Bitcoin hat seit seiner Einführung im Jahr 2009 die Finanzwelt nachhaltig verändert. Als erste dezentrale Kryptowährung versprach Bitcoin mehr Freiheit vom traditionellen Bankensystem und weniger Einfluss staatlicher Institutionen. Gleichzeitig wurde Bitcoin als demokratisches Geld gesehen, das jedem offensteht und mit dem alle Nutzer gleichberechtigt sind. Doch eine kürzlich veröffentlichte Studie der National Bureau of Economic Research (NBER) zeigt, dass der Besitz von Bitcoin stark ungleich verteilt ist. Ein winziger Bruchteil der Investoren, die sogenannten Bitcoin-1%, kontrolliert eine unverhältnismäßig große Menge der insgesamt verfügbaren Bitcoins.
Diese Entwicklung wirft Fragen über die echte Dezentralisierung und Gerechtigkeit von Bitcoin auf und enthüllt Parallelen zu klassischen Vermögensungleichheiten im traditionellen Finanzsystem.Die Studie hebt hervor, dass 10.000 Bitcoin-Investoren zusammen rund 5 Millionen Bitcoins besitzen. Das entspricht einem Wert von circa 230 Milliarden US-Dollar (Stand Ende 2020). Überraschenderweise repräsentieren diese Investoren nur etwa 0,01 Prozent aller Bitcoin-Besitzer.
Dennoch kontrollieren sie etwa 27 Prozent aller existierenden Bitcoins. Um dies in einen Kontext zu setzen: Im traditionellen US-Dollar-System besitzt die reichste 1-Prozent-Gruppe ungefähr 30 Prozent des gesamten Vermögens der US-Haushalte. Die Konzentration des Bitcoin-Vermögens ist damit zwar nicht ganz so extrem, aber dennoch bemerkenswert hoch, besonders wenn man die ursprünglich egalitären Versprechen von Bitcoin betrachtet.Diese Konzentration des Vermögens bedeutet auch, dass die Mehrheit der Gewinne aus zukünftigen Wertsteigerungen voraussichtlich an diese kleine Gruppe von Bitcoin-Besitzern fallen wird. Igor Makarov und Antoinette Schoar, die Autoren der NBER-Studie, betonen, dass der Besitz von Bitcoin stark skewed, also verzerrt, ist und somit die Kluft zwischen den Ultrareichen und den normalen Anlegern wahrscheinlich weiter wachsen wird.
Auch wenn Bitcoin oft als demokratisches Geld dargestellt wird, entwickelt es sich laut ihrer Analyse vielmehr zu einem digitalen Spiegelbild gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Ungleichheit.Diese Vermögenskonzentration hat auch Auswirkungen auf die Stabilität und Volatilität von Bitcoin. Da relativ wenige Akteure einen großen Teil der Bitcoins kontrollieren, sind Preisbewegungen stärker von Geschäften dieser Großinvestoren abhängig. Große Bitcoin-Halter können durch Kauf- oder Verkaufsaktionen den Markt erheblich beeinflussen. Diese Marktbewegungen tragen zu den berüchtigten starken Preisschwankungen der Kryptowährung bei, die sowohl spektakuläre Gewinne als auch Verluste für Anleger zur Folge haben.
Interessant dabei ist auch, dass die Besitzer mit den größten Bitcoin-Beständen häufig anonym bleiben. Die Blockchain, also das öffentliche Register aller Bitcoin-Transaktionen, gibt keine direkten Hinweise auf die Identität der Wallet-Besitzer preis. Zwar sind teils öffentliche Listen über vermeintliche große Investoren im Umlauf, tatsächlich zeigt die Studie aber keine Namen. Zu den bekannten Personen, die ihr Vermögen im Bitcoin-Bereich aufgebaut haben, zählen unter anderem die Winklevoss-Zwillinge und Blockchain-Unternehmer wie Matthew Roszak, deren digitale Vermögen bereits Milliardenhöhe erreichen.Neben privaten Investoren sind auch große Miner und Handelsplattformen wichtige Akteure, die einen bedeutenden Anteil des Bitcoin-Bestands kontrollieren.
Mining-Unternehmen generieren neue Bitcoins und halten große Mengen davon oft langfristig in ihrem Besitz. Auch Börsen und Wallet-Provider agieren als zentrale Verwahrer großer Bitcoin-Beträge. Diese Konzentration macht das Ökosystem weniger dezentral, als viele sich das idealerweise wünschen würden.Obwohl Bitcoin oft als Absicherung gegen Inflation oder traditionelle finanzielle Systeme beworben wird, führen diese Verhältnisse zu Spannungen. Manche Kritiker argumentieren, dass Bitcoin durch die Konzentration des Reichtums seine Rolle als demokratisches Zahlungsmittel verliert und mehr zu einem Spekulationsobjekt für Reiche wird.
Eine weitere Sorge betrifft die Umweltkosten des Bitcoin-Minings, welches enorme Strommengen verbraucht und dabei oft auf fossile Energieträger zurückgreift. Die damit verbundenen ökologischen Herausforderungen werden von den dominierenden Akteuren bisher nur unzureichend adressiert.Die zunehmende Akzeptanz von Bitcoin in Unternehmenskreisen und unter Zahlungsdienstleistern verändert das Bild der Kryptowährung weiter. Mit Firmen wie PayPal oder WhatsApp, die Bitcoin-Transaktionen integrieren oder erleichtern, steigt die Nutzung von Bitcoin im Alltag. Gleichwohl bleibt die Gefahr von Betrugsfällen und finanziellen Verlusten bestehen.
2021 wurden allein in den ersten sieben Monaten über 680 Millionen US-Dollar an Betrugsschäden im Kryptobereich verzeichnet. Gerade für Einsteiger auf dem Kryptomarkt ist daher Vorsicht geboten.Die Konzentration von Bitcoin-Vermögen hat auch politische und regulatorische Dimensionen. Regierungen und Finanzaufsichtsbehörden beobachten die Entwicklung aufmerksam, da eine kleine Gruppe von Investoren mit großem Einfluss Risiken für das Finanzsystem darstellen könnte. Vorschriften, die Transparenz erhöhen und Marktmanipulationen verhindern sollen, sind im Entstehen begriffen.
Gleichzeitig versuchen Regierungen, innovative Zahlungsformen und digitale Währungen zu integrieren, um den Anschluss an die technologische Entwicklung nicht zu verlieren.Trotz aller Herausforderungen bleibt Bitcoin ein faszinierendes und bedeutendes Phänomen, das die Vorstellung von Geld und Eigentum grundlegend verändert. Für viele Menschen eröffnet Bitcoin neue Möglichkeiten, am globalen Finanzsystem teilzuhaben, die im traditionellen Banking oft ausgeschlossen waren. Doch die Realität zeigt, dass auch in der digitalen Welt Macht und Reichtum keineswegs gleich verteilt sind. Die „Bitcoin-1%“ sind heute schon die neuen digitalen Eliten, die maßgeblich die Entwicklung und Zukunft der Kryptowährung prägen.