In der heutigen digitalisierten Welt gewinnt Software immer mehr an Bedeutung. Unternehmen, Organisationen und Entwickler setzen zunehmend auf komplexe Softwarekomponenten, die aus verschiedenen Abhängigkeiten, Bibliotheken und Modulen bestehen. Um den Überblick zu behalten und Sicherheitsrisiken effektiv zu minimieren, sind Software Bill of Materials (SBOMs) unverzichtbar geworden. SBOMs dienen als detaillierte Inventarlisten aller Softwarebestandteile, ähnlich wie die Zutatenliste auf einem Lebensmittelprodukt. Allerdings stehen viele Unternehmen in Bezug auf SBOMs noch vor Herausforderungen, insbesondere was die Effizienz und Aktualität der Datenerfassung betrifft.
Genau hier kommt die neue Generation von SBOM-Tools ins Spiel, die eine wegweisende Veränderung bewirkt und weit über traditionelle Methoden hinausgeht. Traditionelle oder als „Legacy“ bezeichnete SBOM-Tools basieren häufig auf einem starren Konzept, das die Erstellung von SBOMs meist auf einzelne Software-Repositories oder deren Hauptzweige (Main Branches) beschränkt. Die daraus resultierenden SBOMs sind oft statisch und werden in der Regel als einfache Anhänge oder Begleitdokumente zu Sicherheits-Scans erzeugt. Dies führt dazu, dass pro Projekt meistens nur eine einzige SBOM vorliegt, die selten aktualisiert wird und wenig tiefgehenden Mehrwert über die reine Compliance-Erfüllung hinaus bietet. Zwar sind solche Methoden ein Anfang und erfüllen grundlegende regulatorische Anforderungen, doch in einer Zeit zunehmend komplexer Softwarelandschaften und erhöhter Cyberbedrohungen reichen diese Ansätze immer weniger aus.
Die neue Generation von SBOM-Tools verfolgt einen grundlegend anderen Ansatz. Ihre Kernidee basiert auf der Integration des Transparency Exchange API (TEA), einem offenen Standard, der eine dynamische und kontextbezogene Verwaltung von Softwareinformationen ermöglicht. Statt eine einzige SBOM pro Projekt zu erzeugen, ordnen moderne Werkzeuge SBOMs spezifischen Releases, Hardwaremodellen oder sogar einzelnen Commits zu. Dadurch entsteht eine deutlich granularere und aktuellere Datenbasis, die sowohl Entwicklern als auch Sicherheitsexperten ermöglicht, gezielt auf potenzielle Risiken zu reagieren und Änderungen im Software-Lifecycle lückenlos nachzuverfolgen. Eine der wichtigsten Innovationen der neuen SBOM-Tools ist die Fähigkeit, nahezu in Echtzeit Schwachstellen und Sicherheitsverletzungen zu erkennen.
Sobald eine neue Sicherheitslücke in einer abhängigen Komponente bekannt wird, kann das Tool sofort feststellen, welche Software-Releases oder Geräte davon betroffen sind und entsprechende Gegenmaßnahmen anstoßen. Das schafft ein erheblich höheres Maß an Sicherheit und minimiert den Zeitraum, in dem Systeme anfällig bleiben. Zudem erlaubt das System eine detaillierte Audithistorie: Jede Änderung am Software-Bestand, beispielsweise die Einführung einer neuen Abhängigkeit, wird transparent dokumentiert. So kann exakt nachvollzogen werden, wann und wie ein potenzielles Risiko in die Software eingebracht wurde. Darüber hinaus geht die Entwicklung moderner SBOM-Tools weit über die bloße Schwachstellen-Überwachung hinaus.
Wichtige Aspekte wie Lifecycle-Tracking gewinnen zunehmend an Bedeutung. Unternehmen müssen wissen, wann eine Softwareversion für den allgemeinen Gebrauch freigegeben wurde (General Availability), wann der Support endet (End of Support) oder wann die Software vollständig das Lebensende erreicht (End of Life). Durch die automatisierte Erfassung und den Austausch dieser Lifecycle-Daten können Organisationen ihre Sicherheitsstrategie und Softwarepflege besser planen und die Einhaltung von Richtlinien sicherstellen. Die einheitliche Bereitstellung und der Austausch dieser vielfältigen Informationen erfolgt über den erwähnten Transparency Exchange API. Dieser Standard unterstützt die Konfigurierbarkeit und Interoperabilität moderner SBOM-Systeme.
Das bedeutet, dass verschiedene Tools und Plattformen nahtlos miteinander kommunizieren können, wodurch eine flexible und skalierbare Lösung entsteht, die sich an unterschiedliche Unternehmensbedürfnisse anpasst. Der Fokus liegt dabei auf Transparenz und Effizienz, was langfristig zu einer verbesserten Zusammenarbeit zwischen Entwicklung, Sicherheit und Management führt. Ein Beispiel für ein Tool der neuen Generation ist ReARM, das gemeinsam mit der Plattform Dependency-Track entwickelt wurde. ReARM nutzt TEA-Standards, um neben Sicherheits-Features auch umfassende Lifecycle-Informationen zu managen. Solche Lösungen zeigen bereits heute, wie neue Technologien SBOMs von statischen Compliance-Dokumenten hin zu dynamischen Werkzeugen für Sicherheits- und Qualitätsmanagement transformieren.
Andere Anbieter arbeiten momentan ebenfalls an Funktionen für noch detaillierteres Lifecycle-Tracking und erweiterten Datenaustauschmechanismen. In der Gesamtschau lässt sich festhalten, dass die Zukunft der Software-Sicherheit und Compliance maßgeblich von der Qualität und Innovationskraft der eingesetzten SBOM-Tools abhängt. Unternehmen, die weiterhin auf veraltete Verfahren setzen, riskieren nicht nur eine ineffiziente Ressourcenplanung, sondern erhöhen auch die Gefahr, kritische Sicherheitslücken zu übersehen oder nicht rechtzeitig Gegenmaßnahmen einzuleiten. Neue SBOM-Technologien verbessern die Fähigkeit, komplexe Softwarelandschaften besser zu kontrollieren, erhöhen die Transparenz im Entwicklungszyklus und unterstützen Unternehmen dabei, gesetzliche und branchenbezogene Vorgaben detailliert zu erfüllen. Die zunehmende Bedeutung von offenen Standards wie TEA trägt zudem dazu bei, dass sich der SBOM-Markt weiter professionalisiert und harmonisiert.