Der digitale Wandel hat die Musikindustrie in den letzten zwei Jahrzehnten grundlegend verändert. Unternehmen wie Napster, die einst für die revolutionäre Verbreitung von Musik über Peer-to-Peer-Netzwerke bekannt wurden, haben sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt und sind heute Teil eines regulierten Marktes für Musikstreaming. Doch trotz dieser Entwicklung bleiben juristische Auseinandersetzungen bezüglich Copyright und Lizenzzahlungen ein zentrales Thema – wie der aktuelle Gerichtsprozess gegen Napster und Sonos zeigt. Im Juni 2025 wurde eine Klage von SoundExchange eingereicht, in der Napster und Sonos vorgeworfen wird, über 3,4 Millionen US-Dollar an ausstehenden Lizenzgebühren nicht gezahlt zu haben. Diese Summe betrifft ausstehende Zahlungen im Zusammenhang mit dem Streaming-Dienst „Sonos Radio“.
Bis 2023 wurde dieser Dienst von Napster mit Musik ausgestattet, womit eine vertragliche Verbindung zwischen den Unternehmen bestand. Die Beschwerde wurde beim Bundesgericht in Kalifornien eingereicht und stellt eine erhebliche Herausforderung für beide Unternehmen dar. Die Klage setzt sich aus zwei Hauptvorwürfen zusammen: einerseits der Unterzahlung der gesetzlich vorgeschriebenen Lizenzgebühren, andererseits der vollständigen Nichtzahlung von Ansprüchen, die durch eine unabhängige Audit-Prüfung aufgedeckt wurden. Besonders kritisch ist dabei der Zeitraum seit Oktober 2022 bis April 2023, in dem angeblich keine oder nur unzureichende Zahlungen geleistet wurden. Die Geschichte hinter dem Streit ist dabei eng mit der Entwicklung von Napster und Sonos verbunden.
Napster startete im Jahr 1999 als revolutionäre Peer-to-Peer-Plattform für den Austausch von Musikdateien. Obwohl die ursprüngliche Software nach rechtlichen Interventionen schnell eingestellt wurde, setzte das Unternehmen sein Bestehen als legaler Streaming-Dienst fort, nachdem es mehrmals den Besitzer gewechselt hatte. Heute operiert Napster in über 30 Ländern und bietet Millionen von Nutzern einen Zugang zu einem breit gefächerten Musikkatalog. Sonos hingegen ist vor allem als Hersteller hochwertiger Lautsprechersysteme bekannt und verfolgt mit „Sonos Radio“ seit 2020 eine eigene Streaming-Lösung, die über das USB-Interface und WLAN-Lautsprecher zugänglich ist. Anfangs wurde Napster exklusiv als Inhaltslieferant für Sonos Radio eingesetzt.
Die Zusammenarbeit funktionierte reibungslos, bis es im Mai 2022 zu einem Bruch in den Zahlungen kam. Hintergrund dieser Entwicklung war ein Eigentümerwechsel bei Napster: Der Streaming-Dienst wurde von den Risikokapitalfirmen Hivemind und Algorand übernommen, die ihre Expertise vor allem im Bereich Web3-Technologien, Blockchain und Kryptowährungen einbringen wollten. Laut der Klage führte dieser Wechsel zu einem vollständigen Zusammenbruch des Melde- und Zahlungssystems für die Lizenzgebühren. Die Auffälligkeiten wurden schließlich bei einer umfangreichen Prüfung durch SoundExchange im Jahr 2023 offenkundig. Der Rechteverwalter identifizierte erhebliche Unstimmigkeiten bei den Lizenzzahlungen im Zusammenhang mit Sonos Radio.
Obwohl Sonos im April 2023 den Dienstanbieter von Napster auf Deezer umstellte, was offenbar zur Beilegung der Probleme beitrug, bleibt eine Forderung von über 3,4 Millionen US-Dollar bestehen. Darüber hinaus wächst der finanzielle Druck durch anfallende Verzugszinsen, Säumnisgebühren und Kosten für den durchgeführten Audit. Aus Sicht von SoundExchange handelt es sich bei dem Verstoß um eine klare Verletzung der Copyright-Gesetze der Vereinigten Staaten. Die Organisation fordert daher Schadenersatz in vollem Umfang, um die rechtmäßigen Ansprüche der Musikschaffenden zu wahren. Ein offizielles Statement seitens Napster oder Sonos zu den Vorwürfen steht bisher aus.
Interessanterweise wurde Napster bereits im März 2025 erneut veräußert – an das Technologieunternehmen Infinite Reality. Dieses verfolgt ambitionierte Ziele, um die Musikindustrie mithilfe moderner Technologien, darunter virtuelle und erweiterte Realität, neu zu gestalten und einen fairen Weg für Künstler, Fans und Unternehmen zu schaffen. Der Fall Napster und Sonos verdeutlicht exemplarisch, wie vernetzt und doch verwundbar das Geschäft mit digitaler Musik ist. Selbst etablierte Unternehmen, die seit Jahren im Markt operieren, können durch neue Eigentümer oder technologische Umbrüche in Zahlungsschwierigkeiten geraten und dadurch die Künstler und Rechteinhaber teilweise erheblich benachteiligen. Die Klage könnte dabei weitreichende Folgen für den Musikstreaming-Markt haben.
Sie zeigt, dass trotz globaler Vernetzung und technischer Innovationen die Einhaltung von Lizenzpflichten und der Schutz geistigen Eigentums höchste Priorität besitzen müssen. Für Sonos als Hardware-Hersteller und Hersteller von Lautsprechern ist der Streit zudem ein Weckruf, die Verantwortung für die Inhalte, die über die eigene Plattform abgespielt werden, sorgfältiger zu kontrollieren. Die Partnerschaft mit Musikdiensten bringt eine komplexe rechtliche Dimension mit sich, die nicht allein durch technische Lösungen abgedeckt wird. Ebenso zeigt der Prozess, dass Rechteverwertungsgesellschaften wie SoundExchange weiterhin eine entscheidende Rolle spielen, um faire Vergütungen für Künstler sicherzustellen und gegen Verstöße konsequent vorzugehen. Sie stehen damit zwischen den Interessen der Kreativen und den dynamischen Geschäftsmodellen der Streaminganbieter als Hüter oder „Wächter“ der gerechten Lizenzierung.