Allergien gegen andere Menschen klingen auf den ersten Blick fast wie ein Märchen oder ein Science-Fiction-Thema. Doch tatsächlich gibt es eine kleine Gruppe von Menschen, die erschreckende und oft gravierende körperliche Reaktionen erleben, wenn sie mit anderen Menschen in Kontakt kommen. Diese Reaktionen können von lokalen Hautirritationen bis hin zu lebensbedrohlichen Anaphylaxien reichen. Die Mechanismen hinter solchen ungewöhnlichen Allergien bleiben zwar weitgehend unerforscht, aber zunehmend gewinnt die Wissenschaft Einblicke in diese komplexe Thematik, die eng mit unserem Immunsystem verknüpft ist. Ein markantes Beispiel stammt von Maura, einer Frau aus Ohio, die eine Allergie gegen das Sperma ihrer Sexualpartner entwickelte.
Ihre Reaktionen zeigten sich anfangs in Form von Brennen und Hautrötungen nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr. Später verschärften sich die Symptome auf gefährliche Schwellungen und sogar Anzeichen einer drohenden Ersticken. Ihre Geschichte verdeutlicht, dass allergische Reaktionen auf menschliche Körperflüssigkeiten – hier beispielhaft Sperma – kein Hirngespinst sind, sondern reale Gesundheitsprobleme, die sowohl körperliche als auch emotionale Belastungen mit sich bringen. Die sogenannte spermienfreie Hypersensitivität oder Spermaallergie betrifft vor allem Frauen in ihren 20ern und 30ern, wird aber insgesamt nur sehr selten diagnostiziert. Die Reaktion wird in den meisten Fällen auf bestimmte Proteine im sogenannten Samenplasma zurückgeführt – jene Flüssigkeit, die das Sperma umgibt und die Mehrheit der Ejakulatsubstanz ausmacht.
Anders als häufig angenommen, handelt es sich nicht um eine Allergie gegen die Spermien selbst, sondern gegen spezielle Proteine, beispielsweise ein prostataspezifisches Antigen. Die Symptome reichen von lokal begrenztem Jucken und Rötungen bis hin zu generalisierten allergischen Reaktionen oder Anaphylaxie. Die medizinische Praxis bleibt jedoch zum Teil ratlos, da es kaum fachliche Expertise und standardisierte Diagnostik gibt, um solche Fälle umfassend zu behandeln. Neben Allergien gegen Sperma existieren auch Berichte über Sensibilitäten gegenüber anderen menschlichen Körperflüssigkeiten, wenngleich diese noch seltener erforscht sind. Manche Menschen reagieren allergisch auf das sekretorische Sekret von Scheide und Gebärmutter, auch bekannt als Zervikalsekret oder cervicovaginale Flüssigkeit.
Über diese Allergien ist kaum wissenschaftliche Literatur vorhanden, dennoch existieren Betroffenheitsberichte, die von starken Hautrötungen, Juckreiz und Schwellungen nach sexuellem Kontakt zeugen. Interessanterweise lindert ein wiederholter behutsamer Kontakt mit dem vermeintlichen Allergen in vielen Fällen die Symptome aufgrund einer Immun-Desensibilisierung, was im Fall von Spermaallergie nicht beobachtet wird. Eine andere faszinierende Gruppe sind Menschen, die an Mastzellaktivierungssyndrom (MCAS) leiden. Mastzellen sind eine Schlüsselkomponente des Immunsystems, die normalerweise helfen, Infektionen zu bekämpfen. Bei Patienten mit MCAS jedoch geraten diese Zellen außer Kontrolle und können sehr empfindlich auf externe Reize reagieren.
Einige Betroffene berichten von allergieartigen Reaktionen, wenn sie natürlichen Körpergerüchen oder chemischen Verbindungen der Haut anderer Menschen ausgesetzt sind. Wissenschaftler vermuten, dass in solchen Fällen chemische Stoffe wie Toluol, ein Bestandteil verschiedener industrieller Produkte, über die Haut oder Atemluft aufgenommen werden und Allergiesymptome auslösen. Besonders interessant in diesem Kontext ist das Phänomen „People Allergic To Me“ (PATM), das sich durch das Auftreten von allergieähnlichen Symptomen bei Menschen in der Umgebung der Betroffenen auszeichnet. Patienten berichten, dass Personen in ihrer Nähe husten, niesen oder sogar Hautausschläge entwickeln. Forschungen zeigten, dass Menschen mit PATM auffällig hohe Konzentrationen von Hautgasen wie Toluol ausscheiden, da ihr Körper diese Vergiftungsstoffe nicht ausreichend abbauen kann.
Auch wenn PATM offiziell noch nicht als medizinisch anerkannte Diagnose gilt, stecken hier möglicherweise komplexe Wechselwirkungen zwischen Umweltchemikalien, Immunsystem und menschlicher Hautgasemission. Ausgelöst werden allergische Reaktionen auf andere Menschen aber nicht nur durch körpereigene Stoffe oder Körperflüssigkeiten. Häufig sind allergische Sensibilisierungen das Ergebnis von Reaktionen auf Fremdstoffe, die durch andere Menschen übertragen werden. Beispielsweise sind Duftstoffe in Hautpflegeprodukten, Deodorants, Parfums und Aftershaves bekannte Auslöser von Kontaktallergien. Über 150 verschiedene Duftstoffe stehen im Verdacht, Hautreaktionen zu verursachen.
Gerade in engen sozialen oder beruflichen Situationen, in denen man zwangsläufig diesen Duftstoffen ausgesetzt ist, können solche Kontaktallergien Belastungen erzeugen, die zu sozialem Rückzug und psychischer Belastung führen. Neben diesen direkten Allergien gegen Köperflüssigkeiten oder Duftstoffe gibt es auch Berichte von Betroffenen, die bereits durch den Geruch oder das Einatmen bestimmter Substanzen allergische oder pseudoallergische Reaktionen zeigen. So können trotz sauberster Hygienemaßnahmen Reste von Nahrungsmittelallergenen übertragen werden – wie etwa Nussproteine – die bei streng allergischen Personen heftige Reaktionen auslösen, selbst wenn die allergene Substanz nicht direkt konsumiert wird, sondern etwa durch Küssen oder gemeinsamen Kontakt. Die emotionale Dimension dieser seltenen Allergien gegen andere Menschen darf nicht unterschätzt werden. Viele Betroffene geraten in eine isolierende Schleife, da soziale Kontakte Ängste vor allergischen Reaktionen schüren.
Partnerbeziehungen können durch Unsicherheit, Scham oder Unverständnis beeinträchtigt sein. Der Fall von Maura illustriert zudem, dass selbst liebevolle Partnerschaften belastet werden können, wenn einer der beiden Partner mit einer solch ungewöhnlichen und kaum bekannten Allergie zurechtkommen muss. Die psychische Unterstützung und ein verständnisvolles Umfeld sind daher genauso wichtig wie die medizinische Behandlung. Die medizinische Behandlung solcher Allergien steht vielfach noch am Anfang. Einige innovative Ansätze versuchen, durch Desensibilisierungstherapien, bei denen kleine Mengen des Allergens schrittweise verabreicht werden, die Immunantwort zu modulieren.
Im Fall der Spermaallergie wird so beispielsweise die zervikale Schleimhaut mit stark verdünntem Samenplasma behandelt, um eine Toleranz zu entwickeln. Diese Verfahren sind jedoch aufwändig und brauchen Fachwissen, das nur wenige Spezialisten weltweit haben. Ein bedeutendes Hindernis ist die allgemeine Unkenntnis dieser Bedingungen in der medizinischen Versorgung. Viele Betroffene erleben, dass ihre Beschwerden als psychosomatisch abgetan oder nicht ernst genommen werden. Dies führt zu falschen Diagnosen, unangemessenen Therapien und Frustration.
Es bedarf daher einer besseren Aufklärung, sowohl für Patienten als auch für Ärztinnen und Ärzte, um diese seltenen, aber realen allergischen Reaktionen zu erkennen, zu diagnostizieren und adäquat zu behandeln. Zusammenfassend offenbart die Forschung zu Allergien gegen andere Menschen brisante Einblicke in die Komplexität unseres Immunsystems und die vielfältigen Möglichkeiten, wie es auf die Umwelt reagiert – wozu leider auch der eigene soziale Kontext zählt. Die Vorstellung, allergisch auf die Berührung, den Geruch oder sogar den Kontakt mit Körperflüssigkeiten anderer Menschen zu reagieren, scheint dramatisch, sie ist aber für einige Betroffene bittere Realität. Mit wachsendem wissenschaftlichem Interesse und zunehmender Aufmerksamkeit in der Medizin kann hoffentlich mehr Verständnis und Hilfe für die Betroffenen erreicht werden – damit der zwischenmenschliche Kontakt wieder unbeschwert und sicher möglich wird.