Der Finanzmarkt im Vereinigten Königreich steht vor einer bedeutenden Neuerung: Der Financial Reporting Council (FRC) hat den UK Stewardship Code umfassend überarbeitet und stellt die neue Version 2026 vor, die ab dem 1. Januar 2026 in Kraft treten wird. Mit dieser Überarbeitung verfolgt der FRC das Ziel, das Thema Stewardship – also die verantwortungsvolle Verwaltung und Kontrolle von Anlagen – stärker auf langfristige und nachhaltige Wertschöpfung auszurichten und zugleich die Prozesse der Berichterstattung für die zahlreichen Signatarunternehmen effizienter zu gestalten. Der ursprüngliche UK Stewardship Code, eingeführt als Leitlinie für institutionelle Investoren und andere Marktteilnehmer, soll als Grundlage für gutes Governance-Verhalten und aktives Engagement bei Kapitalanlagen dienen. Die Überarbeitung reflektiert nicht nur die Entwicklungen der letzten Jahre und das zunehmende Interesse an nachhaltigen Investments, sondern geht auch auf das Feedback von über 1.
500 Stakeholdern ein, die sich während einer intensiven Konsultationsphase eingebracht haben. Diese Konsultation begann bereits im Februar 2024 mit Vorabgesprächen und wurde in einem formalen Rahmen von November 2024 bis Februar 2025 durchgeführt. Ein Kernpunkt der Revision ist die Neudefinition des Stewardship-Begriffs, der nun ausdrücklich den Fokus auf die Schaffung langfristiger nachhaltiger Werte legt. Diese Zielsetzung entspricht den globalen Trends bei Investitionen, bei denen ökologische, soziale und Governance-Kriterien (ESG) immer mehr an Bedeutung gewinnen. Institutionelle Investoren, Vermögensverwalter sowie andere Akteure sollen dadurch nicht nur am finanziellen Erfolg, sondern auch an der nachhaltigen Entwicklung von Unternehmen und Märkten mitwirken.
Die neue Version des Codes reduziert zudem die Anzahl der Prinzipien und vereinfacht die Berichterstattungsanforderungen erheblich. An Stelle detaillierter Vorgaben treten kürzere, prägnantere Meldungsschritte, die das ‚Abhaken von Formularen‘ vermeiden und flexiblere und aussagekräftigere Berichte ermöglichen sollen. Erste Indikatoren deuten darauf hin, dass die Reporting-Last für die rund 300 Signatarunternehmen, die gemeinsam Vermögenswerte in Höhe von etwa 50 Billionen Pfund verwalten, um 20 bis 30 Prozent verringert werden kann – ohne dabei an Qualität und Aussagekraft einzubüßen. Die Aufteilung der Berichtsanforderungen in zwei separate Elemente – zum einen die Policy- und Context-Disclosure und zum anderen die Activities- and Outcomes-Reports – ist eine weitere wichtige Neuerung. Signatarunternehmen erhalten die Möglichkeit, diese Berichte getrennt einzureichen oder in einem kombinierten Dokument zusammenzufassen.
Die Policy- und Context-Disclosure muss nur alle vier Jahre eingereicht werden, was den administrativen Aufwand deutlich minimiert. Eine besonders innovative Änderung betrifft die erstmalige Einführung spezifischer, auf unterschiedliche Akteursgruppen zugeschnittener Prinzipien. Während der frühere Code weitgehend allgemeingültig gefasst war, erhalten nun neben klassischen Asset Ownern und Asset Managern erstmals auch Proxy Advisors, Investment Consultants und Engagement Service Provider eigene Leitlinien. Diese Differenzierung erleichtert es den einzelnen Gruppen, ihre Rolle und Verantwortung im Stewardship-Prozess gezielt wahrzunehmen und zu kommunizieren. Um die Implementierung des überarbeiteten Codes zu unterstützen, vor allem für diejenigen, die Vermögenswerte außerhalb des Aktienmarktes betreuen, bietet der FRC optionale Leitfäden mit praxisorientierten Tipps und Fallbeispielen an.
Diese Hilfsmittel sollen den Einstieg erleichtern und den Transfer der neuen Anforderungen in den beruflichen Alltag beschleunigen. Wesentlich ist ferner, dass der neue UK Stewardship Code in ein bestehendes regulatorisches Gefüge eingebettet ist. Er steht in enger Wechselwirkung mit der Aufsicht der Financial Conduct Authority (FCA), die die Finanzmärkte reguliert, dem Schutz der Mitgliederinteressen durch den Pensions Regulator und den Regulierungen des Department for Work and Pensions in Bezug auf Pensionsschemen. Dieses Zusammenspiel gewährleistet eine koordinierte Aufsicht und fördert die Kohärenz verschiedener Regelwerke. Der FRC hat zudem angekündigt, dass das Jahr 2026 als Übergangsjahr fungieren wird.
In dieser Phase werden bestehende Signatarunternehmen, die sich im Zuge der Anpassungen erneut bewerben, nicht von der Liste der Unterzeichner entfernt. Dies zeigt das Bestreben, eine reibungslose Umstellung ohne plötzliche Ausgrenzungen zu ermöglichen. Darüber hinaus unterstützt der FRC die Implementierung mit einer Reihe von Veröffentlichungen, Webinaren und direkten Gesprächen mit einzelnen Signatarinnen und Signataren. Diese Maßnahmen sollen sicherstellen, dass alle Beteiligten die Anforderungen verstehen und erfüllen können. Die Neuausrichtung des UK Stewardship Code spiegelt das wachsende Bewusstsein für die Bedeutung von Corporate Governance und verantwortungsvollem Investieren wider.
Gerade in einer Zeit, in der Nachhaltigkeit eine immer größere Rolle bei Investitionsentscheidungen spielt, sendet der FRC mit dem überarbeiteten Code ein klares Signal an die Finanzwelt: Die Verantwortung für Kapitalanlagen endet nicht mit kurzfristigem Profit, sondern umfasst die langfristige Förderung einer nachhaltigen Entwicklung von Unternehmen und Märkten. Die Vereinfachung des Reportings und die Differenzierung nach Akteursgruppen fördern zudem eine bessere Kommunikation und Transparenz, was wiederum das Vertrauen der Anleger stärkt. Dies ist insbesondere in Zeiten hoher Komplexität und regulatorischer Anforderungen ein wichtiger Schritt. Abschließend lässt sich festhalten, dass der UK Stewardship Code 2026 einen modernen, zukunftsorientierten Rahmen bietet, der den Anforderungen einer zunehmend nachhaltigkeitsbewussten Finanzwelt gerecht wird. Er unterstützt die Marktteilnehmer dabei, ihre Rolle verantwortungsvoll wahrzunehmen, gleichzeitig aber den administrativen Aufwand auf ein sinnvolles Minimum zu reduzieren.
Der Start der neuen Regelungen im Jahr 2026 wird daher mit Spannung erwartet und könnte als Vorbild für weitere internationale Initiativen im Bereich verantwortungsbewusster Kapitalanlage dienen.