Die Art und Weise, wie Produktentwicklungsteams organisiert sind, befindet sich im Wandel. Die traditionelle Struktur, oft als „Trinity“ bezeichnet, besteht aus drei klar voneinander getrennten Rollen: Produktmanager, Designer und Entwickler. Dieses Modell hat Jahrzehnte lang die Zusammenarbeit in der Softwareentwicklung geprägt. Doch angesichts der sich wandelnden Anforderungen der digitalen Welt und den Fortschritten in Tools und Methoden entsteht eine neue, effizientere Teamstruktur: das Duo-Modell. Die klassische Trinity-Struktur spiegelt ein Zeitalter wider, in dem Spezialisten in isolierten Rollen arbeiteten.
Produktmanager hatten die Aufgabe, Geschäftsziele zu formulieren und Anforderungen zu priorisieren. Designer waren für das Nutzererlebnis und die visuelle Gestaltung zuständig, während Entwickler den Code schrieben und die technische Umsetzung realisierten. Obwohl diese klare Trennung in der Vergangenheit Wert hatte, zeigte sie mit der Zeit ihre Schwächen, insbesondere hinsichtlich der Kommunikation und der Geschwindigkeit im Entwicklungsprozess. Im heutigen Softwareumfeld sind die Grenzen zwischen diesen Disziplinen deutlich fließender geworden. Grundlegende Programmierkenntnisse sind weiter verbreitet, User Experience spielen in der Produktentwicklung eine größere Rolle, und die Strategie ist oft integraler Bestandteil der täglichen Arbeit aller Teammitglieder.
Gleichzeitig erfordern moderne Softwareprodukte schnelle Iterationen und ständige Anpassungen, was eine neue Art der Zusammenarbeit verlangt. Das Duo-Modell setzt genau hier an und kombiniert die Rollen des Produktmanagers und Designers zu einer einzigen Rolle – dem Product Starter. Dieser übernimmt sowohl die strategische als auch die UX-orientierte Verantwortung für Funktionen und Features. Der zweite Teil des Duos ist der Product Developer, der nicht nur für die technische Umsetzung zuständig ist, sondern auch Projektmanagement übernimmt und die Schnittstellen zu anderen Abteilungen wie Marketing, Support oder Rechtsabteilung koordiniert. Diese Verschmelzung von Verantwortlichkeiten resultiert aus mehreren Treibern.
Zum einen ist die Softwareentwicklung heute dank moderner Frameworks, visueller Tools und Komponentenbibliotheken deutlich schneller und zugänglicher geworden. So entfallen die zeitraubenden Abstimmungen zwischen verschiedenen Rollen, die vorher oft zu Verzögerungen oder Missverständnissen führten. Zum anderen fördert das Duo-Modell eine stärkere Eigenverantwortung aller Beteiligten. Weil nun jeder Mitarbeiter mehr Verantwortung für den Erfolg des Produkts trägt, steigt die Motivation und das Engagement. Ein weiterer Vorteil des Duo-Modells liegt in der Reduktion von Kommunikationswegen.
Jede Übergabe zwischen verschiedenen Rollen birgt das Risiko von Informationsverlusten oder Fehlinterpretationen. Die Umsetzung einer Funktion gilt im Trinity-Modell oft als Staffelstab, der von einem Teammitglied zum nächsten übergeben wird, wobei wichtige Feinheiten verloren gehen können. Im Duo-Modell sind die Informationen konzentrierter, da der Product Starter die Vision und das Design direkt an den Product Developer weitergibt. Nach dieser Übergabe übernimmt der Entwickler die volle Verantwortung für die Umsetzung, das Qualitätsmanagement und die Kommunikation mit anderen Stakeholdern. Die Verantwortungsteilung im Duo-Modell ist klar, dennoch miteinander eng verzahnt.
Der Product Starter erstellt eine Art visuelles Produkt-Spezifikationsdokument, häufig mit Hilfe von einem Tool wie Figma, das nicht nur die Strategie und Ziele des Features vermittelt, sondern auch die UX-Elemente visuell darstellt. Durch die Verwendung von standardisierten Designsystemen ist die Notwendigkeit für individuelle visuelle Designskills reduziert, was die Effizienz steigert und Inkonsistenzen minimiert. Parallel dazu nimmt der Product Developer die Funktion des Projektmanagers an. Das umfasst die Aufteilung der Aufgaben, die Terminierung von Zwischenzielen und die Kommunikation mit beteiligten Abteilungen. Dabei werden auch die Qualitätssicherung und das Monitoring der Nutzerakzeptanz nach dem Launch abgedeckt.
Dieses erweiterte Aufgabenspektrum entlastet externe Projektmanager und erhöht die Agilität und Transparenz des Teams. Allerdings bringt dieser Wandel auch Herausforderungen mit sich. Eine der größten ist die Schwierigkeit, geeignete Mitarbeiter zu finden, die sowohl die Fähigkeiten im Produktmanagement als auch im Design oder in der Entwicklung sowie Projektorganisation mitbringen. Das Duo-Modell verlangt von jedem Teammitglied ein breites Kompetenzspektrum und eine hohe Lernbereitschaft. Eine Konsequenz daraus ist, dass Unternehmen ihre Employer-Branding- und Rekrutierungsstrategien anpassen müssen, um die richtigen Talente zu gewinnen und weiterzuentwickeln.
Weiterhin erfordert das Duo-Modell eine klare Definition von Erwartungen und Metriken zur Erfolgsmessung. Ohne eine dritte Stimme im Team kann es leichter zu Fehlentscheidungen kommen, weshalb begleitendes Management und regelmäßige Reviews unverzichtbar sind. Dennoch überwiegen die Vorteile laut Erfahrungen aus Unternehmen, die das Modell bereits praktizieren. Die Kultur eines gemeinsamen Verantwortungsgefühls wirkt sich positiv auf Motivation, Produktqualität und Time-to-Market aus. Insbesondere für Start-ups und kleinere Unternehmen bietet das Duo-Modell großes Potenzial, weil Ressourcen optimal genutzt werden können.
Bei größeren Organisationen kann die Einführung schrittweise erfolgen, etwa indem kleinere Teams oder Projekte die Struktur testen. Über die Zeit wächst die Kompetenz und Arbeitsweise in Richtung dieser neuen Zusammenarbeit, die Vorteile in Agilität und Innovationsfähigkeit verspricht. Ein weiterer Bonus der Duo-Struktur ist die Förderung des ganzheitlichen Denkens. Indem der Product Starter stärker in UX-Fragen involviert ist und der Entwickler Projektmanagementaufgaben übernimmt, werden Silos aufgebrochen. Dadurch steigt das Verständnis für die Produktziele im gesamten Team, was zu weniger Reibungsverlusten und mehr Produktfokus führt.
Jeder trägt mehr Verantwortung für das Ergebnis und nicht nur für den eigenen Bereich. Die Zukunft der Produktentwicklung ist somit eng mit dem Wandel der Teamstrukturen verbunden. Die klassische Trennung von PM, Design und Entwicklung wird durch adaptive und flexible Doppelrollen erweitert oder ersetzt. Diese Entwicklung wird nicht nur durch technische Innovationen beschleunigt, sondern auch durch gesellschaftliche Veränderungen in der Arbeitswelt, wo interdisziplinäre Zusammenarbeit an Bedeutung gewinnt. Künstliche Intelligenz und Automatisierungen werden diesen Trend verstärken, indem sie Routineaufgaben übernehmen und Raum für kreative und strategische Tätigkeiten schaffen.
Werkzeuge zur Kollaboration und Produktentwicklung werden zunehmend integrierter, sodass die Grenzen zwischen den einzelnen Disziplinen weiter verschwimmen. Allerdings ist es wichtig, dass Unternehmen beim Übergang zum Duo-Modell auf eine sorgfältige Implementierung achten. Die Veränderung von Rollenbildern und Verantwortlichkeiten erfordert Offenheit, Weiterbildungsprogramme und ein unterstützendes Management. Ohne diese Voraussetzungen könnte die Produktivität leiden oder die Mitarbeiter überfordert werden. Insgesamt ist das Duo-Modell mehr als nur eine organisatorische Änderung.
Es symbolisiert eine neue Denkweise in der Softwareentwicklung, bei der schlanke Teams mit hoher Eigenverantwortung und klaren Schnittstellen den Erfolg bestimmen. Die Trendwende vom Trinity- hin zum Duo-Team wird scheinbar unumkehrbar sein und eine neue Ära der Produktentwicklung einläuten, die schneller, effizienter und erfüllender für die Beteiligten ist.