Die Filmfestspiele von Cannes sind eines der prestigeträchtigsten Filmfestivals weltweit und ein Schaufenster für innovatives, kritisches und künstlerisch herausragendes Kino. Im Jahr 2018 sorgte der südkoreanische Film „Burning“ von Regisseur Lee Chang-dong für Aufsehen, indem er im sogenannten Jury-Grid von Screen, einem Maßstab, der die Bewertungen von zehn internationalen Filmkritikern zusammenfasst, einen historischen Rekord erzielte. Mit einer Durchschnittspunktzahl von 3,8 von 4 möglichen Sternen übertraf „Burning“ damit all seine Vorgänger und setzte neue Maßstäbe für die Bewertung bei Cannes. Diese herausragende Leistung macht nicht nur den Film selbst, sondern auch die aufkommende Bedeutung des südkoreanischen Kinos auf internationaler Bühne sichtbar. „Burning“ basiert lose auf der Kurzgeschichte „Barn Burning“ des bekannten japanischen Autors Haruki Murakami und fängt dabei eine einzigartige Mischung aus Mystery, Drama und sozialkritischer Erzählung ein.
Die Handlung folgt einem jungen Mann namens Jong-su, gespielt von Yoo Ah-in, der zufällig auf Hae-mi trifft, eine junge Frau aus seiner Nachbarschaft. Als Hae-mi verschwindet, schließt sich Jong-su mit Ben zusammen, einem wohlhabenden und mysteriösen jungen Mann, aus dessen Verhältnis sich zunehmende Spannungen und düstere Geheimnisse entwickeln. Das Drama nimmt einen langsamen, spannungsgeladenen Verlauf, der den Zuschauer auf subtile Weise in die Psyche der Charaktere eintauchen lässt und zugleich gesellschaftliche Themen wie Klassenunterschiede, Einsamkeit und die menschliche Sehnsucht nach Bedeutung und Wahrheit behandelt. Die Bewertung von „Burning“ im Screen-Jury-Grid erreichte insofern eine neue Dimension, als dass neun von zehn Kritikern eine volle Punktzahl von 4 Sternen vergaben. Nur drei Kritiker, darunter Kong Rithdee vom Bangkok Post sowie Julien Gester und Didier Péron von der französischen Zeitung Libération, vergaben mit jeweils 3 Sternen eine leicht geringere Bewertung, befanden den Film aber dennoch für herausragend.
Diese Übereinstimmung spiegelt die außergewöhnliche Qualität des Films wider, der als vielschichtig und komplex beschrieben wird – ein Werk, das eher Fragen aufwirft als einfache Antworten liefert und den Zuschauer zu intensiver Interpretation herausfordert. Der Film wurde von Kritikern als „leise verheerend“ charakterisiert – ein Lob, das seine Wirkung als subtiler und dennoch nachhaltiger emotionaler Schlag unterstreicht. Lee Chang-dong, der Regisseur, ist bekannt für seine einfühlsame und nachdenkliche Herangehensweise, die in „Burning“ zu ihrem Höhepunkt gelangt. Die Verknüpfung von Murakamis literarischer Vorlage mit der filmischen Fähigkeit, eine ambivalente und dichte Atmosphäre aufzubauen, machte „Burning“ zu einem unvergesslichen Erlebnis für Zuschauer und Kritiker gleichermaßen. Darüber hinaus steht „Burning“ exemplarisch für den Aufstieg des südkoreanischen Kinos auf der internationalen Bühne.
In den letzten Jahren hat Südkorea dank Regisseuren wie Bong Joon-ho, Park Chan-wook und eben Lee Chang-dong zunehmend Aufmerksamkeit erhalten. Die Auszeichnung auf einem so renommierten Filmfestival wie Cannes setzt ein deutliches Zeichen dafür, dass südkoreanische Filme nicht nur lokal, sondern weltweit als künstlerisch relevant und innovativ wahrgenommen werden. Die Kombination von kraftvollen Geschichten, gesellschaftlichen Anspielungen und technischen Brillanz schafft eine einzigartige Dynamik, die das Publikum fesselt und Diskussionen anregt. Neben „Burning“ wurden auf dem Jury-Grid von Screen weitere Filme gewürdigt, die jedoch bei weitem nicht an die oberste Bewertung heranreichten. Zum Beispiel erreichte Stéphane Brizés „At War“ eine durchschnittliche Bewertung von 2,1 Sternen.
Dieser französische Film, der das Thema eines Arbeitskampfes in einem Autozulieferbetrieb behandelt, spaltet die Kritik stärker, einige Richter gaben ihm sogar null Punkte, während andere anerkannte Kriterien fanden und drei Sterne vergaben. Auch „Under The Silver Lake“ von David Robert Mitchell – ein rätselhafter Thriller mit Andrew Garfield – sorgte für geteilte Meinungen und erreichte gerade einmal einen Mittelwert von 2,0 Sternen. Diese Kontraste verdeutlichen, wie vielfältig die Kritikermeinungen ausfallen können und wie anspruchsvoll das Jahr 2018 bei Cannes insgesamt gestaltet war. Die Tatsache, dass „Burning“ trotz starker internationaler Konkurrenz diesen Rekordwert erzielen konnte, macht den Erfolg besonders bemerkenswert. Die Filmemacher und Schauspieler haben mit ihrem Werk einen Beitrag zur Filmlandschaft geleistet, der als Meilenstein gilt.
In der Filmbranche wird ein solches Abschneiden oft als Sprungbrett gesehen, das neue Türen öffnet und Zukunftschancen auf internationalen Märkten schafft. Der Erfolg von „Burning“ ist aber nicht nur ein Gewinn für den Regisseur und seine Crew – er spiegelt auch den sich wandelnden Geschmack des internationalen Publikums wider. Filme, die sich mit komplexen Fragen der Identität, sozialen Ungleichheit und subtilen menschlichen Beziehungen beschäftigen, finden zunehmend Zuspruch. Diese Tendenz zeigt, dass das Publikum nach mehrschichtigen Erzählungen verlangt, die über konventionelle Action- oder Unterhaltungsmuster hinausgehen. „Burning“ erfüllt dies vortrefflich und setzt einen Maßstab für künftige Produktionen aus Asien und darüber hinaus.
In der Zeit nach Cannes 2018 sorgte „Burning“ weiterhin für Gesprächsstoff auf anderen Filmfestivals und bei Kritikerkreisen weltweit. Die Oscar-Einreichung Südkoreas für den besten fremdsprachigen Film unterstrich die Ambitionen, internationale Anerkennung zu gewinnen. Obwohl er nicht den Oscar erhielt, stärkte die Sichtbarkeit des Films das globale Ansehen koreanischer Filme erheblich. Südkoreanische Produktionen werden heute großflächig exportiert, sei es über Streaming-Dienste oder auf den Leinwänden in Europa und Nordamerika. Screen International, das Magazin hinter dem Jury-Grid, ist eine geschätzte Quelle für Branchenexperten und Filmfans gleichermaßen.
Die Jury-Bewertungen bieten nicht nur eine Momentaufnahme der Qualität und Rezeption eines Films bei einem der wichtigsten Festivals der Welt, sondern dienen auch als Indikator für potenzielle Erfolge im weltweiten Vertrieb und bei Preisen. Dass „Burning“ hier mit 3,8 von 4 möglichen Punkten Rekorde bricht, ist ein Signal für den kulturellen und kunstvollen Wert des Films. Letztlich zeigt der Erfolg von „Burning“, wie koreanisches Kino seine Stimme auf der Weltbühne gefunden hat. Durch die Verbindung europäischer literarischer Einflüsse, filmischer Kunstfertigkeit und kritischer Gesellschaftsreflexion ist ein Werk entstanden, das sowohl cineastisch als auch intellektuell überzeugt. Der Rekord bei Screens Jury-Grid bei Cannes 2018 bleibt ein bedeutendes Zeugnis dieser Errungenschaft.
Das Jahr 2018 wird somit in der Geschichte der Filmfestspiele von Cannes und in der Geschichte des internationalen Films als das Jahr vermerkt werden, in dem „Burning“ einen neuen Maßstab für Qualität und Tiefgang setzte. Filmfans und Kritiker dürfen gespannt sein, welche weiteren herausragenden Werke aus dem südkoreanischen Kino in Zukunft die internationale Filmwelt bereichern werden.