In den letzten Jahren standen unbegleitete minderjährige Migranten, die ohne ihre Eltern die Grenze zwischen Mexiko und den USA überquerten, vermehrt im Fokus der US-Politik. Unter der Amtszeit von Präsident Joe Biden sind etwa 450.000 solcher Kinder in die Vereinigten Staaten gekommen, viele davon mit dem Ziel, bei Verwandten oder anderen Vertrauenspersonen aufgenommen zu werden. Im Jahr 2025 startete die Trump-Administration eine umfassende, landesweite Untersuchung dieser Kinder und ihrer sogenannten „Sponsoren“ – Erwachsene, die die Verantwortung für die Kinder übernehmen, während diese sich im Land aufhalten. Diese Maßnahmen lösen sowohl Befürwortung als auch scharfe Kritik aus und werfen komplexe ethische sowie rechtliche Fragen auf.
Die verwendeten Methoden und die Zielsetzungen der Regierung offenbaren einen harten, von Null-Toleranz geprägten Kurs gegenüber illegaler Migration, insbesondere durch Minderjährige. Das Hauptanliegen der Trump-Regierung ist es, den Aufenthaltsort und die Sicherheit der Kinder zu ermitteln. Dies geschieht durch Hausbesuche, Befragungen und Untersuchungen von Sponsoren. Auf den ersten Blick können solche Kontrollmaßnahmen als Schutzinstrument verstanden werden, um sicherzustellen, dass keine Kinder in missbräuchliche oder ausbeuterische Situationen gelangen. Doch die Realität zeigt eine weitaus komplexere und kritischere Dynamik.
Viele Migrantenrechtsaktivist:innen und Organisationen äußern Sorge, dass diese Maßnahmen dazu dienen könnten, Familien zu zersetzen und letztlich zur Abschiebung sowohl der Kinder als auch ihrer Sponsoren zu führen. Die Angst vor einer Zerschlagung von familiären Bindungen wird unter anderem von der Beobachtung genährt, dass bereits Hundert Kinder aus der Obhut ihrer Sponsoren genommen und wieder von der Regierung in Obhut genommen wurden – auch wenn diese Eltern, Verwandte oder enge Bezugspersonen sind. Die Praxis der Trump-Administration, sogenannte „door knocks“ – Hausbesuche – durchzuführen, bringt oft bewaffnete Agent:innen zu den Wohnorten der Kinder und deren Unterstützer:innen. Videos und Berichte über solche Einsätze haben landesweit Besorgnis ausgelöst. Für die betroffenen Kinder bedeutet dies oft traumatische Erfahrungen, gerade wenn die eingesetzten Behörden von ihrer Rolle in Unterbringung und Abschiebung von Migrant:innen bekannt sind.
Die Angst, sich vor diesen Agent:innen zu öffnen, verhindert, dass Kinder eventuell bestehende Missbrauchsfälle oder ihre tatsächlichen Lebensumstände ehrlich schildern. Somit wirkt die Strategie zwar vordergründig schützend, kann aber gleichzeitig das Gegenteil bewirken. Ein zentraler Bestandteil der Überprüfung neuer Sponsoren ist die Einführung verpflichtender DNA-Tests. Diese Maßnahme soll nach Darstellung der Behörde sicherstellen, dass das behauptete verwandtschaftliche Verhältnis, das oft Grundlage für die Übernahme der Fürsorge ist, auch tatsächlich besteht. Die teilweise mehrfache Angabe von Verwandtschaften durch „Super-Sponsoren“, also Personen, die sich angeblich um eine große Anzahl unbegleiteter Kinder kümmern, hat die Behörden misstrauisch gemacht.
Doch der Einsatz von DNA-Tests wirft weiterhin ethische Fragen auf. Kritiker:innen sehen darin eine tiefgreifende Einmischung in die Privatsphäre, insbesondere wenn sie ohne die klare Zustimmung der Betroffenen durchgeführt werden. Zudem könnte ein negatives Testergebnis eine Trennung der Kinder von Personen bedeuten, bei denen sie bislang Geborgenheit fanden. Die neuen Anforderungen für potentielle Sponsoren gehen weit über die Überprüfung der Verwandtschaft hinaus. Neben DNA-Tests verlangt die Regierung nun auch die Vorlage von Fingerabdrücken und den Nachweis eines verifizierten Einkommens.
Diese Vorgaben entfalten eine enorm abschreckende Wirkung, vor allem angesichts der Tatsache, dass viele potentielle Sponsoren selbst oft in prekären wirtschaftlichen Verhältnissen leben oder einen unsicheren Aufenthaltsstatus haben. Die Folge ist, dass es für viele Migrationserfahrene fast unmöglich wird, die nötigen Voraussetzungen zu erfüllen, um legal und sicher als Fürsorger zu fungieren. Das wiederum bedeutet, dass die betroffenen Kinder länger in staatlichen Einrichtungen verbleiben müssen, da eine Herausgabe an einen geeigneten Sponsor faktisch unmöglich wird. Aus Sicht der Regierung unter Präsident Trump geht es bei den verschärften Maßnahmen nicht nur um den Schutz der Kinder, sondern auch um die Integrität und Sicherheit der gesamten Einwanderungspolitik. Die Behauptung lautet, dass unzureichend geprüfte Sponsoren ein erhebliches Risiko bedeuten, weil Kinder dadurch in kriminelle Netzwerke, Menschenhandel oder andere Formen der Ausbeutung geraten könnten.
Tatsächlich dokumentieren die Behörden einzelne Fälle, in denen Erwachsene versucht haben, sich durch falsche Verwandtschaftsangaben die Vormundschaft zu erschleichen, um Minderjährige auszunutzen. Ein Beispiel ist ein Fall aus Ohio, in dem ein Mann, der selbst keinen legalen Aufenthaltsstatus hatte, eine 14-jährige Migrantin mit gefälschter Identität zusagte und dafür bereits rechtskräftig verurteilt wurde. Solche Fälle geben zwar einen Anlass für Skepsis, lassen jedoch kaum eine Rechtfertigung für eine pauschale und umfangreiche Überwachung aller Familienkonstellationen zu. Migrant:innen und Menschenrechtsorganisationen weisen darauf hin, dass die angewandten Methoden der Trump-Administration die ohnehin verletzliche Situation von Minderjährigen häufig eskalieren. Die Anwendung von durchsuchenden Hausbesuchen durch Agent:innen in taktischer Ausrüstung, der Einsatz von DNA-Gutachten und die aktive Suche nach Gründen für sofortige Abschiebungen erzeugen Angst und Stress.
Viele Kinder, die bereits schwere Traumata erlebt haben, werden so nicht nur mit den normalen Herausforderungen der Migration konfrontiert, sondern auch mit einem neuen Umfeld von Misstrauen und ständiger Überwachung. Zudem wird der Diskurs über Migration zunehmend von der Rhetorik der Gefahr und der Kriminalisierung geprägt, was die gesellschaftliche Teilhabe der Migrantenfamilien zusätzlich erschwert. Neben den unmittelbaren Folgen für die Kinder und ihre Sponsoren hat die Trump-Administration auch strukturelle Veränderungen im System vorgenommen. So wurde die Finanzierung für Anwälte, die Migrantenkinder vertreten, stark reduziert. Gerade besonders schutzbedürftige Minderjährige, wie Kleinkinder oder solche mit besonderen Bedürfnissen, verfügen somit oftmals über keine rechtliche Vertretung mehr.
Die Unterstützung bei komplexen Verfahren und die Wahrung der Rechte im Asylprozess verschlechtern sich dadurch erheblich. Dies stellt eine weitere Hürde dar, insbesondere wenn die Kinder in Verwahrung genommen wurden und nicht ohne Sponsor das Land verlassen dürfen. Das Ergebnis dieser Politik ist eine Situation mit erheblichen Spannungen und Unsicherheiten. Für viele Familien bedeutet die Spurensuche der Behörden nicht weniger als die Androhung der Abschiebung – selbst dann, wenn die Kinder in den USA bereits rechtlich anerkannt sind oder sich seit Jahren in einem Stabilitätsprozess befinden. Die Regierung argumentiert, dass sie alle Aspekte „durchforstet“, um sicherzustellen, dass die Kinder tatsächlich in Sicherheit sind.
Doch Kritiker:innen betonen, dass der Fokus auf Sicherheit allzu oft mit Zerstörung von Familienleben einhergeht. Insgesamt spiegelt das Vorgehen der Trump-Administration eine politische Linie wider, die in der Migrationspolitik eine harte Kontrolle über Aufenthaltsstatus und Betreuung der Minderjährigen anstrebt. Doch angesichts der Komplexität der Migration, der Verwundbarkeit der betroffenen Kinder und der Vielfalt der familiären Betreuungsformen ist fraglich, ob solche massenhaft angewendeten Maßnahmen der beste Weg sind. Letztlich verlangt das Thema einen sensiblen Umgang, bei dem Kindeswohl und Menschenrechte an erster Stelle stehen, statt allein auf Überwachung und Durchsetzung gerichteter Strafmaßnahmen. Die internationale Gemeinschaft beobachtet die Entwicklungen mit Sorge, denn der Umgang mit Migrantenkindern setzt ein Zeichen für den Umgang mit Migration als Ganzes.
Das Gleichgewicht zwischen Schutz und Kontrolle, zwischen individuellen Rechten und staatlichem Interesse bleibt weiterhin schwer zu definieren. Die Debatte um Hausbesuche, DNA-Tests und erweiterte Überprüfungen zeigt auf drastische Weise, wie Migration und Kinderrechte in politischen Machtspielen verhandelt werden. Ihnen begegnet die Gesellschaft mit wachsendem Unbehagen und der Forderung nach Lösungen, die Empathie, Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit gleichermaßen berücksichtigen.