Am 19. Juli 2023 ereignete sich am Nachthimmel über Arizona ein beeindruckendes Naturschauspiel, das viele Menschen in Staunen versetzte. Ein roter Lichtstreifen zog sich über den Himmel und schien regelrecht zu verbluten, ein Ereignis, das selbst passionierte Hobbyastronomen in Erstaunen versetzte. Diese auffällige Erscheinung ging auf den Start einer SpaceX Falcon 9 Rakete zurück, die von der Vandenberg Space Force Base in Kalifornien aus startete und dabei ein Loch in der Ionosphäre der Erde schlug. Dieses Phänomen ist selten und gleichzeitig faszinierend, da es einen direkten Blick auf komplexe Wechselwirkungen zwischen menschlicher Raumfahrt und der Erdatmosphäre erlaubt.
Die Ionosphäre erstreckt sich etwa zwischen 80 und 644 Kilometern über der Erdoberfläche und ist durch ionisierte Gase gekennzeichnet. Dort verlieren Gasmoleküle Elektronen und werden somit zu Plasma. Dieses ionisierte Gas reagiert besonders sensibel auf solare Einflüsse und magnetische Stürme, was sich in bekannten Himmelsphänomenen wie den Polarlichtern zeigt. Doch durch den Raketenstart wurden diese natürlichen Prozesse auf außergewöhnliche Weise beeinflusst. Während die Falcon 9 in den Weltraum aufstieg, zog sie eine leuchtende Spur, deren Ursprung im Zusammenspiel der Raketenabgase mit der Ionosphäre lag.
Die Raketenexhausts bestehen hauptsächlich aus Kohlendioxid und Wasserdampf, deren chemische Zusammensetzung in dieser Höhe eine entscheidende Rolle spielt. An der Stelle zwischen 200 und 300 Kilometern Höhe, in der zweiten Brennstufe der Rakete, bewirken diese Ausstöße, dass ionisierte Sauerstoffatome sich wieder zu neutralen Sauerstoffmolekülen verbinden. Dieser Prozess der Rekombination regt die Moleküle zum Leuchten an, erzeugt somit das charakteristische rote Glühen am Himmel. Es handelt sich dabei um ein fluoreszierendes Phänomen, das an die Entstehungsweise von Aurora borealis oder australis erinnert, jedoch auf einer anderen physikalischen Grundlage beruht. Fotografen wie Jeremy Perez aus Flagstaff, Arizona, konnten die spektakulären Bilder unmittelbar nach dem Raketenstart einfangen.
Vom San Francisco Volcanic Fields aus beobachtete er einen roten, fluoreszierenden Schein, der sich über eine Entfernung von mehreren hundert Kilometern ausbreitete und sogar mit der Milchstraße am Nachthimmel verschmolz. Die Erscheinung dauerte etwa 20 Minuten, bevor sich die Ionosphäre vollständig stabilisierte und die normale Atmosphäre sich wieder einstellte. Auch wenn dieses Leuchten atemberaubend aussieht, besteht für Menschen keine Gefahr. Die Ionosphärenlöcher, die durch Raketenstarts erzeugt werden, schließen sich innerhalb weniger Stunden von selbst, wenn sich die zuvor rekombinierten Moleküle erneut ionisieren. Forscher belegen seit über 15 Jahren, dass Raketenstarts derartige atmosphärische Störungen auslösen können.
Bereits im Jahr 2005 löste ein Start einer Titan-Rakete „schwere ionosphärische Störungen“ aus, die in ihrer Stärke mit kleineren geomagnetischen Stürmen vergleichbar waren. Mit der steigenden Zahl an Raketenstarts, vor allem durch private Unternehmen wie SpaceX, werden solche Leuchterscheinungen häufiger beobachtet. Allein im Jahr 2017 verursachte eine Falcon 9 Rakete ein Loch in der Ionosphäre, das etwa viermal so groß war wie der US-Bundesstaat Kalifornien. Ebenso zeigten sich im Juni 2022 vergleichbare Lichtphänomene an der Ostküste der USA, welche von zahlreichen Beobachtern fälschlicherweise für Polarlichter gehalten wurden. Das Wissen um diese Effekte ist nicht nur für die Astronomie interessant, sondern hat auch praktische Auswirkungen auf die Funkkommunikation und Satellitentechnologie.
Die Ionosphäre spielt eine wichtige Rolle bei der Übertragung von Radiowellen und GPS-Signalen. Störungen oder Löcher in diesem Bereich können deshalb kurzzeitig Beeinträchtigungen verursachen, die von Experten genau überwacht werden. Auf der anderen Seite bieten solche Ereignisse Forschern auch die Möglichkeit, komplexe Prozesse in der Erdatmosphäre besser zu verstehen. Die Fähigkeit, durch einen Raketenstart gezielt bestimmte Atmosphärenschichten zu beeinflussen und die daraus entstehenden Emissionen zu beobachten, verbessert unser Wissen über atmosphärische Chemie und Plasma-Physik. Dies kann langfristig dazu führen, dass Raummissionen effizienter geplant und eventuelle Risiken besser eingeschätzt werden.
Die Sichtbarkeit dieser roten Leuchtstreifen hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter die Tageszeit, die geographische Lage und die Menge des Sonnenlichts, das den Raketenabgasen reflektiert wird. In dem Fall des Arizona-Phänomens handelte es sich um den späten Abend, als die Sonne bereits unter dem Horizont stand, das obere Atmosphäre aber noch von der Sonne angestrahlt wurde. Dadurch konnten die ionisierten Gase in großer Höhe rot leuchten und sichtbar werden, was das imposante Farbenspiel am Himmel ergab. Zukünftig dürfte mit der Zunahme kommerzieller Raketenstarts und der Erweiterung von Satellitennetzen wie Starlink mit weiteren spektakulären Erscheinungen gerechnet werden. Gleichzeitig bleibt die Forschung an den Auswirkungen solcher Phänomene auf die Umwelt und die Atmosphäre unerlässlich, um einerseits beeindruckende Himmelfotos zu ermöglichen und andererseits potenzielle Risiken zu minimieren.
Zusammenfassend stellt das „blutrote“ Leuchten am Himmel über Arizona ein faszinierendes Beispiel dafür dar, wie menschliche Aktivitäten und natürliche atmosphärische Prozesse auf unerwartete Weise zusammenwirken können. Der Höhepunkt moderner Raumfahrttechnologie trifft hier auf die zerbrechliche Funktion der oberen Atmosphäre, die für das Leben auf der Erde von großer Bedeutung ist. Die SpaceX Falcon 9 Rakete, die an diesem Tag zur Starlink-Konstellation in den Orbit aufstieg, hinterließ nicht nur Satelliten, sondern auch ein unvergleichliches Himmelskunstwerk, das zugleich wissenschaftlich erklärbar und künstlerisch beeindruckend ist.