, eine Plattform, über die Entwickler alternative Zahlungswege anbieten können. Interessant ist, dass Epic selbst dabei nur eine vergleichsweise geringe eigene Provision von rund 12 Prozent anstrebt, während Apple bei Umsätzen bis zu einer Million US-Dollar jährlich 15 Prozent und darüber 30 Prozent berechnet. Auch Streaming-Dienste wie Spotify profitieren schon jetzt von den neuen App Store-Richtlinien.
Spotify hatte bereits zuvor aus strategischen Gründen den direkten Verkauf von Abonnements über die App eingestellt, um nicht an Apple zu zahlen. Mit der nunmehr erlaubten Möglichkeit, in der App auf externe Webshops zu verlinken, kann Spotify realitätsgetreu den Preis ihrer Dienste darstellen und Nutzer auf alternative Zahlungswege verweisen. Zukünftig plant der Musikdienst, neben Hörbuch-Verkäufen auch weitere Zahlungsoptionen in seinen Apps in den USA anzubieten, was die Vielfalt und Flexibilität für den Endkunden deutlich erhöht. Diese grundlegenden Änderungen bescheren der App-Landschaft in den USA eine nie dagewesene Öffnung. Entwickler sind künftig freier darin, finanzielle Geschäftsmodelle zu konzipieren, Preise transparenter zu gestalten und Abhängigkeiten von Apples In-App-Kaufsystem zu verringern.
Für Nutzer bedeutet dies mehr Wahlmöglichkeiten und oft auch kostengünstigere Angebote, da die hohen Provisionen nicht mehr zwangsläufig auf den Endpreis aufgeschlagen werden müssen. Die Reaktionen der Branche reichen von großer Zustimmung über vorsichtige Abwägungen bis hin zu Bedenken. Während viele Entwickler die Chance sehen, unabhängiger zu werden und ihre Einnahmen zu erhöhen, stehen bei Apple auch weiterhin Sicherheits- und Qualitätsaspekte im Vordergrund, die das Unternehmen für den App Store gewährleisten möchte. Die Herausforderung besteht darin, die offene Wettbewerbsfähigkeit mit der gewohnten Qualität und Sicherheit in Einklang zu bringen. Neben den direkten wirtschaftlichen Auswirkungen auf Entwickler und Unternehmen tragen die Änderungen auch zur stärkeren Regulierung der digitalen Plattformökonomie bei.
Das US-Gerichtsurteil ist ein Beispiel dafür, wie zunehmend politische und rechtliche Instanzen in den weltweiten Techmarkt eingreifen, um Monopolstellungen aufzubrechen und Wettbewerb zu fördern. Die Apple-Richtlinien sind ein Signal an andere Anbieter und Plattformen, sich ähnlichen Anforderungen zu stellen – eigene Nutzungsregeln und Provisionen werden künftig stärker hinterfragt werden. Abschließend lässt sich sagen, dass Apples Reaktion auf das US-Gerichtsurteil einen bedeutenden Paradigmenwechsel für den App Store darstellt. Die Öffnung gegenüber externen Zahlungsanbietern und die Aufhebung der „Link Out“-Beschränkungen bringen neue Luft in einen bislang eng kontrollierten Markt. Die langfristigen Folgen sind noch nicht abschließend absehbar, doch der Trend hin zu mehr Freiheit, Auswahl und Transparenz für Entwickler und Nutzer ist unübersehbar.
Dies eröffnet Chancen für Innovation, konkurrenzfähigere Preise und neue Geschäftsmodelle – eine Entwicklung, die auch über die USA hinaus Auswirkungen auf den globalen App-Markt haben dürfte.