In einer Ära, in der Datenschutz und Sicherheit immer zentraler für die digitale Nutzung werden, steht das Precursor Entwicklungs-Kit als wegweisendes Projekt im Fokus. Precursor ist ein mobiles, offenes Hardware-Entwicklungs-Kit, das auf dem RISC-V System-on-Chip (SoC) basiert und speziell für Entwickler entworfen wurde, die sichere und vertrauenswürdige Systeme gestalten möchten. Es bietet weit mehr als die typischen FPGA-Entwicklungsboards, die häufig sperrig sind und keine echte Portabilität erlauben. Precursor dagegen passt in die Hosentasche, ist mit Display und Tastatur ausgestattet und liefert eine Plattform, die Entwicklern vollständige Transparenz und Kontrolle auf Silicon-Ebene ermöglicht. Damit adressiert es nicht nur Bedürfnisse der Technik-Community, sondern auch Anforderungen an zukünftige, sichere mobile Geräte.
Die Kernidee hinter Precursor ist die Förderung von „Evidence-Based Trust“, also einem vertrauenswürdigen Aufbau von Geräten, die man nicht einfach nur glaubt, sondern deren Sicherheitsaspekte man selbst überprüfen kann. Während bei herkömmlichen Smartphones und Hardware-Lösungen Nutzer auf die Hersteller vertrauen müssen, setzt Precursor auf Offenlegung und Überprüfbarkeit bis auf die Mikroarchitekturebene. Damit gelingt es, das Konzept von „Jailbreaking“ und Nutzerkontrolle auf ein neues Fundament zu stellen. Das Kit ist mehr als ein Entwicklungsboard. Es bietet eine echte mobile Benutzererfahrung mit einem robusten, machingefrästen Aluminiumgehäuse, einem hochauflösenden Bildschirm mit monochromer Anzeige bei 336x536 Pixeln, einer physikalischen Tastatur mit wechselbaren Layouts und einem internen Akku, der mehrere Stunden aktive Nutzung und Tage im Standby erlaubt.
Die Hardware ist dabei mit einem Xilinx Spartan 7 XC7S50 FPGA ausgestattet, der den Kern des SoC bildet. Dieser FPGA beherbergt einen VexRISC-V CPU-Kern, der mit 100 MHz getaktet ist und einen voll implementierten RV32IMAC-Befehlssatz mit Memory Management Unit besitzt. Des Weiteren sind diverse kryptographische Module und echte Zufallszahlengeneratoren integriert, um sichere Authentifizierung und Datenverschlüsselung auf Hardwareebene durchzuführen. Besondere Beachtung verdient die Vault-App, die in das System integriert wurde und sich als End-to-End Lösung für Passwort- und Authentifikationsverwaltung versteht. Sie unterstützt gängigen Sicherheitsstandards wie U2F/FIDO2, bietet TOTP (Time-Based One-Time Password) und kann als Passwort-Manager fungieren – alles auf demselben Gerät.
Dank der offensichtlich sichtbaren Authentifizierungsinformationen und der Möglichkeit, Eingaben über die Tastatur schnell zu durchsuchen, erhalten Nutzer eine nie dagewesene Transparenz und Kontrolle gegenüber Cloud-basierten oder proprietären Alternativen. Die Besonderheit ist die Verwendung einer sogenannten „Plausibly Deniable Database“ (PDDB). Diese ermöglicht es, über verschiedene verschlüsselte Overlay-Datenbanken zu verfügen, von denen jene, die nicht entsperrt sind, für einen Angreifer nicht von freiem Speicherplatz zu unterscheiden sind. Damit wird das Prinzip der plausiblem Abstreitbarkeit umgesetzt, ein wichtiger Schutz gegenüber forensischer Analyse. Ein weiteres Merkmal ist die Offline-Backuplösung, die verschlüsselte Sicherungen einschließlich einer BIP-39 Wortliste unterstützt.
Dies erlaubt die sichere Wiederherstellung der Zugangsdaten selbst bei Verlust oder Beschädigung des Geräts. Die mobile Bauform mit einem Gewicht von nur 96 Gramm und einer Dicke von 7,2 mm lässt Precursor besonders attraktiv erscheinen. Es ist kleiner und leichter als viele frühere Smartphones, deren Leistung es auch in etwa entspricht. Precursor ist damit ein Beweis, dass vertrauenswürdige Hardware und einfache Nutzung sich nicht ausschließen müssen. Neben seinen starken Sicherheitsfunktionen ist Precursor ein vollwertiges Entwicklungskit.
Der Quellcode für alle Komponenten ist öffentlich zugänglich, einschließlich des CPU-Designs, der PCB-Pläne, der Gehäusedateien sowie der Firmware. Dies erlaubt es Entwicklern nicht nur, das Gerät kritisch zu prüfen, sondern auch aktiv zu verändern und anzupassen. Die modulare Keyboard-Konzeption lädt zum Experimentieren mit alternativen Layouts oder Hardware-Erweiterungen ein. Der offene Zugang zur gesamten Hard- und Softwarearchitektur steht im Gegensatz zum Mainstream-Markt, in dem proprietäre Lösungen vorherrschen. Für Entwickler gibt es neben dem Hauptgerät ein nützliches Zubehör: den Raspberry Pi Debug HAT, der speziell für Low-Level Debugging und Firmware-Flashen konzipiert wurde und mit einem Raspberry Pi zusammenarbeitet.
Dadurch wird tiefergehende Analyse und Modifizierung erheblich erleichtert. Die Kombination aus reiner Open-Hardware, einer mobilen Form und einem Fokus auf sicherheitskritische Anwendungen macht Precursor einzigartig auf dem Markt. Während viele FPGA Boards zwar offen sind, fehlt ihnen meist die Alltagstauglichkeit, denn sie besitzen keine eigene Batterie, Display oder Tastatur und sind groß und sperrig. Im Vergleich zu anderen mobilen offenen Geräten wie dem Librem 5 oder PinePhone bietet Precursor zudem die seltene Eigenschaft, eine selbst kompilierbare CPU auf FPGA-Basis bereitzustellen. Das schafft eine neue Vertrauensschicht, die in geschlossenen Systemen so nicht erreicht werden kann.
Precursor positioniert sich daher als visionäres Entwicklungsgerät, das die Lücke zwischen völlig offenen, aber schwer bedienbaren Entwicklungssystemen und alltagstauglichen Smartphones mit eingeschränkter Kontrolle schließt. Es ist ideal für Projekte im Bereich Sicherheitssoftware, wie verschlüsselte Messenger, Krypto-Wallets oder Authentifikatoren. Der offene Zugang kann eine breite Entwicklergemeinschaft mobilisieren und so den Weg für innovative Lösungen im Ökosystem „Open Hardware“ ebnen, die sowohl praktisch als auch sicherheitsorientiert sind. Trotz seines relativen Preises von rund 590 US-Dollar ist Precursor dank der niedrigen Produktionszahlen eine bemerkenswerte Errungenschaft, da es schwer ist, vergleichbare Geräte mit der gleichen Offenheit und Mobilität zu finden. Es steht in etwa leistungsmäßig auf einer Höhe mit Smartphones aus den frühen 2000er Jahren, besitzt aber moderne Anschlüsse wie USB-C, Wi-Fi sowie einen energieeffizienten Ansatz durch low-leakage FPGAs und einen eingebetteten Controller zum Management des Standby-Betriebs und der Ladezyklen.
Der Entwickler wird somit befähigt, tief in die Architektur einzutauchen, die Software von Grund auf zu verstehen, zu modifizieren und eigene sichere Anwendungen zu schaffen. Die modularen Bestandteile, wie die auswechselbaren Tastaturlayouts und offen zugänglichen PCB-Designs, erhöhen den Forscher- und Bastlerwert erheblich. Außerdem erlaubt die einfache Zerlegbarkeit der Hülle und des Geräts eigene Hardware-Anpassungen und Erweiterungen, wie das Nachrüsten von Modems oder weiteren Schnittstellen. Die Produktionsfirma Sutajio Kosagi unterstützt das Projekt zusammen mit bekannten Open-Hardware-Akteuren wie bunnie und xobs, die alle für ihre Beiträge zum offenen Hardware-Ökosystem bekannt sind. Finanziert wurde das Projekt teilweise durch den NGI0 PET Fund, eine Initiative der europäischen Next Generation Internet-Kommission, die die Entwicklung von Datenschutztechnologien fördert.
Die öffentliche Dokumentation erstreckt sich über umfangreiche Quellcodes, Referenzentwürfe und Tutorials, die das Verstehen und Mitwirken erleichtern. Vor allem Entwickler, die sich für sichere Kommunikation, kryptographische Hardware und transparente Systeme interessieren, finden hier eine einmalige Gelegenheit. Precursor kann als Vorbote einer neuen Geräteklasse verstanden werden, die mobile Nutzbarkeit, Vertrauenswürdigkeit und Offenheit kombiniert und dadurch eine neue Generation von sicheren, benutzerorientierten Geräten ermöglichen möchte. Es ist ein Gegenpol zum geschlossenen Apparat der großen Hersteller und damit ein bedeutender Beitrag zur Demokratisierung des Zugangs zu sicherer Technologie. Mit der Einführung von Precursor wird eine klare Botschaft gesendet: Vertrauen soll nicht vorgetäuscht, sondern durch Überprüfbarkeit und Offenheit erreicht werden.