Die weltweit zunehmende Verbreitung von Betrugsmaschen stellt Banken und ihre Kunden vor große Herausforderungen. Insbesondere seit der Covid-Pandemie haben Betrugsversuche wie Romance-Scams und gefälschte Investitionen stark zugenommen. Ein prägnantes Beispiel ist die Arbeit eines spezialisierten Teams bei Santander in Großbritannien, das gezielt hilft, Personen aus den Fängen von Betrügern zu befreien. Die Rede ist von der sogenannten „Break the Spell“-Einheit, die mit einem besonderen Ansatz gegen die komplexen Maschen von Betrügern vorgeht. Betrüger verwenden oft emotionale Manipulation, um ihre Opfer davon zu überzeugen, ihnen Geld zu überweisen.
Besonders gravierend sind Romance-Scams, bei denen sich Täter online als vermeintliche Partner ausgeben und über Wochen oder gar Jahre eine scheinbar enge Beziehung aufbauen. Die Opfer, häufig ältere und einsame Menschen, werden so emotional gebunden, dass sie die Warnzeichen nicht mehr erkennen. Ein pensionierter Witwer aus Merseyside ist ein Beispiel dafür: Er war von einer vermeintlichen Freundin so überzeugt, dass er Geld und Hoffnung in eine Beziehung investierte, die nur in seinem Kopf existierte. Die Aufgabe von Clare, einer Mitarbeiterin der Break the Spell-Einheit, ist es, solche Menschen vorsichtig aus ihrem Glauben an die Täuschung herauszuholen. Das ist ein schwieriger Prozess, weil die Opfer oft das Vertrauen in die Betrüger höher bewerten als in das Personal ihrer eigenen Bank.
Außerdem beeinflusst der psychologische Zustand der Geschädigten die Situation maßgeblich. Viele Betroffene sind einsam, depressiv oder kürzlich durch Trauer belastet, was sie anfällig für Manipulation macht. Besonders heikel sind Fälle, in denen Vertrauen über Jahre aufgebaut wurde, und die Opfer trotz offensichtlicher Warnsignale immer wieder Täter finanzieren. Diese Situation erfordert nicht nur technische Mittel, sondern auch menschliches Feingefühl. Die Break the Spell-Mitarbeiter sind speziell geschult, auch anhand von Erkenntnissen der Verhaltenspsychologie, um die psychologische Blockade der Opfer zu durchbrechen.
Ein wichtiger Schritt ist es, den Betroffenen zu zeigen, dass die vermeintlichen Fotos und Identitäten, auf die sie vertrauen, oft geklaut und mehrfach im Internet verwendet werden. Tools wie Reverse Image Searches helfen, die Fälschung zu entlarven. Dennoch bleiben viele anfänglich skeptisch oder leugnen die Tatsachen, weil sie emotional so stark gebunden sind. Die finanziellen Schäden durch Betrugsmaschen sind erheblich. Im Jahr 2024 wurden allein in Großbritannien Summen in zweistelliger Millionenhöhe an Geld verloren, das an Kriminelle überwiesen wurde.
Banken stehen dabei nicht nur in der Pflicht, Kunden zu schützen, sondern auch, diese Verluste zu begrenzen. Seit Oktober 2024 gibt es verbindliche Regeln, nach denen Banken gezwungen sind, den meisten Opfern ihr Geld zurückzuerstatten, sofern kein grobes Verschulden vorliegt. Diese Regulierung erhöht den Druck auf Banken, Betrugsfälle frühzeitig zu erkennen und zu intervenieren. Im Zentrum der Arbeit der Break the Spell-Einheit steht die dauerhafte Betreuung der Betroffenen. Während andere Betrugspräventionsteams auf eine schnelle Sperrung von Transaktionen setzen, verfolgt dieses Team eine längere Betreuung mit kontinuierlichem Kontakt zum Kunden.
Es werden beispielsweise täglich rund 50 neue Verdachtsfälle an das Team herangetragen. Die Mitarbeiter analysieren die Konten und stel-len systematisch Zusammenhänge her, um zu verstehen, warum die betreffenden Personen trotz Warnungen weiterhin Geld überweisen. Dabei stoßen sie immer wieder auf wahren Horror: Opfer, die ihre Häuser beleihen, Kredite aufnehmen oder Familienbeziehungen zerstören, um komplexen Betrugsmaschen zu folgen. Nicht selten operieren Betrüger in organisierten Gruppen, sogenannten „Callcentern“, wo sie Zugriff auf persönliche Details zahlreicher Opfer haben. Diese Informationen stammen meist aus Social Media und werden genutzt, um ein glaubwürdiges Bild aufzubauen.
Die Kunden werden so manipuliert, dass sie denken, der Betrüger sei ein echter Freund oder Partner mit gemeinsamen Interessen. Durch diese professionelle Vorgehensweise ist es selbst für erfahrene Bankmitarbeiter nicht leicht, den Betrug unmittelbar zu erkennen und die Betroffenen zu überzeugen. Für die Opfer hat der psychologische Schaden oft eine viel größere Dimension als der finanzielle Verlust. Der Bruch mit der Illusion, an jemanden Besonderen geglaubt und Vertrauen verschenkt zu haben, führt zu Isolation und psychischem Stress. Hier zeigt sich die besondere Rolle von Programmen wie Break the Spell, die neben der finanziellen Absicherung auch Beratung und emotionale Unterstützung bieten.
Diese ganzheitliche Herangehensweise ist in Zeiten steigender Betrugsversuche essenziell. Banken lernen durch diese Programme, dass reine technische Lösungen nicht genügen. Die Manipulation beruht auf tiefgreifenden emotionalen Ebenen. Deshalb geht es auch darum, das Bewusstsein aller Mitarbeiter zu schärfen, mögliche Opfer früh zu erkennen und sensibel zu intervenieren. Die Zusammenarbeit mit der Polizei ist in besonders schweren Fällen etabliert, um gefährdete Personen zu schützen und Täter konsequent zu verfolgen.
Die Chileerfahrungen bei Santander zeigen zudem, dass ein individuelles und langfristig angelegtes Betreuungskonzept nachhaltiger ist als das bloße Blockieren von Zahlungsströmen. Viele Opfer profitieren davon, wenn ihnen Vertrauen und Verständnis entgegengebracht wird und sie nicht als naive Schuldige behandelt werden. Die Einsicht, Opfer eines Betrugs geworden zu sein, braucht Zeit und behutsame Begleitung. Der Fall des pensionierten Witwers zeigt beispielhaft, wie hartnäckig Betrugsopfer an ihrer Illusion festhalten und wie schwierig es ist, sie zu erreichen. Auch wenn seine Forderungen an die vermeintliche Partnerin absurd erscheinen, halten ihn emotionale Bedürfnisse gefangen.
Dank der Bank konnten weitere Zahlungen verhindert werden, und er kann voraussichtlich eine Rückerstattung für seine Verluste erhalten. Insgesamt verdeutlicht die Arbeit spezialisierter Anti-Betrugs-Teams, dass Betrug kein individuelles Problem allein der Opfer ist, sondern eine gesellschaftliche Herausforderung. Es fordert von Banken nicht nur moderne Sicherheitsmechanismen, sondern auch menschliche Empathie und psychologisches Know-how. Nur so lässt sich die Flut aus Betrugsfällen eindämmen und Betroffenen eine realistische Hoffnung auf finanzielle und emotionale Rehabilitation geben. Experten raten daher dazu, offen über Betrugsrisiken zu sprechen und Präventionsstrategien sowohl auf technischer als auch auf persönlicher Ebene weiterzuentwickeln.
Die Erkenntnis, dass jeder in die Lage geraten kann, Opfer eines perfiden Betrugs zu werden, sollte die Sensibilität in der Gesellschaft und bei Institutionen erhöhen. Schlussendlich ist es ein gemeinsames Anliegen, die Menschen vor finanziellen Verlusten zu schützen und gleichzeitig ihre Würde und Psyche zu bewahren.