Keir Starmer, der britische Labour-Parteichef, hat in letzter Zeit viel Aufsehen erregt, insbesondere mit seinen Versprechen, die Steuern für „arbeitende Menschen“ nicht zu erhöhen. Doch während seine Unterstützer jubeln und Hoffnung schöpfen, werfen Kritiker ihm vor, eine unrealistische Steuerfantasie zu verkaufen, die nicht auf den harten wirtschaftlichen Realitäten basiert, mit denen Großbritannien konfrontiert ist. Starmer hat zu Beginn seiner Wahlkampagne klargemacht, dass er die Steuerlast für die „arbeitenden Menschen“ schonen will. Dieser Begriff ist jedoch mehrdeutig und wirft Fragen auf. Wer sind diese „arbeitenden Menschen“? Bezieht sich Starmer nur auf Vollzeitbeschäftigte, oder sind Rentner, Teilzeitbeschäftigte und Selbständige ebenfalls Teil dieser Gruppe? Seine vagen Formulierungen lassen Raum für Spekulationen und Unsicherheiten.
In den letzten Jahren hat die britische Wirtschaft mit einer Reihe von Herausforderungen zu kämpfen gehabt: von den wirtschaftlichen Folgen des Brexit bis hin zu den finanziellen Belastungen durch die COVID-19-Pandemie. Vor diesem Hintergrund stehen alle Parteien unter Druck, Lösungen zu finden, die sowohl sozial gerecht als auch wirtschaftlich tragbar sind. Starmer verspricht, Steuererhöhungen auf Einkommen, National Insurance und Mehrwertsteuer zu vermeiden. Stattdessen plant er, die Lasten auf große Unternehmen und die wohlhabendsten Bürger zu verlagern. Doch diese Strategie wirft Fragen auf: Sind die Reichen und die großen Unternehmen wirklich diejenigen, die letztendlich die Steuerlast tragen? Ein wichtiger Punkt in der Steuerdebatte ist die Unterscheidung zwischen der Steuerwirkung und der Steuerlast.
Während die Steuerwirkung beschreibt, wie eine Steuer sich auf individuelle Verhaltensweisen auswirkt, geht es bei der Steuerlast um die tatsächlichen Kosten, die auf verschiedene Gruppen von Steuerzahlern abgewälzt werden. Im Falle einer Unternehmenssteuer beispielsweise können Unternehmen zwar unmittelbar besteuert werden, die letztliche Belastung kommt jedoch oft in Form von höheren Preisen für Verbraucher, geringeren Löhnen für Mitarbeiter oder niedrigeren Renditen für Investoren zurück. Eine Studie des Oxford University Centre for Business Taxation hat gezeigt, dass 49 Pence von jedem Pfund, das die Unternehmenssteuer erhöht wird, letztlich auf die Mitarbeiter entfällt. Dies zeigt, dass es in der Realität nicht nur die „Super-Reichen“ sind, die die Steuerlast tragen. Stattdessen wird die Bezahlung dieser Steuern häufig auf den Durchschnittsbürger übertragen, was die Idee, dass nur eine Gruppe von Menschen betroffen ist, als irreführend erscheinen lässt.
Ein weiteres Beispiel ist die Steuer auf Kapitalgewinne. Starmer könnte argumentieren, dass diese Steuer die wohlhabendsten Bürger betrifft, doch viele „arbeitende Menschen“ haben auch Kapitalgewinne, sei es durch den Verkauf von Aktien, Immobilien oder anderen Anlagen. Eine Erhöhung dieser Steuern könnte Investitionen dämpfen und letztlich zu einer Abflachung des Wirtschaftswachstums führen. Weniger Investitionen führen oft zu geringerer Produktivität, was sich auf die Löhne auswirkt. Mit anderen Worten: Die Steuern auf Kapital können erst recht die von Starmer angeblich geschützten „arbeitenden Menschen“ treffen.
Darüber hinaus könnte die Erhöhung von Kapitalsteuern die Unternehmensinvestitionen behindern. Weniger Kapital bedeutet weniger Wachstumsmöglichkeiten für Unternehmen. Ohne die Fähigkeit, zu wachsen und zu innovieren, entstehen weniger Arbeitsplätze. Ironischerweise könnten die geplanten Steuererhöhungen auf lange Sicht dazu führen, dass die Regierung weniger Einnahmen erzielt, als ursprünglich angestrebt – dies könnte das gesamte Konzept hinter Starmer’s Steuerversprechungen in Frage stellen. In der Realität wird jede Steuererhöhung, egal ob sie direkt auf die Reichen zielte oder nicht, auch die breite Bevölkerung betreffen.
Dies stellt das Grundgerüst von Starmer's Botschaft in Frage und zeigt, dass die Idee, Steuererhöhungen könnten ohne negative Auswirkungen auf „arbeitende Menschen“ durchgeführt werden, mehr Fiktion als Fakt ist. In Anbetracht der bevorstehenden Budgetankündigungen im Oktober wird es entscheidend sein, die langfristigen Auswirkungen von Steuererhöhungen zu erkennen. Ein weiterer Punkt, der hier erwähnt werden sollte, ist das Fehlen von klaren politischen Strategien, die das Wirtschaftswachstum fördern könnten. Ohne einen klaren Plan zur Stärkung der Wirtschaft wird jeder Schritt in Richtung Steuererhöhung möglicherweise mehr Schaden anrichten als Nutzen bringen. Die überwiegende Mehrheit der Menschen versteht, dass das Steuersystem notwendig ist, um öffentliche Dienste und Infrastruktur zu finanzieren.
Dennoch ist die Art und Weise, wie diese Steuern erhoben werden, von entscheidender Bedeutung. Einfach gesagt, die Verteuerung von Lebenshaltungskosten und egal welcher Steuerlast, wird in der Regel auf die Schultern derjenigen gelegt, die bereits unter Druck stehen. Starmer muss sich der Tatsache stellen, dass wirtschaftliche Rahmenbedingungen nicht ignoriert werden können. Es ist nicht genug, lediglich populäre Versprechungen zu machen; die Menschen benötigen einen realistischen Plan, der sowohl soziale Gerechtigkeit als auch wirtschaftliches Wachstum fördert. Es ist evident, dass die Politik an einem Wendepunkt angekommen ist, und die Wähler sind sowohl besorgt als auch frustriert.
Sie möchten Bürgermeister und Premierminister sehen, die nicht nur über Steuerfantasien reden, sondern pragmatische Lösungen anbieten, die das Leben der Menschen tatsächlich verbessern können. Das Bild, das Starmer projiziert, könnte schlussendlich nicht mit der Realität übereinstimmen, die die Menschen im Alltag erlebt. Abgesehen von den politischen Rhetoriken ist es wichtig, klare und transparente Strategien zu entwickeln, um die Herausforderungen der britischen Wirtschaft anzugehen. Der Fokus sollte auf dem Wachstum der Wirtschaft liegen, anstatt darauf, veraltete Steuermodelle zu befürworten, die in der Vergangenheit scheiterten. Letztlich ist es für eine kommende Regierung unerlässlich, der Wählerschaft ein reales Bild der finanziellen Lage des Landes zu präsentieren – und nicht eine verklärte Vision, die ihren Sorgen und Bedürfnissen nicht gerecht wird.
Der Weg nach vorne erfordert Zusammenarbeit, Verständnis und vor allem eine Abkehr von der Fiktion zugunsten einer transparenten und verantwortungsvollen Finanzpolitik.