Chegg, ein prominentes Unternehmen im Bereich der Online-Bildungstechnologie mit Sitz in Santa Clara, Kalifornien, hat Anfang Mai 2025 angekündigt, ungefähr 22 Prozent seiner Mitarbeiter zu entlassen. Konkret betrifft dies 248 Stellen, was angesichts der Belegschaft von rund 1.271 Angestellten bedeutend ist. Die Maßnahme zielt darauf ab, Kosten zu senken und die Unternehmensstruktur angesichts zunehmender Herausforderungen in der Branche zu straffen. Im Zentrum der Problematik stehen vor allem neue KI-Technologien, die traditionellen Bildungsplattformen wie Chegg erhebliche Konkurrenz machen.
Die Entscheidung ist nicht überraschend, wenn man die Entwicklung der letzten Monate und Jahre betrachtet. Chegg war lange Zeit ein beliebter Anbieter für Online-Lehrmaterialien, einschließlich Buchverleih, Nachhilfe und Hausaufgabenhilfe. Doch die Beliebtheit solcher Angebote nimmt kontinuierlich ab. Besonders auffällig ist der Rückgang der Nutzerzahlen – im ersten Quartal 2025 sank die Anzahl der Abonnenten um 31 Prozent auf 3,2 Millionen. Gleichzeitig ist der Umsatz um rund 30 Prozent auf 121 Millionen US-Dollar gefallen.
Die Erlöse aus Abonnementdiensten gingen um fast ein Drittel auf 108 Millionen US-Dollar zurück. Diese Zahlen verdeutlichen, wie stark Chegg aktuell unter Druck steht. Eine der treibenden Kräfte hinter dieser Entwicklung ist der rasante Vormarsch von KI-gestützten Lern- und Hilfstools. Plattformen wie ChatGPT, entwickelt von OpenAI, bieten Schülern und Studierenden zunehmend vielseitige, interaktive Lernhilfen kostenlos oder zu niedrigeren Kosten an. Gleichzeitig haben große Technologiekonzerne wie Google ihre eigenen KI-Produkte massiv ausgebaut.
Google hat mit seiner Gemini AI-Plattform und den sogenannten „AI Overviews“ innovative Suchfunktionen eingeführt, die Nutzer direkt innerhalb der Suchumgebung halten und Informationen kompakt bereitstellen. Dieses Verhalten führt dazu, dass Nutzer weniger direkt an Plattformen wie Chegg weitergeleitet werden, was die Traffic-Zahlen sinken lässt und die Relevanz solcher Dienste reduziert. Chegg hat auf diese Entwicklung bereits reagiert und Anfang 2025 sogar eine Klage gegen Google eingereicht. Das Unternehmen wirft dem Tech-Giganten vor, durch seine KI-generierten Zusammenfassungen die Nachfrage nach originären Inhalten zu untergraben und so das Geschäftsmodell von Chegg sowie weiteren Anbietern zu beeinträchtigen. Die Klage hebt hervor, wie zentral das Thema KI mittlerweile für Bildungsplattformen ist und wie sehr diese um ihre Zukunft kämpfen.
Mit dem Entlassungsprogramm einher gehen weitere Maßnahmen, die darauf abzielen, die Unternehmensstruktur effizienter zu gestalten und Verluste zu minimieren. Chegg hat bekannt gegeben, seine Büros in den USA und Kanada bis Ende 2025 zu schließen. Dies ist ein deutliches Signal für den geplanten Umbau des Unternehmens und die Verlagerung der Arbeitsprozesse. Gleichzeitig sollen insbesondere die Ausgaben für Marketing, Produktentwicklung sowie allgemeine Verwaltungskosten reduziert werden. Die geplanten Restrukturierungskosten liegen zwischen 34 und 38 Millionen US-Dollar, davon sollen die ersten Belastungen hauptsächlich im zweiten und dritten Quartal 2025 anfallen.
Insgesamt erwartet Chegg jedoch Einsparungen zwischen 45 und 55 Millionen US-Dollar im Jahr 2025 und sogar bis zu 110 Millionen US-Dollar im Folgejahr. Diese Maßnahmen sind Teil einer größeren Transformation innerhalb der EdTech-Branche. Die Ausbreitung von KI-Technologien stellt traditionelle Geschäftsmodelle auf den Kopf. Wo früher vor allem Bezahlzugänge zu Lernmaterialien und persönlichen Hilfen dominierten, sorgen neue KI-Anwendungen für einen Wandel hin zu automatisierten, skalierbaren und oftmals günstigeren Lösungen. Plattformen wie Chegg stehen daher vor der Herausforderung, ihren Mehrwert neu zu definieren und sich an die veränderten Erwartungen ihrer jungen Nutzerinnen und Nutzer anzupassen.
Die Einschränkung oder Schließung lokaler Büros kann zudem als Reaktion auf die gestiegenen Anforderungen an Flexibilität und digitale Zusammenarbeit gesehen werden. Die Corona-Pandemie hat die Arbeit im Homeoffice und hybride Arbeitsmodelle beschleunigt, was viele Unternehmen dazu veranlasst hat, ihre Bürokonzepte zu überdenken. Chegg reduziert seine physische Präsenz, um Kosten zu senken und sich auf agile, digital gestützte Arbeitsweisen zu konzentrieren. Die aktuelle Lage bei Chegg ist ein Spiegelbild einer der dynamischsten Branchen unserer Zeit. Bildungstechnologie, einst ein schnell wachsender Markt, durchläuft nun eine Neuorientierung infolge disruptiver Innovationen.
Unternehmen, die es nicht schaffen, ihre Angebote als unverzichtbar und modern zu positionieren, verlieren rasch an Marktanteilen. Für Schüler, Studierende und Lehrende bedeutet diese Entwicklung zum einen den Zugang zu einer breiteren Palette intelligenter Lernwerkzeuge, die durch künstliche Intelligenz personalisierte Unterstützung bieten. Zum anderen entstehen neue Herausforderungen hinsichtlich der Qualitätssicherung und der ethischen Nutzung solcher Tools. Firmen wie Chegg müssen in diesem Spannungsfeld ihren Platz neu suchen und sich innovativ aufstellen. Zukunftsorientierte Ansätze könnten beispielsweise die Integration von KI in die eigenen Produkte sein, um den Nutzerinnen und Nutzern einen echten Mehrwert zu bieten.
Ebenso wichtig sind Kooperationen mit Bildungseinrichtungen und eine klare Positionierung im digitalen Ökosystem. Trotz des aktuellen Rückschlags ist Chegg nicht der einzige Akteur, der sich dem Wandel stellt. Gleichwohl wird das Abschneiden im Wettbewerb intensiv ausgefochten. Insgesamt zeigt die Situation bei Chegg, wie KI die Bildungslandschaft prägt und wie stark der Druck auf etablierte Unternehmen zunimmt. Die Entlassungen sind dabei weniger ein isoliertes Ereignis, sondern Teil eines groß angelegten Umstrukturierungsprozesses, der die EdTech-Branche in den nächsten Jahren maßgeblich beeinflussen wird.