Tunesien liegt im Norden Afrikas und ist bekannt für seine reiche Geschichte, die bis in die Zeiten von Karthago zurückreicht, sowie für seine lebendige Kultur und politisch dynamische Gegenwart. Trotz seiner relativ kleinen geografischen Ausdehnung, vergleichbar mit Bundesstaaten wie Wisconsin oder Ländern wie Bangladesch, besticht Tunesien durch eine außergewöhnliche kulturelle Diversität und eine lange Historie, die viele überraschende Facetten offenbart. Die Bevölkerung des Landes liegt bei etwa 12,2 Millionen Einwohnern, und das Land verfügt über ein gemäßigtes Mittelmeerklima, das es zu einem attraktiven Reiseziel macht. Diese Klimabedingungen begünstigen die Landwirtschaft, vor allem den Olivenanbau, und prägen auch den Alltag der Bevölkerung. Besonders im Norden des Landes verzaubern sanfte Hügel, Olivenhaine und schöne Strände Besucher mit ihrem mediterranen Flair.
Je weiter man nach Süden reist, desto mehr eröffnet sich die Landschaft zu Wüstengebieten. Hier befinden sich beeindruckende Oasen, wie die großen Seen Chott el Djerrid und Chott el Gharsa, die jedoch zur Trockenzeit oftmals ausgetrocknet sind und eine surreale Salzlandschaft hinterlassen. Tunesien besitzt eine facettenreiche und wechselvolle Geschichte. Die bekannte antike Stadt Karthago war einst eine bedeutende Seemacht und der größte Rivale des Römischen Reiches im Mittelmeerraum. Leider sind heute vor allem römische Ruinen erhalten, da Karthago nach den Punischen Kriegen zerstört wurde.
Dennoch bieten archäologische Stätten wie Dougga oder das Amphitheater von El Jem außergewöhnliche Einblicke in die römische Vergangenheit Nordafrikas und gelten als herausragende Sehenswürdigkeiten. Die politische Entwicklung Tunesiens ist eng mit seiner Kolonialgeschichte verwoben. Ab dem späten 19. Jahrhundert wurde das Land vom französischen Kolonialreich kontrolliert, wobei Tunesien nie denselben Grad an Integration genoss wie das Nachbarland Algerien. Die Unabhängigkeitsbewegung wurde von Habib Bourguiba angeführt, einer Schlüsselfigur, die als Gründer der modernen tunesischen Nation gilt.
Bourguibas Jahre im Amt brachten wichtige Fortschritte, vor allem auf dem Gebiet der Frauenrechte, der Bildung und der Säkularisierung. Er bis heute unübertroffen in seinem Einfluss und in Tunesien wird er oft mit der Figur Atatürks in der Türkei verglichen. Trotz seiner Reformen und Bemühungen um Modernisierung stellten sich viele Herausforderungen ein, insbesondere wirtschaftlich. Bourguibas sozialistische Wirtschaftspolitik führte zu einem wirtschaftlichen Abschwung, der in den 1970er Jahren das Land stark belastete. Es folgten Jahrzehnte der politischen Stabilität unter autoritärer Führung, zuerst unter Bourguiba selbst und später unter Zine El Abidine Ben Ali, der Tunesien von 1987 bis zur Revolution im Jahr 2011 regierte.
Die Revolution von 2011, bekannt als Beginn des Arabischen Frühlings, war ein Wendepunkt. Sie führte zur Absetzung Ben Alis und schuf die Grundlage für demokratische Bestrebungen und eine neue politische Landschaft. Dies brachte jedoch auch eine Phase der Unsicherheit und des politischen Umbruchs mit sich. Die Islamistische Partei Ennahada gewann dabei an politischem Einfluss, was vielfach als Rückschritt gesehen wurde, insbesondere von Säkularisten und jungen Menschen, die sich größere Reformen und mehr Freiheit erhofft hatten. Der heutige Präsident Kais Saied, zuvor ein politischer Außenseiter und Verfassungsrechtler, wurde 2019 überraschend gewählt.
Sein Aufstieg wird als Resultat von Unzufriedenheit mit der etablierten politischen Klasse und dem Wunsch nach einer radikalen Reform gesehen. Saieds Präsidentschaft ist gekennzeichnet durch eine zunehmend autoritäre Regierungsführung und die Auflösung des Parlaments, was international und innerhalb Tunesiens Besorgnis ausgelöst hat. Wirtschaftlich steht Tunesien vor enormen Herausforderungen. Das Bruttoinlandsprodukt stagniert, Inflation und Defizite nehmen zu, während soziale Unruhen und Proteste die politische Stabilität beeinträchtigen. Der Staat versucht mit Subventionen die soziale Lage abzufedern, was jedoch die wirtschaftliche Lage weiter belastet.
Die anhaltende Schuldensituation und das verhaltene Investitionsklima beeinträchtigen langfristig den wirtschaftlichen Aufschwung. Für Besucher zeigt sich Tunesien als Land der Kontraste. Die oft vernachlässigten urbanen Zentren wie Tunis oder Sousse werfen ein weniger einladendes Bild ab, geprägt von teils chaotischer Stadtplanung, Armut und Verkehrsproblemen. Im Gegensatz dazu sind die naturnahen Regionen, die alten Medinas und die römischen Ruinen kulturelle Highlights. Die tunesische Küche, beeinflusst von mediterranen und arabischen Traditionen, bietet schmackhafte Gerichte, in denen Gewürze, frisches Gemüse und Fleisch harmonisch kombiniert werden.
Die Kultur des Landes ist bemerkenswert tolerant im Vergleich zu anderen arabischen Staaten. Es herrscht eine relativ offene Atmosphäre, insbesondere in der Hauptstadt Tunis, wo Frauen häufig ohne Kopftuch auftreten und westliche Kleidung verbreitet ist. Dennoch bestehen auch konservative Strömungen und religiöse Vorschriften, weshalb ein respektvoller Umgang mit lokalen Gepflogenheiten unerlässlich ist. Ein interessantes Phänomen bietet Tunesien in Bezug auf internationale Beziehungen. Das Land ist traditionell pro-palästinensisch eingestellt und zeigt eine starke Abneigung gegen Israel, was sich in öffentlichen Demonstrationen und politischen Äußerungen widerspiegelt.
Gleichzeitig bemüht sich Tunesien, eine Balance zwischen arabischer Identität und der Annäherung an das westliche Europa zu wahren, insbesondere durch seine geografische Lage und wirtschaftliche Verbindungen. Für Reisende ist Tunesien preislich attraktiv. Die Lebenshaltungskosten sind niedrig, Essen, Unterkunft und Transport kosten oft nur einen Bruchteil dessen, was man in europäischen Ländern zahlt. Das macht es auch für preisbewusste Touristen interessant, bietet aber gleichzeitig Herausforderungen in Bezug auf Infrastruktur und Servicequalität. Die Geschichte Tunesiens lehrt auch viel über die Komplexität von politischen Systemen und den Balanceakt zwischen Demokratie und Autoritarismus in der modernen Welt.