Die zunehmende Digitalisierung der Finanzmärkte verändert das Investitionsverhalten weltweit nachhaltig. Im Mittelpunkt dieser Entwicklung steht inzwischen nicht mehr nur die traditionelle Börse, sondern auch Blockchain-Technologie und digitale Assets. Ein bedeutender Schritt in diese Richtung könnte die Einführung von tokenisierten Aktien durch Coinbase werden, einem der größten und einflussreichsten Krypto-Börsenanbieter weltweit. Derzeit befindet sich Coinbase in der Phase der Antragstellung zur Genehmigung durch die US-amerikanische Securities and Exchange Commission (SEC) für diesen innovativen Service. Sollte die SEC grünes Licht geben, könnte dies den Aktienhandel in den Vereinigten Staaten grundlegend verändern und neue Maßstäbe setzen.
Doch was genau verbirgt sich hinter tokenisierten Aktien und welche Folgen könnte die Genehmigung für Investoren und den Markt haben? Tokenisierte Aktien sind digitale Repräsentationen von Aktien, die auf der Blockchain abgebildet werden. Im Unterschied zu herkömmlichen Aktienzertifikaten oder elektronischen Depotbeständen liegt hier das Eigentum als ein Token vor, welches sofort und kostengünstig übertragen werden kann. Solche Token können theoretisch jederzeit gehandelt werden, unabhängig von Börsenöffnungszeiten, sodass Investoren auch an Wochenenden oder Feiertagen handeln könnten. Durch den Handel auf Blockchain-Basis verspricht Coinbase nicht nur eine Reduzierung der Handelskosten, sondern auch eine schnellere Abwicklung der Transaktionen dank Instant Settlement. Dieses Konzept steht damit für eine Demokratisierung und Modernisierung des Aktienmarktes, die insbesondere jüngere und technikaffine Anleger anspricht.
Die Ambitionen von Coinbase gehen jedoch weit über eine bloße technische Modernisierung hinaus. Mit diesem Schritt könnte die Plattform zu einem ernsthaften Konkurrenten für etablierte Handelsplätze wie Robinhood oder Charles Schwab avancieren, indem sie die Vorteile der dezentralen Technologien mit den Vorzügen traditioneller Wertpapiere kombiniert. Der Chief Legal Officer von Coinbase, Paul Grewal, bezeichnete das Projekt als „riesige Priorität“ für das Unternehmen und kündigte an, dass man durch die SEC-Genehmigung Rechtssicherheit und Vertrauen für Investoren gewährleisten wolle. Die regulatorischen Hürden sind dabei allerdings hoch. Nach geltendem US-Recht ist der Handel mit mit Kryptowährungen hinterlegten Versionen von US-Aktien verboten, sofern keine ausdrückliche Befreiung oder ein sogenanntes No-Action Letter von der SEC vorliegt.
Coinbase besitzt zudem keine Broker-Dealer-Lizenz, was den Prozess zusätzlich verkompliziert. Eine Zulassung durch die SEC wäre allerdings ausschlaggebend dafür, dass die Plattform legal und sicher operieren kann. Deshalb ist die SEC-Entscheidung von entscheidender Bedeutung – sie könnte den Weg für die breite Einführung von tokenisierten Aktien im US-amerikanischen Markt ebnen. Der Gedanke, Aktien als tokenisierte Vermögenswerte über die Blockchain zu handeln, ist nicht komplett neu. Bereits andere Plattformen wie Kraken bieten tokenisierte Aktien Produkte an, allerdings bisher ausschließlich in ausländischen Märkten und nicht innerhalb der USA.
Anbieter wie Backed Finance und Swarm Markets gewinnen in Europa und Asien ebenfalls an Fahrt in diesem Bereich. Eine US-weite Erlaubnis für Coinbase würde daher eine bahnbrechende Innovation darstellen, die den heimischen Aktienhandel revolutionieren könnte. Trotz der immensen Chancen sind noch diverse Herausforderungen zu bewältigen. Die Liquidität eines Sekundärmarktes für tokenisierte Aktien ist derzeit noch begrenzt. Die Standardisierung von tokenisierten Vermögenswerten fehlt ebenso, was die Entwicklung interoperabler Handelsplattformen erschwert.
Untersuchungen, unter anderem vom Weltwirtschaftsforum, attestieren einen erheblichen Nachholbedarf bei regulatorischen Rahmenbedingungen und Markttiefe, um eine flächendeckende Akzeptanz zu ermöglichen. Die politische und regulatorische Landschaft in den USA hat sich zudem verändert. Unter der Präsidentschaft von Donald Trump wurden etwaige Klagen gegen große Krypto-Plattformen wie Coinbase, Binance oder Kraken zurückgenommen oder eingestellt. Hinzu kommt die Einrichtung einer speziellen Krypto-Task-Force, welche die Regeln für digitale Vermögenswerte neu definieren soll. Dieses veränderte Umfeld könnte Coinbase und ähnliche Unternehmen begünstigen und die Akzeptanz für innovative Lösungen wie tokenisierte Aktien erleichtern.
Sollte die SEC dem Vorhaben von Coinbase zustimmen, könnte sich der Aktienhandel fundamental wandeln. Die Börse würde nicht mehr auf traditionelle Handelszeiten beschränkt bleiben und es entstünde eine neue Form von 24/7-Zugang zu Aktienmärkten. Das würde nicht nur eine bessere Zugänglichkeit schaffen, sondern auch potentielle Vorteile hinsichtlich Geschwindigkeit, Kosten und Markttransparenz mit sich bringen. Besonders für Privatanleger könnte dies eine bessere Investitionsmöglichkeit mit weniger Barrieren bedeuten. Darüber hinaus eröffnet die Technologie neue Geschäftsmodelle und Möglichkeiten für die Integration von Finanzprodukten in die Welt von Web3 und dezentralen Finanzanwendungen (DeFi).
So könnten künftig komplexere Finanzinstrumente über Smart Contracts ausgeführt und verwaltet werden. Dies beschränkt sich dann nicht nur auf Aktien sondern auch auf Anleihen, Fondsanteile oder andere Vermögenswerte. Die Kombination aus traditionellem Finanzwesen und Blockchain-Technologie birgt also ein enormes Innovationspotenzial. Die Frage ist jedoch, wie schnell sich Regulatoren, Investoren und Marktteilnehmer diesen neuen Möglichkeiten anpassen werden. Momentan befinden sich alle Augen auf die SEC und deren baldige Entscheidung hinsichtlich der Coinbase tokenized equities.